Impfnebenwirkungen

Impfnebenwirkungsdaten: Eilantrag gegen das Paul-Ehrlich-Institut

Rechtsanwältin will Herausgabe von staatlichen Daten zu Impfnebenwirkung gerichtlich erzwingen / Paul-Ehrlich-Institut ließ Frist zur Datenübermittlung verstreichen / Gutachter wirft Auswertung der Behörde fehlende Wissenschaftlichkeit vor

(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)

Die frühere Richterin Franziska Meyer-Hesselbarth will die Freigabe von Behördendaten zu Impfnebenwirkungen gerichtlich durchsetzen. Dazu hat die Juristin auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Darmstadt gestellt (28. August), um Einsicht in die Auswertungen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zur Häufigkeit von Nebenwirkungen bei in Deutschland zugelassenen SARS-CoV2-Impfstoffen nach Chargennummern zu erhalten. Vorausgegangen war ein umfangreicher Antrag Meyer-Hesselbarths bei der für die Sicherheit von Arzneimitteln und Impfstoffen zuständigen Behörde im Juli. Darin hatte sie das PEI aufgefordert, sämtliche Auswertungen inklusive der zugehörigen Chargennummern, die im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von Nebenwirkungen und Todesfällen der COVID-19-Impfungen stehen, gemäß des IFG herauszugeben. Das PEI hatte die einmonatige Frist zur Übermittlung der Daten jedoch verstreichen lassen.

In einer aktuellen Stellungnahme vom 2. November gegenüber Multipolar kündigte die Rechtsanwältin an, die Behörde nicht nur wegen Untätigkeit zu verklagen sondern auch einen weiteren Eilantrag zur Herausgabe der Rohdaten einer von dem Institut durchgeführten Beobachtungsstudie mit der vom PEI entwickelten Smartphone-App „SafeVac 2.0“ zu stellen. Bereits im April hatte die Rechtsanwältin das PEI vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt verklagt, da die Behörde einer Aufforderung nach dem IFG zur Herausgabe aller Verdachtstodesfallmeldungen nach SARS-CoV2-Imfpung inklusive der zugehörigen Chargennummern nicht nachgekommen war. Das PEI hatte die Frist zur Klageerwiderung verstreichen lassen sowie angekündigt, noch im Jahr 2024 Forschungsergebnisse zur Sicherheit der COVID-19-Impfpräparate zu veröffentlichen. Dies ist bislang allerdings nicht geschehen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist eine im August 2023 veröffentlichte Stellungnahme der Behörde. Darin erklärt das PEI, dass auf Basis einer Datenanalyse aus einer „prospektiven“ (vorausblickenden) Beobachtungsstudie mit der „SafeVac 2.0-App“ kein Zusammenhang zwischen der Chargennummer und der Anzahl von Verdachtsmeldungen von Impfnebenwirkungen mit dem Biontech-mRNA-Präparat „Comirnaty“ belegbar sei. Die Stellungnahme bezieht sich auf einen im März 2023 veröffentlichen wissenschaftlichen Beitrag dänischer Forscher, die eine eindeutige Abhängigkeit der Anzahl der Nebenwirkungsmeldungen bei unterschiedlichen Biontech-Impfstoffchargen anhand von Impfdaten in Dänemark feststellen konnten. In einem weiteren, im August 2024 veröffentlichen Beitrag bestätigen die Forscher die Abhängigkeit in einem Vergleich der dänischen Impfdaten mit den entsprechenden schwedischen Daten.

In einem von Franziska Meyer-Hesselbarth beauftragten Gutachten, das Multipolar vorliegt, stellt das Institut für Mathematik der Universität Osnabrück fest, dass die erste Abbildung in der Stellungnahme des PEI aus statistischer Sicht „extrem unwahrscheinlich“ ist. Bei Chargen mit mehr als 10.000 Teilnehmern sei mit hoher Wahrscheinlichkeit eine große Streuung zu erwarten, heißt es in dem Gutachten. Die zweite Abbildung könne als „peinlicher Versuch“ gewertet werden, „unachtsame Leser mit einer inhaltsleeren Grafik in die Irre zu führen“. Denn darin seien nur diejenigen Chargen ausgewertet worden, die zu schwerwiegenden Verdachtsfällen geführt haben. Der Gutachter, Professor Matthias Reitzner vom Lehrstuhl für Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik, schlussfolgert: Die Auswertung der Bundesbehörde „verfehlt vollständig“ jedes wissenschaftliche Niveau. Die in der PEI-Stellungnahme angegebenen Daten belegten im Gegenteil, dass „die betrachteten Comirnaty-Chargen einen hohen Grad an Unterschiedlichkeit aufweisen bzw. aufgewiesen haben müssen“.

Rechtsanwältin Meyer-Hesselbarth räumt gegenüber Multipolar ein, dass ihr Antrag auf ein Eilverfahren vom Gericht aus formalen Gründen zwar abgelehnt werden kann, da er eine spätere Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt. Sie geht jedoch davon aus, dass der Antrag die Gerichte in eine „unangenehme Zwickmühle“ bringt. Denn wenn diese den Gesundheitsschutz und die Datenveröffentlichung als nicht dringlich erklären, würden sie sich zur eigenen „gesundheitsschützenden“ Corona-Rechtsprechung in Widerspruch setzen. Damals hatten die Gerichte häufig Eilanträgen stattgegeben, die Hauptsacheverfahren ebenfalls vorwegnahmen. Zudem gebe es „massive Anhaltspunkte“ für „wissentliche Rechtsverstöße des PEI“ gegen die Pflicht zur Überwachung der Sicherheit von Arzneimitteln (Pharmakovigilanz), die eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen würden.

Multipolar hat in der Vergangenheit mehrfach über eine mangelnde Überwachung der COVID-19-Impfstoffpräparate durch das PEI berichtet. Zuletzt ermittelte eine von Multipolar mit initiierte Forsa-Umfrage, dass 19 Prozent der in Deutschland mit einem COVID-19-Präparat Behandelten über Nebenwirkungen berichteten, bei vier Prozent der Geimpften seien diese auch von einem Arzt bestätigt worden. Das PEI hatte lediglich bei 0,18 Prozent der Impfungen Verdachtsfälle von Nebenwirkungen erfasst.

Update 7.11.: Der Eilantrag von Meyer-Hesselbarth wurde vom Verwaltungsgericht Darmstadt am 4. November abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens von 5.000 Euro hat die Antragstellerin zu tragen. In der 25-seitigen Begründung des Beschlusses, die Multipolar vorliegt, wirft das Gericht der Antragstellerin vor, „eine besondere Dringlichkeit der begehrten Vorabentscheidung“ nicht glaubhaft gemacht zu haben. Es mangele zudem an „der Darlegung eines konkreten Sachverhalts eines möglicherweise Impfgeschädigten“, aufgrund dessen „Ansprüche (Schadensersatz, Schmerzensgeld, etc.)“ geltend gemacht würden. Des Weiteren sehen die Richter kein „massives und dringendes öffentliches Interesse an der Offenlegung von Pharmakovigilanz-Daten“, das eine besondere Dringlichkeit rechtfertigen würde.

Rechtsanwältin Meyer-Hesselbarth hat gegenüber Multipolar angekündigt, Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht gegen den Beschluss einzulegen. Aus ihrer Sicht ignoriert das Verwaltungsgericht Darmstadt bei der Beurteilung der Dringlichkeit aktuelle Erkenntnisse, die sich aus der Veröffentlichung der RKI-Protokolle und der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Osnabrück zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht ergeben. Sie befürchtet, dass eine Aufklärung über mögliche Impfnebenwirkungen auf diese Weise verzögert wird, bis „Gras über die Sache gewachsen“ sei.

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