Pleite-Profiteur: Fraport übernimmt griechische Flughäfen

(14.12.2015/dpa)

Der deutsche Flughafenbetreiber Fraport ist der Übernahme von vierzehn Regionalflughäfen im EU-Krisenstaat Griechenland einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Mit dem griechischen Privatisierungsfonds sei ein Konzessionsvertrag über vierzig Jahre abgeschlossen worden, teilte das Unternehmen am Montag in Frankfurt mit. Gemeinsam mit dem griechischen Partner Copelouzos Group will der MDax-Konzern die Flughäfen im Laufe des nächsten Jahres übernehmen. Die Übergabe ist für den Herbst geplant. Zuvor muss noch das griechische Parlament der umstrittenen Privatisierung zustimmen.

Die vierzehn Flughäfen unter anderem auf den Inseln Rhodos, Santorini und Mykonos sowie in der zweitgrößten Griechenstadt Thessaloniki sollen im Besitz des griechischen Staates bleiben. Im vergangenen Jahr wurden auf den Airports rund 22 Millionen Passagiere abgefertigt, darunter 75 Prozent aus dem Ausland. Die vierzehn Flughäfen gelten aufgrund ihrer Rentabilität als die Filetstücke unter den griechischen Flugplätzen.

Unter dem besonderen Druck Berlins war Athen gezwungen, sein im öffentlichen Besitz befindliches Tafelsilber zu verschleudern. Andernfalls hätte die Staatspleite gedroht, da die Vergabe neuer Kredite von weitreichenden Privatisierungen abhängig gemacht worden war. Von dem erfolgreichen Erpressungsmanöver profitiert nun der deutsche Flughafenbetreiber, der sich mehrheitlich im Besitz der Stadt Frankfurt und des Landes Hessen befindet.

Für die vierzigjährige Übernahme der Flughäfen zahlt die Fraport AG nach eigenen Angaben gemeinsam mit ihrem griechischen Minderheits-Partner einmalig 1,234 Milliarden Euro. Zudem führt sie eine jährliche Konzessionsabgabe an den griechischen Staat ab, die lediglich 22,9 Millionen Euro beträgt. Außerdem verpflichtet sie sich zu Investitionen an den Flughäfen in Höhe von 330 Millionen Euro bis zum Jahr 2020.  Das Konsortium war bereits im November 2014 aus einer Ausschreibung als bevorzugter Bieter hervorgegangen. Der Zuschlag hatte sich aber in der Schuldenkrise immer wieder verzögert. Monatelanger Druck der deutschen Regierung war nötig, um Athen dazu zu bewegen, seine rentablen Flughäfen zugunsten deutscher Konzerne zu verscherbeln – und durch den Verzicht auf diese wichtige Einnahmequelle die Staatsschuldenkrise letztlich zu verschärfen.  

Im Juli hatte sich der griechische Infrastrukturminister Christos Spirtzis noch gegen die Erpressungsversuche der europäischen Zinsnehmer – auch „Geldgeber“ genannt – ausgesprochen: „Bei dieser Privatisierung soll der griechische Staat 14 gewinnbringende Flughäfen verkaufen, und die anderen 30 Flughäfen, die keinen Gewinn machen und subventioniert werden müssen, bleiben beim griechischen Staat. Das ist ein Modell, das so noch nirgendwo in Europa angewandt wurde. Das passt eher zu einer Kolonie als zu einem EU-Mitgliedsland.“ (1)

Die griechische Luftfahrtgewerkschaft Osypa bezeichnete die Übernahme als „Skandal“ und reichte beim obersten griechischen Verwaltungsgericht Klage gegen das „nationale Verbrechen“ der Übernahme ein. Verhandelt werden soll der Fall Anfang Januar. Konkret befürchtet Gewerkschaftsboss Vassilis Alevizopoulos harte Einsparungen seitens der neuen Betreiber, die zu verminderter Flugsicherheit führen könnten.

Fraport-Chef Stefan Schulte sprach indes von einer „echten Win-win-Situation“. „Unser umfassendes und langjähriges Know-how als Flughafenbetreiber werden wir nutzbringend an allen 14 Flughafenstandorten zum Einsatz bringen.“ Die griechischen Regionalflughäfen seien von entscheidender Bedeutung für die Gesamtwirtschaft und insbesondere für die Tourismusbranche.

Die Lufthansa Consulting – Tochterfirma der Lufthansa, dem drittgrößten Fraport-Aktionär – die den griechischen Privatisierungsfonds im Bieterprozess beraten hatte, sprach von einem Geschäft, bei dem „sicherlich von einer wirtschaftlichen Lukrativität ausgegangen werden“. Lukrativ für deutsche Konzerne, die dank der Politik der Bundesregierung das Damoklesschwert der drohenden Pleite Griechenlands für sich nutzen konnten, um inmitten der Krise profitable Privatisierungs-Schnäppchen machen zu können.  


Anmerkungen

(1) http://www1.wdr.de/daserste/monitor/extras/monitorpresse-fraport-100.html

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