Moskau weist Polens „provokative“ Behauptung über russische Rakete zurück
Das russische Verteidigungsministerium hat die Behauptung Polens, eine russische Rakete habe polnisches Territorium getroffen, scharf zurückgewiesen und die Behauptung als „absichtliche Provokation zur Eskalation der Situation“ bezeichnet, während in Berichten die Ukraine für den Angriff verantwortlich gemacht wird.
„Es wurden keine Ziele in der Nähe der ukrainisch-polnischen Staatsgrenze mit russischen Zerstörungsmitteln angegriffen“, erklärte das Ministerium in einer offiziellen Erklärung inmitten wachsender Spannungen wegen des im Februar begonnenen Krieges gegen die Ukraine.
Das russische Ministerium betonte ferner, dass die Wrackteile, die Berichten zufolge am Ort des Angriffs entdeckt wurden, „nichts mit russischen Waffen zu tun haben“.
Jüngste Meldungen von Associated Press zitierten US-Beamte mit der Aussage, die Rakete sei von ukrainischen Streitkräften abgefeuert worden, während sie auf „eine ankommende russische Rakete“ zielte.
Die Rakete landete am Dienstag außerhalb des kleinen polnischen Dorfes Przewodów – fast 6,4 Kilometer westlich der ukrainischen Grenze – und tötete zwei Menschen.
Laut Presseberichten, die sich auf Zeugen der Explosion berufen, war ein erschreckendes „Zischen“ zu hören, und die Wucht der Explosion erschütterte die umliegenden Gebiete.
Die Umstände des Vorfalls, bei dem zum ersten Mal während des fast neunmonatigen Konflikts ein Mitglied des US-geführten NATO-Militärbündnisses von einer Rakete direkt getroffen wurde, sind nach wie vor unklar. Es ist noch nicht sicher, wer die Rakete abgefeuert hat und woher sie stammt, doch das polnische Außenministerium bezeichnete sie als aus „russischer Produktion“.
Sowohl Russland als auch die Ukraine setzen auf Variationen von Waffen aus der Sowjet-Ära, wobei die russischen Waffen moderner sind. Die vom Westen unterstützte Ukraine setzt neben den westlichen Waffen in ihrem Arsenal auch Raketen aus russischer Produktion als Teil ihres Luftverteidigungssystems ein.
Staats- und Regierungschefs beraten in einer Dringlichkeitssitzung über den Raketenangriff
Unterdessen bemühen sich die Staats- und Regierungschefs auf dem G20-Gipfel in Indonesien Berichten zufolge darum, eine weitere Eskalation des Ukraine-Krieges nach dem Raketenangriff zu verhindern.
US-Präsident Joe Biden sagte auf einer Pressekonferenz im Anschluss an eine Dringlichkeitssitzung mit anderen Staats- und Regierungschefs der G7 und der NATO am Rande des G20-Gipfels im Urlaubsparadies Bali, dass vorläufige Informationen darauf hindeuten, dass die Rakete wahrscheinlich nicht von Russland aus abgefeuert wurde, wobei er anmerkte, dass er den Vorfall noch nicht bestätigen könne, bevor die Untersuchungen des Vorfalls abgeschlossen seien.
„Wir haben zugestimmt, die polnische Untersuchung der Explosion zu unterstützen … Und ich werde dafür sorgen, dass wir herausfinden, was genau passiert ist“, sagte Biden.
„Dann werden wir gemeinsam unseren nächsten Schritt bei der Untersuchung und dem weiteren Vorgehen festlegen. Es herrschte völlige Einmütigkeit unter den Leuten am Tisch“, so Biden weiter.
Der US-Präsident sagte auch, er habe die Staats- und Regierungschefs der Verbündeten über seine früheren Gespräche mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda und mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg unterrichtet.
Duda bekräftigte im Büro für Nationale Sicherheit in Warschau, dass zwar nicht klar sei, wer die Rakete abgefeuert habe, dass sie aber „höchstwahrscheinlich“ in Russland hergestellt worden sei.
„Wir arbeiten ruhig und sehr besonnen“, betonte Duda und wies darauf hin, dass Washington im Rahmen einer gemeinsamen Operation Experten zur Untersuchung des Fundorts entsenden werde.
Nach einem Telefongespräch mit Duda am Dienstag sagte auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, es sei „wichtig, dass alle Fakten festgestellt werden“.
„Ich habe mein Beileid für den Verlust von Menschenleben ausgesprochen. Die NATO beobachtet die Situation, und die Bündnispartner beraten sich eng. Es ist wichtig, dass alle Fakten festgestellt werden“, so Stoltenberg in einer Erklärung.
Der Sprecher des Kremls, Dmitri Peskow, betonte in einem Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN, dass ihm keine Informationen über eine Explosion in Polen vorlägen.
Das russische Verteidigungsministerium wies polnische Medienberichte über den Vorfall zurück und betonte, dass die von den polnischen Nachrichtenagenturen veröffentlichten Fotos der Trümmer „vom Tatort im Dorf Przewodow nichts mit russischen Waffen zu tun haben“.
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki stellte außerdem klar, dass es sich bei der Rakete, die in Przewodów einschlug, nachweislich um einen „einmaligen Akt“ handelte und es keine Hinweise auf weitere Raketeneinschläge gibt.
Er betonte jedoch, dass Polen seine militärische Bereitschaft erhöhe und dass Warschau eine gründliche Analyse und Konsultationen mit seinen Verbündeten hinsichtlich einer möglichen Anwendung von Artikel 4 des NATO-Militärbündnisses durchführe. Nach Artikel 4 kann jedes Mitglied Konsultationen mit dem Rest des Bündnisses und den Mitgliedsstaaten suchen.
Quelle:
Press TV: Moscow slams Poland’s ‚provocative‘ claim of Russian missile
Übersetzung: Hintergrund