Human Rights Watch: Syrische Rebellen verübten Massaker
(14.10.2013/dpa)
Syrische Rebellengruppen haben nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) im August mehr als 190 Zivilisten getötet und Hunderte Geiseln genommen. (1) Vieles spreche dafür, dass es sich um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit handele, berichtete HRW am Freitag in New York.
Am 4. August griffen demnach mehrere Rebellengruppen etwa zehn Dörfer der alawitischen Minderheit in der nordsyrischen Küstenregion Latakia an. Dabei töteten sie etwa 190 Zivilisten. In mindestens 67 Fällen habe es sich um Hinrichtungen oder widerrechtliche Tötungen gehandelt, so HRW. Viele Opfer seien unbewaffnet gewesen oder auf der Flucht erschossen worden.
Die Angreifer löschten dem Bericht zufolge ganze Familien aus und nahmen Bewohner – hauptsächlich Frauen und Kinder – als Geiseln. Mehr als zweihundert Geiseln sollen sich noch immer in den Händen ihrer Entführer befinden. Der Bericht vermutet, dass die Frauen und Kinder als Sex- und Arbeitssklaven missbraucht werden.
Der Zeuge Hassan Schebli berichtete, die Angreifer hätten seine gehbehinderte Frau und seinen gelähmten Sohn getötet. Schebli war vor den Angreifern geflüchtet und die beiden waren zu Hause zurückgeblieben. Bei seiner Rückkehr fand er zwei frisch geschaufelte Gräber im Garten und Blutflecken im Haus. „Man kann immer noch ihr Blut sehen“, sagte er.
Die gesammelten Aussagen und Beweise legten nahe, dass es sich um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit handle, heißt es in dem Bericht. „Das Ausmaß und die Organisation dieser Verbrechen deutet darauf hin, dass diese systematisch und als Teil eines Angriffs auf die Zivilbevölkerung geplant waren.“
Insgesamt beteiligten sich laut HRW zwanzig Rebellengruppen an dem Angriff. An der Offensive in Latakia waren neben zum Al-Qaida-Netzwerk zählenden Gruppen auch Einheiten der vom Westen unterstützen Freien Syrischen Armee beteiligt.
Deren Oberbefehlshaber Salim Idris war selbst an die Front in Latakia gefahren. Laut Spiegel Online jubelte der FSA-Chef nach dem Massaker: „Ich bin heute hier, um mir ein Bild zu machen von den großen Erfolgen unserer Mitrevolutionäre in ihrer Küstenkampagne.“ (2)
Unterdessen wurde bekannt, dass Rebellen am Sonntag mehrere Helfer des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes entführt haben. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Sana wurden in der Provinz Idlib zunächst die Fahrzeuge der Hilfsorganisation unter Beschuss genommen, anschließend die Mitarbeiter verschleppt.
Auch die internationalen Inspektoren der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) wurden zur Zielscheibe der Rebellen. Zwei Granaten explodierten am Samstag in der Nähe des Hotels, in dem die Chemiewaffenexperten residieren. Bei dem Angriff kam ein achtjähriges Mädchen ums Leben, weitere 11 Menschen wurden verletzt, meldet die Nachrichtenagentur AP. (3)
In Kooperation mit der syrischen Armee evakuierten derweil Mitarbeiter des syrischen Roten Halbmond rund 2000 Menschen, vorwiegend Frauen und Kinder, aus der Ortschaft Muadamijeh bei Damaskus.
Die Evakuierung sei erfolgt, nachdem „die Terroristen verhinderten, dass humanitäre Hilfe die Stadt erreicht“, erklärte Syriens Minister für Soziale Angelegenheiten, Kinda al-Shammat, am Sonntag. (4)
Anmerkungen
(1) HRW-Bericht: http://www.hrw.org/reports/2013/10/11/you-can-still-see-their-blood
(2) http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-dschihadisten-toeten-alawiten-in-latakia-a-927164.html
(3) http://de.ria.ru/security_and_military/20131013/267065462.html
(4) http://sana.sy/eng/21/2013/10/13/507273.htm