Polnische Bauern blockieren ukrainische Grenze
Landwirte im 30-tägigen Generalstreik / Billigimporte aus der Ukraine bedrohen Existenzgrundlage
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)
Die polnische Bauerngewerkschaft „Solidarität“ blockiert in einem landesweiten „Generalstreik“ seit dem 20. Februar sämtliche Grenzübergänge zur Ukraine. Die Bauern sehen ihre Existenzgrundlage durch zollfreie Billigimporte aus dem östlichen Nachbarland bedroht. Obwohl sich die Agrarprodukte wie Getreide offiziell nur auf dem Transitweg durch Polen befinden, gelangen sie, den Bauern zufolge, regelmäßig auf den polnischen Markt. Der 30-tägige Generalstreik war bereits am 9. Februar ausgerufen worden.
Polnische Bauern hatten am vergangenen Wochenende auch für rund 24 Stunden die Autobahn bei Frankfurt (Oder) blockiert. Bislang verlaufen die Bauernproteste friedlich. Gleichwohl wurden am Sonntag (25. Februar) rund 160 Tonnen ukrainisches Getreide in einem polnischen Bahnhof von Unbekannten aus stehenden Waggons geschüttet. Dem ukrainischen Infrastrukturminister Olexandr Kubrakow zufolge sei dies bereits der vierte derartige Fall. Er forderte die polnischen Behörden auf, die Täter zu „neutralisieren“.
Von ukrainischer Seite ist außerdem zu vernehmen, dass Lebensmittelexporte aus der Ukraine den Märkten der Europäischen Union (EU) nicht schaden würden, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Die Proteste der polnischen Bauern hingegen würde den militärischen Zielen Russlands nützen, weil durch die Grenzblockaden die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine beeinträchtigt werde.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte am Samstag (24. Februar) bei einem Besuch in der ukrainischen Hafenstadt Odessa ihr Unverständnis über die Proteste und ihre Sorge vor einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen Warschau und Kiew. Gleichzeitig warnte Baerbock vor einer Instrumentalisierung der Protestaktionen, an denen sich ihr zufolge auch in Deutschland Demonstranten beteiligten, „die der Demokratie nicht immer offen gegenüber stehen“. Bei der Frage der Agrarexporte stehe die EU geschlossen an der Seite der Ukraine, versicherte Baerbock.
Die „Freien Bauern“, eine Interessenorganisation bäuerlicher Familienbetriebe in Deutschland, erklärte Ende Januar ihre Solidarität mit den polnischen Berufskollegen. Die „Freien Bauern“ begründen ihre Unterstützung mit der gemeinsamen nachteiligen Position im Wettbewerb mit ukrainischen Agrarprodukten. „Polnische und deutsche Bauern könnten nicht konkurrieren mit einer von Konzernen und Oligarchen betriebenen Großlandwirtschaft, die die sozialen und ökologischen Standards der EU massiv unterschreitet und daher mit deutlich geringeren Preisen auskommt.“
In zahlreichen EU-Staaten protestieren Landwirte gegen den „Green Deal“ der EU. Dieser bedeute für alle europäischen Bauern höhere Auflagen, während gleichzeitig Agrarprodukte aus der Ukraine auf den EU-Markt gelangen. Bei früheren Verhandlungen zu einem Assoziierungsabkommen mit der EU waren der Ukraine noch unbeschränkte Agrarexporte auf den EU-Markt verweigert worden, hatte der ehemalige ukrainische Regierungschef Nikolai Asarow in einem Interview im Jahr 2016 erklärt. Dies sei einer der wesentlichen Punkte gewesen, die zur Aussetzung der Assoziierung durch Kiew geführt hatten. In Folge dieser Entscheidung hatten pro-westliche Kräfte im November 2013 den „Euromaidan“ initiiert.