NSA-Skandal: Aufklärung über angeblich verhinderte Anschläge gefordert

(16.07.2013/dpa)

Vor der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur NSA-Spähaffäre hat dessen Vorsitzender Thomas Oppermann Aufklärung über die angeblich durch US-Informationen verhinderten Terroranschläge in Deutschland verlangt. Bekannt sei, dass die Amerikaner Informationen über die Sauerland-Gruppe gegeben haben, sagte der SPD-Politiker am Dienstag im ARD-Morgenmagazin. „Aber wir wollen heute im Gremium wissen, welche waren die anderen Anschläge. Waren es tatsächlich fünf? Oder wird das nur behauptet?“

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hatte nach seiner USA-Visite das PRISM-Programm legitimiert, da dadurch weltweit fünfundvierzig Terroranschläge verhindert worden sein sollen, fünf davon in Deutschland. Auf konkrete Nachfrage musste das Innenministerium am Montag allerdings eingestehen, nur in zwei Fällen – der sogenannten Sauerlandgruppe und der Düsseldorfer Zelle – Kenntnisse zu haben.  „Alles Weitere“ sei, so ein Sprecher des Ministeriums auf der Regierungspressekonferenz, Aufgabe eines „Deklassifizierungsprozesses auf amerikanischer Seite“, und „am Ende wird man dann noch über das eine oder andere Detail reden können“.

„Es geht ja darum, dass im Nachhinein seitens der Amerikaner festgestellt wurde, dass in diesen fünf Fällen, die Herr Minister Friedrich genannt hat, eine Verbindung zu PRISM bestanden hat“, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums auf der Regierungspressekonferenz. (1)

„Da blieb eigentlich nur die Frage offen, was die größere Beleidigung für die deutsche Öffentlichkeit war: die Tatsache, dass die Amerikaner es nicht einmal für nötig hielten, ihre Bespitzelung der Deutschen zu rechtfertigen? Oder die Micky-Maus-Zahlen des Innenministers, für die es keine Belege gibt und die vielleicht zutreffen oder eben auch nicht?“, kommentiert Jakob Augstein in seiner Spiegel-Kolumne. (2)

Wenn die Bundesregierung noch nicht einmal weiß, welche Anschläge denn nun verhindert worden sein sollen, dann dürfte es um das Anliegen einer Aufklärung schlecht bestellt sein.

Die Opposition will Friedrich nicht aus seiner Bringschuld entlassen. Man werde von Bundesinnenminister verlangen, kündigte Oppermann an: „Wir wollen heute wissen im Parlamentarischen Kontrollgremium: Was weiß die Bundesregierung über die Überwachungsaktivitäten der USA in Deutschland? Wie ist der Stand der strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Ausspähung von Daten in diesem Land? Und was sind die nächsten Schritte der Bundesregierung, um diesen permanenten Angriff auf die nicht-öffentliche Kommunikation der Deutschen möglichst bald zu unterbinden?“

Der SPD-Politiker kritisierte auch Kanzlerin Angela Merkel: „Offenbar will sie diese Affäre aussitzen.“


Anmerkungen
(1) http://www.auswaertiges-amt.de/sid_5E4DA010B0C9761A978BBECADD30B26B/DE/_ElementeStart/Sprecher_node.html
(2) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/jakob-augstein-ueber-angela-merkel-und-den-spionage-skandal-a-911146.html

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