Baden-Württemberg

Neuer NSU-Ausschuss im Stuttgarter Landtag nimmt Arbeit auf

(19.09.2016/dpa)

Mit der Befragung eines Politikwissenschaftlers zum Ku-Klux-Klan hat der zweite NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag von Baden-Württemberg seine öffentliche Arbeit aufgenommen. Das Gremium ging am Montag der Frage nach, ob der rassistische Verbund in Schwäbisch Hall Verbindungen zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) hatte.

Bisher ist bereits bekannt, dass der deutschen Sektion des Klu-Klux-Klans rund zwanzig Personen angehört haben. In einem Klan im Raum Schwäbisch Hall waren zwei Polizisten aus Baden-Württemberg Mitglieder. Einer der Beamten war später Gruppenführer der Polizistin Michèle Kiesewetter, die am 25. April 2007 in Heilbronn mutmaßlich von NSU-Mitgliedern erschossen wurde. Unterlagen von Abhöraktionen, die sich gegen den rassistischen Bund richteten, wurden noch nach Auffliegen des NSU vernichtet.

Die Beweisvernichtung könnte in der Personalie Carsten Szczepanski begründet sein, einem Mitbegründer des deutschen KKK-Ablegers. Unter dem Decknamen „Piatto“ hatte er seit 1994 dem brandenburgischen Verfassungsschutz als Informant gedient. Er galt als einer der gefährlichsten Neonazis in Brandenburg und war einer der wichtigsten V-Leute aus dem Umfeld von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Vor Gericht sagte dessen V-Mann-Führer, dass „Piatto“ ihm berichtet hatte, dass die Anführer der sächsischen „Blood & Honour“-Gruppierung in Chemnitz planten, das untergetauchte NSU-Trio mit Geld und Waffen auszustatten.

„Piatto“, der dank des Verfassungsschutzes frühzeitig aus dem Gefängnis entlassen wurde, wo er wegen eines rassistisch motivierten Mordversuchs einsaß, versuchte auch, eine Terrorzelle nach dem Vorbild der britischen Gruppe „Combat 18“ aufzubauen. Gewehre und Munition wurden beschafft, Rohrbomben gebaut, Übungen in Wäldern abgehalten. Doch als sich Szczepanskis Gefolgsleute weigerten, Anschläge zu begehen, wurde die Gruppe „von einer Welle von Hausdurchsuchungen und Verhaftungen überrollt“.

Mithilfe der von „Piatto“ gelieferten Informationen hätte der Verfassungsschutz „das Trio fassen können – noch vor dem ersten Mord der Gruppe“, urteilte Die Welt über das im Zusammenhang mit dem NSU immer wieder geltend gemachte „Behördenversagen“. Eben jenes will der zweite NSU-Ausschuss im Stuttgarter Landtag neben den Bezügen des NSU nach Baden-Württemberg näher beleuchten.

Der NSU ist nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft für insgesamt zehn Morde zwischen 2000 und 2007 verantwortlich und soll neben Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe keine weiteren Mitglieder gehabt haben – der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundesages, Clemens Binninger (CDU), hält diese Darstellung jedoch für unglaubwürdig.

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