Inflation

Höhere Löhne gegen steigende Preise

(Redaktion/29.6.22) Gegen Preissteigerungen können langfristig nur höhere Löhne helfen. Das stellt die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi in der Debatte über die Entlastung der Bürger in Zeiten hoher Inflation fest. „Die Menschen leiden bereits an realen Einschränkungen“, sagt sie. „Jetzt muss alles dafür getan werden, dauerhafte Schäden für Beschäftigung und Kaufkraft abzuwenden.“ Die hohen Preise treffen besonders Menschen mit niedrigem Einkommen. Dies hat auch der aktuelle IMK Inflationsmonitor der Hans-Böckler-Stiftung ergeben. Die Spanne der haushaltsspezifischen Inflationsrate reicht demnach von 6,5 Prozent für einkommensstarke Alleinlebende bis 8,9 % für einkommensschwache vierköpfige Familien mit einem Monatseinkommen bis 2600 Euro.

„Langfristig können nur höhere Entgelte und die gezielte Unterstützung von Menschen ohne Arbeit sinnvolle Instrumente gegen höhere Lebenshaltungskosten sein“, sagt die DGB-Vorsitzende. In der aktuellen Krise würden die Gewerkschaften weiter verantwortliche Tarifpolitik betreiben. Dies geschehe dort, wo sie hingehöre: in Verhandlungen mit den Arbeitgebern. Die Tarifparteien würden klären, ob in den laufenden oder kommenden Tarifrunden Einmalzahlungen ein sinnvolles Instrument seien.

Die DGB-Vorsitzende reagiert damit auf Medienberichte, dass Bundeskanzler Olaf Scholz beim anstehenden Treffen zwischen Bundesregierung, Gewerkschaften und Arbeitgebern eine Einmalzahlung vorschlagen wolle. In einem Interview mit RTL und n-tv auf das Thema angesprochen reagierte Scholz am Dienstag ausweichend und verwies auf die anstehenden Gespräche: „Wir werden da versuchen, einen Schulterschluss zu organisieren.“

Das Treffen, das Scholz Anfang Juni als neue „konzertierte Aktion“ vorgeschlagen hat, findet am kommenden Montag (4. Juli) statt. Die Regierung will damit auf die steigenden Preise reagieren und verhindern, dass steigende Löhne die Inflation weiter antreiben. Neben dem Kanzler, den Arbeitgebern, den Gewerkschaften und der Bundesbank werden auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei der „konzertierten Aktion“ mit dabei sein, die sich an ein Vorbild aus den 1960er Jahren anlehnt. Angesichts der ersten großen Wirtschaftskrise der Bundesrepublik kamen damals die Regierung mit den Tarifparteien zusammen, um gemeinsame Lösungen azs der Krise zu besprechen.

Der Verdi-Vorsitzende Frank Wernicke kritisiert den historischen Vergleich:„Es ist ein unglücklich gewählter Begriff. Wenn man einen Blick in die Geschichtsbücher wirft, dann weiß man, dass die konzertierte Aktion Ende der 60er Jahre grandios gescheitert ist.“ Auch das Bündnis für Arbeit in den 1990er Jahren sei misslungen. Zudem forderte Wernicke, dass sich die Politik aus Tarifverhandlungen heraushalten solle. Auch die Arbeitgeber sind skeptisch.

„Tarifverhandlungen werden nicht im Bundestag geführt“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger gegenüber der Funke Mediengruppe. „Alle Hinweise aus der Politik – wie jetzt zu Einmalzahlungen – können Verhandlungen eher erschweren als erleichtern.“ Auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist skeptisch. „Sonderzahlungen an Arbeitnehmer sind besser als keine Hilfe, können jedoch keine permanente Entlastung darstellen“, sagte Marcel Fratzscher der Augsburger Allgemeinen. Einmalige Hilfen könnten kurzfristig helfen, aber nicht dauerhaft Menschen mit geringen Einkommen entlasten.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Mützenich hatte vergangenes Wochenende in einem Interview angedeutet, dass sich der Staat beteiligen könne. „Wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften sich auf Einmalzahlungen an die Beschäftigten verständigen, um besonders schwierige Momente in den nächsten Monaten abzufedern, dann könnte auch der Staat dies sinnvoll ergänzen.“

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