Merz-Gegner warnen vor „Blackrock im Kanzleramt“
Publizist: Friedrich Merz arbeitete jahrelang für Blackrock-Expansion in Deutschland / Blackrock größter Aktionär bei deutschen Wohnkonzernen, verdient bei grüner und fossiler Energie gleichzeitig sowie bei Rüstung und Wiederaufbau / Wirtschaftsminister Habeck machte Ex-Blackrock-Ökonomin zu Abteilungsleiterin
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)
Ein möglicher Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) würde Kritikern zufolge „Blackrock“, dem größten Vermögensverwalter der Welt, mehr Zugriff auf die deutsche Politik und Gesellschaft verschaffen. Merz war bei seiner früheren leitenden Tätigkeit für die Investmentgesellschaft dafür verantwortlich, deren Expansion in Deutschland voranzutreiben, betonte der Publizist Werner Rügemer bei einem Vortrag unter dem Titel „Blackrock im Kanzleramt“ am 7. Februar in Berlin. Wiederholte Kritik kam auch vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Anstatt den Mittelstand zu schützen wolle die Union wohlhabenden Großunternehmen 100 Milliarden Euro an Steuern schenken kritisierte Wagenknecht bei einem Wahlkampfauftritt Ende Januar. Dies sei „Blackrock-Kapitalismus“.
Merz war von 2016 bis 2020 Aufsichtsratschef des deutschen Blackrock-Ablegers. Zudem war er von 2005 bis 2021 bei der US-Kanzlei Mayer Brown als Senior Counsel für die Betreuung von wichtigen Kunden aus der Großindustrie zuständig, vor allem von DAX-Konzernen. „Merz verdiente Millionen mit gut dotierten Jobs in Aufsichts- und Beiräten und mit Aufträgen für Großkonzerne“, heißt es in einem Beitrag des regierungsfinanzierten Medienunternehmens „Correctiv“. Merz selbst kommentiert das Thema Blackrock nicht. Seit dessen Rückzug vom Posten des Aufsichtsratschefs zugunsten seiner politischen Tätigkeit besteht laut Dirk Schmitz, Deutschland-Chef von Blackrock, kein engerer Kontakt zwischen dem CDU-Politiker und dem Vermögensverwalter. „Seitdem haben wir keine Berührungspunkte mehr – jeder muss selbst entscheiden, wen er wählt“, zitiert ihn T-Online.
Bedenken an der Kandidatur von Friedrich Merz vor dem Hintergrund seiner Verflechtung mit Blackrock würden im Bundestag jedoch nur selten thematisiert, hieß es beim Vortrag in Berlin. Eine Ausnahme bildeten die Reaktionen auf seine Teilnahme an einem Abendessen beim Weltwirtschaftsforum im Januar in Davos, zu dem Blackrock-Chef Larry Fink geladen hatte. So hatte etwa SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dem CDU-Kanzlerkandidaten vorgeworfen, er setze in der Außen- und Sicherheitspolitik auf „Deals“, um US-Präsident Donald Trump „zu beschwichtigen“. Merz solle sich hüten, seine Erfahrungen als „Finanzjongleur“ auf die deutsche Außenpolitik zu übertragen, forderte Mützenich. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Linkspartei Jan van Aken. Der Auftritt des CDU-Politikers in Davos sei „instinktlos und völlig deplatziert“ gewesen. Für ihn sei es ein Zeichen dafür, dass Merz immer noch eher das Format eines Finanzlobbyisten als das eines Staatsmannes habe.
Werner Rügemer sagte im Vortrag, das von Blackrock verwaltete Vermögen belaufe sich inzwischen auf 11,6 Billionen US-Dollar. Doch die Investmentgesellschaft sei mehr als nur ein „Vermögensverwalter für die Superreichen“. Längst habe sich Blackrock Einfluss als größter Aktionär in einer großen Bandbreite von Bereichen erkauft. So investiere der Vermögensverwalter in der US-Politik sowohl aufseiten der Demokraten als auch aufseiten der Republikaner, verdiene bei fossiler wie bei grüner Energie mit und sei Großaktionär in zahlreichen Banken sowie bei einflussreichen US-Medien jedweder Couleur, von der Tageszeitung „New York Times“ bis zum Fernsehssender „Foxnews“.
Ebenso verdiene Blackrock durch Investitionen in die Rüstungswirtschaft, aktuell in der Ukraine und im Nahen Osten. Zugleich soll Blackrock den Wiederaufbau der Ukraine koordinieren und sie nach Willen von Vorstandschef Larry Fink zum „Leuchtfeuer für die Kraft des Kapitalismus“ machen. Je mehr mittels Rüstungsindustrie zugunsten der Blackrock-Aktionäre zerstört werde, desto lukrativer werde für sie auch die Re-Industrialisierung der Ukraine, erläuterte Rügemer. Friedrich Merz eifere US-Präsident Donald Trump nach, auch bezüglich einer einträglichen Ausbeutung von Kriegsgebieten wie der Ukraine. Rügemer ist Mitbegründer der zivilgesellschaftlichen Initiative „Blackrock Tribunal“, die seit 2020 durch Tagungen und Veranstaltungen kritisch über die Aktivitäten des Vermögensverwalters berichtet.
Allerdings brauche es keinen Kanzler Merz, um Blackrock Einfluss hierzulande zu verschaffen, räumt Rügemer ein. Schon unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei der Vermögensverwalter in die Riege der größten Investoren in den 150 größten deutschen Unternehmen und Banken aufgestiegen. Auch sei Blackrock längst größter Aktionär bei Wohnungskonzernen wie Deutsche Wohnen und Vonovia, und die negativen Auswirkungen seien für die Bevölkerung in Form von gestiegenen Miet- und Nebenkosten und gestiegenen Kaufpreisen für Eigentumswohnungen, die aus Mietwohnungen überführt worden sind, direkt spürbar.
Mit Elga Bartsch sitzt bereits seit Januar 2023 eine ehemalige Blackrock-Funktionärin im deutschen Wirtschaftsministerium. Minister Robert Habeck (Grüne) erklärte bei ihrer Ernennung zur Abteilungsleiterin Wirtschaftspolitik im Januar 2023, Bartsch sei eine international renommierte Ökonomin und dank ihrer Expertise ein großer Gewinn für das Ministerium. Bartsch hatte zunächst am Institut für Weltwirtschaft in Kiel gearbeitet, war dann über zwanzig Jahre lang Europa-Chefvolkswirtin der Investmentbank Morgan Stanley und leitete anschließend das Volkswirtschafts- und Kapitalmarkt-Research des Blackrock Investment Instituts in London.