Verhandlungen

Mögliche Wege der Entspannung

Armeeminister aus Syrien, Türkei, Iran und Russland trafen sich in Moskau. Bei dem Treffen wurde über Sicherheitsfragen in der Region gesprochen.

An den inneren und äußeren Fronten Syriens gibt es Bewegung.
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Seit der Iran und Saudi-Arabien sich am 10. März 2023 unter Vermittlung Chinas in Peking auf eine umfassende Wiederannäherung geeinigt haben, gibt es auch an den inneren und äußeren Fronten Syriens Bewegung. Die Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabiens und Ägyptens reisten zu Gesprächen nach Damaskus, Botschaften werden wieder geöffnet, Flugverbindungen wieder aufgenommen. Der syrische Präsident Assad wurde eingeladen, Saudi-Arabien zu besuchen. Die Rückkehr Syriens in die Arabische Liga wird von der Mehrheit der 22 Mitgliedstaaten unterstützt.

Auch in die festgefahrenen Beziehungen zwischen Syrien und der Türkei kommt Bewegung. Am Dienstag trafen sich die Armeeminister Syriens und der Türkei zu Gesprächen in Moskau, an denen auch die Minister Russlands und Irans sowie die jeweiligen Chefs der Geheimdienste teilnahmen. Bei dem Treffen solle über Sicherheitsfragen in der Region gesprochen werden, teilte der türkische Außenminister Hulusi Akar vorab mit. Die Militärminister Russlands, der Türkei und Syriens hatten sich erstmals Ende Dezember ebenfalls in Moskau getroffen.

Das „Astana-Format“ für Dialog

Das aktuelle Treffen fand im „Astana-Format“ statt. Dieses Verhandlungsformat war von Russland, Iran und der Türkei unter Einbeziehung von Teilen der syrischen Regierungsgegner und der syrischen Regierung Ende 2016 entstanden. Mitte Dezember 2016 hatten gemeinsame Verhandlungen zur Befreiung der nordsyrischen Industriemetropole Aleppo geführt. 35.000 Personen, darunter Dutzende ausländische militärische Sondereinsatzkräfte und mehr als 10.000 islamistische Kämpfer, wurden vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) aus den östlichen Stadtteilen Aleppos evakuiert und nach Idlib transportiert.

Seitdem wurden im Astana-Format regionale Waffenruhen, Gefangenenaustausch, Aufklärung über verschwundene Personen und andere vertrauensbildende Schritte für die Annäherung zwischen den „verfeindeten Seiten in Syrien“, wie es offiziell heißt, erreicht. An den regelmäßigen „Astana“-Gesprächen nahmen auch der jeweilige UNO-Sonderbeauftragte für Syrien – aktuell Geir Pedersen – sowie Staaten aus der Region und das IKRK teil. Im vergangenen Jahr konzentrierten sich die „Astana“-Gespräche immer mehr auf die Annäherung zwischen der Türkei und Syrien. Dies gilt als Voraussetzung dafür, dass die Lage in Idlib, Afrin und im Norden von Aleppo geklärt wird. Dieses Gebiet wird von türkischen Truppen und bewaffneten Gruppen kontrolliert, die unter dem Kommando der türkischen Armee bzw. des türkischen Geheimdienstes stehen.

Anfang April hatten sich die stellvertretenden Außenminister der vier Länder in Moskau getroffen. Dabei hatten Syrien und die Türkei jeweils ihre Bedingungen für eine Normalisierung der Beziehungen genannt. Syrien forderte das „Ende der illegalen türkischen Anwesenheit auf syrischem Territorium, die Nichteinmischung in die internen syrischen Angelegenheiten und den Kampf gegen den Terror in allen seinen Formen“. Die Forderungen entsprechen der UNO-Charta und damit dem geltenden Internationalen Recht.

Der Türkei wiederum geht es nach Angaben des türkischen Außenministers darum, dass es Gespräche zwischen der syrischen Regierung und der „syrischen Opposition“ geben müsse, dass syrische Flüchtlinge aus der Türkei nach Syrien zurückkehren und dass humanitäre Hilfe ganz Syrien erreichen müsse. Wie Syrien fordert auch die Türkei den Kampf gegen den „Terrorismus in der Region“ – allerdings unter anderen Vorzeichen.

Nach dem Treffen der Armeeminister der vier Staaten am Dienstag wird nach Angaben des russischen Außenministers Sergej Lawrow für Anfang Mai ein Außenministertreffen der vier Staaten in Moskau vorbereitet.

„Islamischer Staat“ geschwächt

Die Lage im Nordosten und entlang der syrisch-irakischen Grenze wird vermutlich zuletzt geklärt werden können. Das Gebiet wird von USA-Truppen, Sondereinsatzkommandos aus Staaten der USA-geführten „Anti-IS-Allianz“ sowie den kurdisch geführten „Syrischen Demokratischen Kräften“ kontrolliert. Offizieller Einsatzgrund der völkerrechtswidrigen Anwesenheit der USA-Truppen und ihrer Verbündeten im Norden und Osten Syriens ist der „Kampf gegen den Islamischen Staat“.

Das dänische Armeeministerium teilte am Wochenende mit, seine „militärischen Spezialkräfte“ aus dem Irak als auch aus Syrien abzuziehen. Ihr Einsatz im Bereich der Luftverteidigung sei nicht länger erforderlich, da „der IS deutlich geschwächt“ sei. Die Soldaten würden jetzt dringender zur Landesverteidigung benötigt, hieß es in Kopenhagen.

Kurden wollen Anteil an Ressourcen

Nachdem die Regionalmächte Iran, Saudi-Arabien, Ägypten und Türkei aktiv an der Rehabilitierung des syrischen Staates arbeiten, haben sich auch die kurdisch geführten „Syrischen Demokratischen Kräfte“ im Nordosten Syriens zu Gesprächen mit der Regierung in Damaskus und „allen syrischen Parteien“ bereit erklärt, um „eine Lösung für die syrische Krise zu finden“. In einer neun Punkte umfassenden Erklärung wurde die territoriale Integrität Syriens betont. Ausländische Akteure sollten an einer Lösung beteiligt werden, genannt wurden die UNO und alle internationalen Organisationen sowie „Staaten, die in Syrien Einfluss haben“. In der Erklärung wurde die „faire Verteilung des Reichtums und der wirtschaftlichen Ressourcen unter den Syrien Regionen“ gefordert, darunter Öl- und Gasfelder. Die Aufteilung der syrischen Ressourcen müssten durch Dialog und Verhandlungen mit der syrischen Regierung erreicht werden.

USA-Truppen sollen abziehen

Die syrische Regierung forderte das Militär der USA am vergangenen Wochenende erneut auf, das Land zu verlassen. Man verurteile die anhaltende Plünderung von syrischem Öl und anderen Ressourcen durch die US-amerikanischen Besatzungstruppen, hieß es in der Erklärung des Außenministeriums. „In den letzten Wochen haben Plünderung und Schmuggel von syrischem Öl und anderen Reichtümern in den Nordirak und in die Türkei zugenommen.“ Dieses „Banditentum“ verletzte das humanitäre Völkerrecht und führe dazu, dass in Syrien die Menschen verarmten. Syrien fordert von der USA-Administration „diese Plünderung zu stoppen und den Syrern Wiedergutmachung zu bezahlen“.

Am Montag forderte der syrische Botschafter bei der UNO, Bassam Sabbagh, darüber hinaus, dass die Arbeitsmechanismen der UNO überprüft werden sollten. Thema der Sitzung des UNO-Sicherheitsrates war „Zweck und Grundsätze der UNO-Charta zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit sowie wirksamer Pluralismus durch Verteidigung der Grundsätze der Charta“. Syrien leide seit zehn Jahren darunter, dass das UNO-System von einigen westlichen Staaten als Plattform ausgenutzt werde, um ihre politischen Ziele gegen Syrien umzusetzen.

 

Der Artikel erschien auch bei der Zeitung vum Laetzebuerger Vollek (Luxemburg).

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