Jordanien wählt – Zaghafte Reformen statt Umsturz

(22.01.2013/dpa)

Zwei Jahre nach Beginn des Arabischen Frühlings will Jordaniens König Abdullah II. das Land mit kleinen Reformschritten aus der Krise bringen – und seine Macht sichern. An diesem Mittwoch sind rund drei Millionen Menschen zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen.

Die Abgeordneten des sogenannten Madschlis al-Nuwaab sollen künftig mehr Befugnisse haben und auch die Regierungsmitglieder auswählen können. Bislang war dieses Recht dem König vorbehalten.

Der wichtigsten Oppositionskraft, der Muslimbruderschaft, reicht das nicht aus. Die Islamisten wollen eine Verfassungsänderung sowie ein neues Wahlrecht. Sie boykottieren die Abstimmung, die viele der insgesamt 6,5 Millionen Jordanier ohnehin für eine Farce halten.

Der Herrscher des haschemitischen Königreichs ist bei den Massenprotesten und Umstürzen in der arabischen Welt bislang ungeschoren davongekommen. In Tunesien, Ägypten, Libyen und dem Jemen stürzten nacheinander die Machthaber und die Islamisten gewannen Einfluss. In Jordanien gab es zwar auch Demonstrationen, doch die bleiben zumeist friedlich.

Zu Ausschreitungen kam es zuletzt vor allem wegen massiver Preiserhöhungen in der aktuellen Energiekrise. Die Rufe nach einem Regimewechsel werden jedoch lauter. Auch die wachsende Zahl syrischer Flüchtlinge bereitet dem Land zunehmend Probleme.

Um sein Volk zu besänftigen, hat der König in den vergangenen zwei Jahren mehrfach den Ministerpräsidenten ausgewechselt. Das Parlament löste er im vergangenen Oktober auf. Die Wahl eines neuen Abgeordnetenhauses – zum ersten Mal seit den Umwälzungen in der Region – steht im Mittelpunkt seines Reformprogramms.

Allerdings fühlt sich die Opposition von dem im Sommer in Kraft gesetzten Wahlgesetz benachteiligt. Denn nur 27 von 150 Parlamentssitzen gehen an Parteilisten – die Oppositionellen fordern, die Hälfte der Sitze an Parteilisten zu vergeben. Der Rest der Sitze ist für Einzelkandidaten bestimmt, die zumeist Stammesloyalitäten verpflichtet sind und dem Königshaus nahe stehen. Damit ist dann in der nächsten vierjährigen Legislaturperiode die königstreue Mehrheit gesichert. 15 Sitze sind für Frauen reserviert, 12 für Christen und die kaukasischen Volksgruppen der Tscherkessen und Tschetschenen.

Für die Abstimmung haben sich trotz des Boykottaufrufs der Muslimbrüder 2,27 Wahlberechtigte registriert; rund 1500 Kandidaten treten an. Doch Politikverdrossenheit und Wirtschaftskrise kommen offenbar auch Betrügern zugute. Im vergangenen Monat gab es sieben Festnahmen von zum Teil prominenten Kandidaten, die versucht haben sollen, Wählerstimmen zu kaufen.

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