Linke kritisiert SPD-Votum für CETA
(20.09.2016/dpa)
Die Zustimmung der SPD zum geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada ist bei den Linken auf scharfe Kritik gestoßen. „Der BDI gratuliert – Gabriel pariert“, sagte Parteichef Bernd Riexinger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Am Montag waren zwei Drittel der Delegierten auf dem SPD-Konvent in Wolfsburg dem Kurs von SPD-Chef Sigmar Gabriel gefolgt und stellten sich grundsätzlich hinter das geplante Freihandelsabkommen. Gabriel sprach von einem „richtig guten Tag für die SPD“. Wirtschaftsverbände, darunter der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), begrüßten das Ergebnis der Abstimmung, während sich CETA-Gegner enttäuscht zeigten.
Wirtschaftsminister Gabriel hatte sich vehement für das umstrittene Abkommen eingesetzt. Hätten ihm die Delegierten die Gefolgschaft verweigert, wäre seine politische Zukunft ungewiss gewesen. Nun steht seiner Kanzlerkandidatur wohl nichts mehr im Wege.
CETA soll durch den Wegfall von Zöllen und Handelsbeschränkungen das Wirtschaftswachstum ankurbeln und für zusätzliche Arbeitsplätze sorgen. Das erhoffen sich zumindest die Befürworter. Die Gegner befürchten dagegen eine Schwächung der Demokratie und eine Aushöhlung von Sozial- und Umweltstandards.
Kurz vor dem Beginn des kleinen Parteitags, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, war die SPD-Führung auf CETA-Skeptiker in den eigenen Reihen zugegangen und hatte weitere Zugeständnisse gemacht. Unter anderem versprach sie mehr Mitsprache für die Parlamente und gesellschaftliche Gruppen. Die SPD-Spitze nahm dazu einige Änderungen in ihren Leitantrag auf. So soll es vor der vorläufigen Anwendung von Teilen des CETA-Abkommens einen „ausführlichen Anhörungsprozess“ zwischen dem Europäischen Parlament, den nationalen Parlamenten und gesellschaftlichen Gruppen geben.
Einer der bekanntesten Kritiker aus den Reihen der Sozialdemokraten, der Parteilinke Matthias Miersch, äußerte sich zufrieden. Er hatte die Kompromisslinie mit ausgehandelt. „Die Debatte war sehr, sehr sachlich“, sagte Miersch nach dem Konvent. Die SPD habe sehr mit sich gerungen und schließlich den Kompromiss akzeptiert. Die SPD-Linke will sich die Zustimmung zum CETA-Abkommen im Bundestag jedoch offen halten. Wenn bestimmte Veränderungen nicht in das Abkommen aufgenommen werden, „werde ich als Parlamentarier dem nicht zustimmen“, so Miersch
Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), bezeichnete die Zustimmung als „richtungsweisende Entscheidung“. Gabriel habe auf dem Konvent „Führungsanspruch und Führungsfähigkeit unter Beweis gestellt“, ergänzte er.
Das Abkommen gilt als „ausverhandelt“. Änderungen am eigentlichen Vertragstext hat die EU-Kommission ausgeschlossen. Die Ceta-Unterzeichnung ist Ende Oktober geplant. Der SPD-Konvent plädierte dafür, auf anderem Wege noch Nachbesserungen zu erreichen – durch eine rechtsverbindliche Zusatzerklärung zum Vertrag, die bestimmte „Klarstellungen“ enthält. Auch im parlamentarischen Verfahren erhoffen sie sich noch begleitende Änderungen.
Im Leitantrag wurden dazu noch einige kritische Punkte nachgeschärft, etwa beim Investitionsschutz und dem sogenannten Vorsorgeprinzip, das Produkte nur erlaubt, wenn deren Unschädlichkeit für Mensch und Umwelt nachgewiesen ist. In dem Beschluss heißt es auch, es müsse ein Sanktionsmechanismus bei Verstößen gegen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards entwickelt werden. Und alle Gremien, die durch CETA neu entstünden, dürften zunächst nur eine beratende Funktion haben. Sie dürften nicht die Souveränität der Parlamente und Regierungen verletzen.
Am Samstag hatten Hunderttausende auf Demonstrationen in sieben deutschen Städten gegen CETA und das Schwesterabkommen TTIP zwischen der EU und den USA protestiert. Auch in Wolfsburg demonstrierten am Montag noch Aktivisten von Nichtregierungsorganisationen gegen CETA.
Linken-Chef Riexinger kritisierte: „Die SPD bleibt in der Handelspolitik auf Kurs der Konzernlobby.“ Eine Chance für einen Richtungswechsel zu Gunsten sozialer Politik im Interesse der Menschen sei verpasst worden. Auch aus den Reihen der Grünen wurde Kritik laut. „Mit ihrer Zustimmung zu CETA opfert die SPD die europäischen Standards den Karriereplänen ihres Vorsitzenden“, äußerte sich die Grünen-Vorsitzende Simone Peter.