Neues Verbotsverfahren: 1200 Seiten Beweismaterial gegen die NPD
(04.09.2012/dpa)
Das Bundesinnenministerium hat 1200 Seiten Beweismaterial gegen die NPD für ein neues Verbotsverfahren gesammelt. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel enthält das noch unter Verschluss gehaltene Dossier nur 65 Seiten mit Material, das mit Hilfe von V-Leuten zusammengetragen wurde. Die restlichen Seiten würden offen zugänglichen Quellen entstammen. Für ein Verbot muss der NPD vor dem Bundesverfassungsgericht nachgewiesen werden, dass sie aggressiv-kämpferisch gegen die demokratische Grundordnung vorgeht.
Die Vorentscheidung über ein Verbotsverfahren sei noch nicht gefallen, betonte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). „Wir brauchen sichere, beweisbare Fakten. Wir dürfen uns nach dem Scheitern des ersten Verbotsverfahrens in Karlsruhe nun auf keinen Fall in ein zweites Abenteuer stürzen“, sagte sie der Ostsee-Zeitung.
Das erste Verbotsverfahren war 2003 gescheitert, weil der Verfassungsschutz auch in der Parteispitze Informanten hatte und somit nicht zu unterschieden war, inwieweit staatliche Spitzel eine „aggressiv-kämpferische“ Ausrichtung der Partei mitzuverantworten hatten. Die Informanten in der Parteispitze seien inzwischen aber abgeschaltet. Ob in dem neuen Verbotsverfahren überhaupt noch Material von V-Leuten verwendet werden soll, ist umstritten.
Für einen Verzicht plädierte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU): „Wenn wir vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen wollen, sollten wir uns ausschließlich auf offene Quellen berufen“, so der Innenminister gegenüber dem Spiegel. Sein Amtskollege in Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht (CDU), erklärte sich bereit, Informanten offenzulegen. „Wenn wir das Material unserer V-Leute für den Gang nach Karlsruhe brauchen, wäre ich auch bereit, den Richtern notfalls unsere Quellen zu offenbaren.“
Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl äußerte sich hingegen skeptisch zu einem neuen Verbotsverfahren. „Ich bin und bleibe dagegen“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Die Rechtsextremisten würden nach einem Verbot neue Vereine und Kameradschaften gründen. Ein Verbot wäre insofern reines „Showbusiness“.
Die Beweissammlung soll Grundlage für die Entscheidung von Bund und Ländern über einen zweiten Anlauf zu einem NPD-Verbot sein. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte am Sonntag, dass das Sammeln noch nicht abgeschlossen sei. Wenn das Material komplett sei, werde zunächst eine rechtliche Bewertung vorgenommen. Die politische Entscheidung von Bund und Ländern ist für Dezember geplant.
In dem Dossier werden laut Spiegel unter anderem Zitate von Spitzenfunktionären wie dem NPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, aufgeführt. Dieser werde mit den Worten zitiert: „Wenn wir selbstbestimmt sagen, Europa ist das Land der weißen Rasse und soll es auch bleiben, dann haben wir ein Recht darauf, das notfalls mit militärischer Gewalt sicherzustellen.“