Jemen nach dem Massaker: Hochrangige Offiziere desertieren
(21.03.2011/dpa)
Nur wenige Tage nachdem Gefolgsleute des jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Salih ein Massaker an der Bevölkerung verübten, verliert der Politiker an Unterstützung im Militär.
Zunächst waren mehrere Angehörige seines Kabinetts zurückgetreten: Der Minister für Fremdenverkehr, der Minister für religiöse Stiftungen und die Ministerin für Menschenrechte protestierten damit gegen die massive Gewaltanwendung des Regimes. Der Generaldirektor der staatlichen Nachrichtenagentur Saba, der jemenitische UN-Botschafter und sein Kollege in Beirut traten aus demselben Grund zurück.
Dann forderten ihn die jemenitische Föderation der Stämme und der prominente islamische Kleriker Abdul Madschid al-Sindani zum Rücktritt auf. Scheich Sadik al-Ahmar, der Führer des Haschid-Stammes, dem Salih selbst angehört, schloss sich dem Aufruf der Föderation ausdrücklich an. Die Stammesführer hätten ihre Erklärung im Anwesen Al-Ahmars unterzeichnet, berichtete die Yemen Post am Sonntag. Der Staatschef hat bislang nur angekündigt, bei den regulären Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren nicht mehr zu kandidieren.
Am Montag kehrte mit General Ali Mohsen al-Ahmar, nun auch eine der wichtigsten militärischen Stützen dem Staatschef den Rücken. Ein Beamter des Außenministeriums in Sanaa erklärte, Al-Ahmar habe sich dafür entschieden, die Demonstranten zu schützen, mit deren Zielen er sympathisiere. Auch die meisten Offiziere seiner Einheit stünden nun auf Seiten der Demonstranten.
Laut Informationen aus dem Verteidigungsministerium schloss sich auch Mohammed Ali Mohsen, der Kommandeur der westlichen Region, den Demonstranten an. Beide Männer gehören dem Stamm von Präsident Salih an. Zuvor hatten bereits mehrere Minister und Parteigenossen Salih die Treue aufgekündigt. Sie protestierten damit gegen die tödlichen Schüsse auf Demonstranten, die Salihs Rücktritt gefordert hatten.
Am vergangenen Freitag waren in Sanaa 52 Demonstranten erschossen worden, 240 Menschen erlitten Verletzungen. Scharfschützen in Zivil hatten in der Hauptstadt von Dächern aus auf Demonstranten. Salih, der nach dem Blutbad den Ausnahmezustand verhängte, hatte zwar dementiert, dass sie im Auftrag der Regierung handelten. Die Opposition ist jedoch fest vom Gegenteil überzeugt. Am Sonntag hatte der seit 1978 amtierende Präsident die gesamte Regierung entlassen.
Ob der General al-Ahmar, der in den vergangenen Jahren mehrere Offensiven gegen die schiitischen Houthi-Rebellen im Nordwesten des Jemen befehligt hatte, das Land auf einen demokratischen Weg zu bringen verspricht ist äußerst zweifelhaft. Er soll gute Kontakte zum repressiven Herrscherhaus des Nachbarlandes Saudi-Arabien haben, das bekanntlich ein enger verbündeter der USA in der Region ist.
Nicht auszuschließen ist, dass der Seitenwechsel des Militärs mit Washington abgestimmt ist.