Nach US-Vorgabe: Merkel will Militärausgaben massiv erhöhen
(23.06.2016/dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel will die deutschen Militärausgaben massiv erhöhen. Nach den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen bekannte sie sich am Mittwoch ausdrücklich zu dem NATO-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben. Angesichts neuer Bedrohungen könne dieses Ziel „auf mittlere und längere Sicht nicht nur auf dem Papier stehen“, sagte die CDU-Chefin. Derzeit gibt Deutschland 1,2 Prozent des BIP für die Bundeswehr und ihre Ausrüstung aus – Washington fordert schon seit langem eine deutliche Erhöhung des deutschen Kriegsetats.
Die NATO hatte sich bei ihrem Gipfel in Wales im September 2014 zum Ziel gesetzt, die Verteidigungsausgaben jedes einzelnen Mitgliedsstaats in den nächsten zehn Jahren auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Diese Zielvorgabe will die Bundeskanzlerin offenbar noch deutlich übertreffen: „Ganz gewiss heißt dies auch, dass ein Land wie Deutschland, das heute 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgibt, und die Vereinigten Staaten, die 3,4 Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben, sich werden annähern müssen“, erklärte Merkel am Dienstag in einer Rede vor dem CDU-Wirtschaftstag.
Da es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass die USA ihren Militäretat deutlich absenken wollen, kann eine „Annäherung“ der Ausgaben beider Staaten nur bedeuten, dass sich die Bundesregierung am US-Wert orientiert – schließlich versteht Berlin sich mittlerweile als „zentralen Spieler“ in der Weltpolitik, was sich entsprechend in den militärischen Fähigkeiten niederschlagen soll.
Die Bundesregierung will den Verteidigungsetat nach aktuellem Planungsstand bis 2020 von derzeit 34,3 auf 39,2 Milliarden Euro aufstocken. Seit der Jahrtausendwende wurde der Etat bereits um rund vierzig Prozent erhöht. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte im Januar zudem angekündigt, in den nächsten fünfzehn Jahren insgesamt 130 Milliarden Euro in die Modernisierung der Bundeswehr zu stecken – was fast einer Verdoppelung der bisher vorgesehenen Mittel entspricht
Beim sozialdemokratischen Koalitionspartner stößt Merkels Ankündigung auf Widerspruch. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur: „Verteidigungsministerin von der Leyen und die Kanzlerin gehen in die falsche Richtung. Wir brauchen kein NATO-Säbelrasseln, sondern eine neue Initiative für eine Friedens- und Entspannungspolitik.“ Statt zusätzliche Milliarden in eine Aufrüstung der Bundeswehr zu stecken, sollte das Geld lieber für Bildung und Integration verwendet werden, meinte Stegner.
Auch aus der Opposition kommt Kritik. Die Linke wirft Merkel eine Militarisierung der Außenpolitik vor. Die Grünen kritisieren, die Kanzlerin kurbele die Aufrüstungsspirale an. Merkels Vorstoß erfolgt zwei Wochen vor dem diesjährigen NATO-Gipfel in Warschau. Dabei wird die Abschreckung Russlands Hauptthema sein. In absoluten Zahlen gibt das transatlantische Militärbündnis über dreizehn Mal so viel Geld für militärische Zwecke aus wie Moskau.