Keine Einigung auf EU-Vertragsänderung - neuer Vertrag
(09.12.2011/dpa)
Die 27 EU-Staaten sind mit dem Versuch einer Änderung des EU-Vertrags zur Rettung des Euros gescheitert. Nur 23 EU-Staaten ziehen bei einem neuen Kodex gegen zu viel Schulden mit. Statt einer Vertragsänderung gibt es einen neuen Vertrag.
Insbesondere Großbritannien verhinderte mit weitreichenden Forderungen eine Einigung im Kreis aller 27 Staaten, berichtete der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy nach rund zehnstündigen Verhandlungen am frühen Freitagmorgen. „Es war nicht möglich, Einstimmigkeit zu erzielen“, erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. „Es ist eine angemessene Entscheidung.“
Es soll nun ein neuer zwischenstaatlicher Vertrag geschlossen werden – der Text wird im März kommenden Jahres vorliegen. Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs vereinbarten auch kurzfristige Maßnahmen, um die Eurowährung glaubwürdiger und stabiler zu machen. So sollen für den Internationalen Währungsfonds (IWF) 200 Milliarden Euro verfügbar gemacht werden, damit die Washingtoner Finanzfeuerwehr dann ihrerseits Eurostaaten in Not beistehen kann. Das Geld soll von den Zentralbanken zur Verfügung gestellt werden.
Sarkozy sagte, Großbritannien habe in der Vertragsdebatte zugunsten seiner Finanzwirtschaft „inakzeptable Forderungen“ gestellt. Es werde sich deshalb ebenso wie Ungarn nicht dem angestrebten neuen Vertrag anschließen. Barroso sagte, er hätte eine Vereinbarung im Kreis 27 EU-Mitglieder vorgezogen. Besonders Berlin und Paris hatten auf eine Vertragsveränderung gepocht, um rechtsverbindliche Regeln zum Schutz der bedrohten Eurowährung festzuschreiben. Das nun anstehende Vorgehen innerhalb der Eurogruppe birgt nach Ansicht von Experten aber zahlreiche rechtliche Probleme, denn die Bestimmungen dürfen Regeln der EU-Verträge nicht widersprechen.
Die „Chefs“ vereinbarten auch, dass die Ausleihkapazität des Krisenfonds für klamme Eurostaaten EFSF mittels eines Kredithebels bald ausgeweitet wird. Geplant ist eine Verdreifachung auf etwa 750 Milliarden Euro. Der dauerhafte Europäische Stabilitätsmechanismus ESM soll um ein Jahr auf Juli kommenden Jahres vorgezogen werden. Die EU gesteht auch ein, dass die Einbeziehung von Banken und Versicherungen bei der Rettung Griechenlands ein Fehler war. Dieses Verfahren soll nicht mehr für andere Länder angewendet werden, da es zur Verunsicherung der Märkte führte. Keine Einigung gab es in der Debatte um gemeinschaftliche europäische Anleihen, die sogenannten Eurobonds. Van Rompuy, Barroso und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker werden bis zum nächsten Juni einen Bericht dazu vorlegen.
Kanzlerin Angela Merkel lobte den Kompromiss als „sehr gutes Ergebnis“.