Neuer US-Außenminister: Heutige Weltordnung ist „multipolar“
Marco Rubio im Interview: Einsame Machtposition der USA nach 1990 war „Anomalie“ / Konfliktvermittlung durch Diplomatie „verloren gegangen“ / USA wollen Grönland vor China „schützen“
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)
Marco Rubio hat Ende Januar in seinem ersten längeren Interview als US-Außenminister die zukünftige Außenpolitik seines Landes unter Präsident Donald Trump erläutert. Im Gespräch mit der unabhängigen Journalistin Megyn Kelly stellte er die „unipolare“ Machtstellung der Vereinigten Staaten seit den 1990er Jahren als „Anomalie“ sowie als „Produkt“ des Kalten Krieges dar. Die Förderung von nationalen Interessen und die Verhinderung von Konflikten mittels Diplomatie seien dadurch verloren gegangen. Stattdessen haben die USA „in vielen Fällen“ die Verantwortung übernommen und versucht, „eine Art Weltregierung“ zu werden, kritisierte Rubio. Sie seien nun jedoch mit einer „multipolaren Welt“ konfrontiert, in der es weitere Großmächte wie China und Russland sowie „Schurkenstaaten“ wie Iran und Nordkorea gebe. Die USA müssten hart daran arbeiten, „bewaffnete Konflikte“ so weit wie möglich zu vermeiden, „aber niemals auf Kosten“ der eigenen nationalen Interessen.
Die Gegner der Vereinigten Staaten seien „in vielen Fällen“ stärker als je zuvor. Der „chaotische Rückzug aus Afghanistan“ unter der Biden-Regierung sei der „Dreh- und Angelpunkt“, der den Krieg in der Ukraine ausgelöst habe. Dies sei ein „klares Signal“ an Russlands Präsident Wladimir Putin gewesen, dass die USA „im Niedergang begriffen oder abgelenkt“ waren, sagte Rubio. Auf eine Anmerkung seiner Gesprächspartnerin, der früheren Fox News- und NBC-Journalistin Megyn Kelly, es sei die Mehrheitsmeinung der Amerikaner, dass die Ukraine den Krieg verloren hätte, erwiderte der US-Außenminister, dies sei auch „die Realität vor Ort“. Es hätte eine „Unehrlichkeit“ geherrscht, die darin bestand, dass die US-Regierung die Menschen „glauben ließ“, die Ukraine könnte Russland „nicht nur besiegen, sondern zerstören“. Das Ergebnis sei, dass die Ukraine seit anderthalb Jahren darum bittet, eine „langwierige Pattsituation“ zu finanzieren, „in der das menschliche Leid weitergeht“.
In Bezug auf Konflikte im Nahen Osten sagte Rubio: Solange es die Hamas gebe, die die Zerstörung des jüdischen Staates zum Ziel habe, sei dies „eine Bedrohung für die nationale Sicherheit Israels“. Er bezeichnete die Mitglieder der Hamas als „Wilde“ und als „Tiere“. In Syrien habe eine Gruppe die Macht übernommen, „die eine Hintergrundüberprüfung des FBI“ nicht bestehen würde. Unter dem vorherigen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sei das Land jedoch vom Iran und von Russland „dominiert“ worden, und der Islamische Staat hätte dort „ungestraft operiert“. Das Zurückdrängen der Hisbollah als Irans Stellvertreter sowie ein stabileres Syrien und ein stabilerer Libanon könnten die Tür für „ein Abkommen zwischen Saudi-Arabien und Israel“ öffnen und die Dynamik in der Region ändern.
Dass ein in Hongkong ansässiges Unternehmen die Ein- und Ausgänge des Panamakanals kontrolliere, sei aus Sicht der USA „völlig inakzeptabel“ und eine Bedrohung, erklärte der 54-Jährige. Die Vereinigten Staaten hätten den Bau der Wasserstraße finanziert, und Tausende Amerikaner seien dabei gestorben. Bei seinem Besuch in Panama bereits wenige Tage nach dem Interview gelang es Rubio, dessen Regierung davon zu überzeugen, die seit 2017 bestehende wirtschaftliche Kooperation mit China nicht zu verlängern. Es sei eine realistische Annahme, erklärte Rubio im weiteren Verlauf des Interviews, dass die Chinesen irgendwann versuchen würden, in Grönland Einrichtungen aufzubauen, die ihnen Zugang zur Arktis verschafften. Dadurch könnte China im Konfliktfall Kriegsschiffe dorthin schicken. Deshalb seien die Vereinigten Staaten in der Pflicht, „Grönland zu schützen“.
NATO-Verbündete wie Frankreich, Deutschland und Spanien würden zu wenig für ihre Landesverteidigung ausgeben und sich zu sehr auf die Unterstützung der USA verlassen, kritisierte der Republikaner, der vor seinem aktuellen Amt 14 Jahre als Vertreter Floridas im US-Senat saß. Stattdessen würden sie das Geld für ihre „enormen“ Sozialsysteme ausgeben und würden sich weigern, „Sozialprogramme, Arbeitslosenunterstützung, Renteneintritt mit 59 und all diese anderen Dinge“ zu kürzen. Finnland sei hingegen ein sehr fähiger Verbündeter, weil das Land Waffen herstelle. Die USA bräuchten mehr Alliierte wie Finnland, um nicht nur in Europa „kooperativ zusammenzuarbeiten“, sondern „hoffentlich sogar im Indopazifik“.