Linker Kandidat bei Präsidentschaftswahl vorne
(20.02.2017/hg/dpa)
Der linke Regierungskandidat Lenín Moreno hat die Präsidentschaftswahl in Ecuador deutlich gewonnen, muss aber wohl in eine Stichwahl. Der frühere Vizepräsident, der seit einem Raubüberfall im Rollstuhl sitzt, kam nach Auszählung fast aller Stimmen auf 39,10 Prozent, wie die nationale Wahlbehörde mitteilte. Moreno will den linken Kurs von Präsident Rafael Correa fortsetzen, der nach zehn Jahren an der Macht nicht mehr angetreten war. Er hatte das Land so lange regiert wie kein Präsident seit Gründung der Republik 1830. Auf Platz zwei lag mit 28,28 Prozent der konservative Politiker und Bankbesitzer Guillermo Lasso. Er will neben einem Politikwechsel auch das Asyl für Julian Assange in der Botschaft in London beenden. Bei einer Wahl Morenos kann der Wikileaks-Gründer wohl im Asyl bleiben.
Nach den vorläufigen Zahlen verpasst Moreno sehr knapp einen Wahlsieg schon in der ersten Runde – eine Stichwahl ist für den 2. April angesetzt worden. Für einen Sieg in der ersten Runde muss ein Kandidat 40 Prozent erreichen und zugleich zehn Prozentpunkte vor dem Zweiten liegen. Auf Platz drei landete die einzige Frau unter den acht Kandidaten, Cynthia Viteri von der Christsozialen Partei (16,35 Prozent). Insgesamt waren 12,8 Millionen Bürger zur Abstimmung aufgerufen.
Die Wahlbehörde vermeldete keine Zwischenfälle und sprach von einem „Fest der Demokratie“. Wahlsieger Moreno sagte, die Ecuadorianer hätten für die Fortsetzung der „Revolution der Bürger“ gestimmt. „Lasst uns diesen Prozess fortführen.“
Der 53-jährige Ökonom Correa hatte auf eine erneute Kandidatur verzichtet. „Rafael, unser Freund, das Volk ist mit Dir“ sangen Anhänger bei der Veranstaltung der Regierungspartei Allianza País. Ecuador wählte auch gegen den Trend in Südamerika, in Ländern wie Argentinien waren linke Regierungen abgewählt worden, in Brasilien kam es durch die Amtsenthebung von Dilma Rousseff zum Machtwechsel.
Dank lange sprudelnder Einnahmen aus dem verstaatlichten Ölgeschäft wurden in Correas Amtszeit neue Straßen, Kraftwerke und Krankenhäuser gebaut. Die Armutsquote sank deutlich; Bildungsmöglichkeiten gerade für untere Einkommensschichten wurden verbessert. Die Wirtschaft wuchs in seiner Amtszeit zeitweise kräftig. Die Ölförderung im Amazonasgebiet führte aber immer wieder zu Protesten von Umweltschützern.
Mit den fallenden Ölpreisen gerieten auch die Reformprogramme Correas unter Druck, es zeigte sich das Risiko der starken Öl-Abhängigkeit. Mehrere Steuern mussten erhöht werden. Die Ölpreis-Abhängigkeit wird auch für den Nachfolger eine Bürde.