Krise bei Volkswagen

„Heute fehlt das Geld“: Kritik an milliardenschweren Dividenden bei VW

Wirtschaftswissenschaftler: seit 2020 Dividenden in Höhe von 24 Milliarden Euro an Aktionäre / Keine Lohnerhöhung bei Volkswagen / Chefetage plant Lohnkürzungen bei anhaltender Krise

(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)

Laut dem Wirtschaftswissenschaftler Christian Kreiß sind die milliardenschweren Dividendenzahlungen der vergangenen Jahre mitverantwortlich für die aktuelle Krise des Automobilkonzerns Volkswagen (VW). Von 2020 bis 2023 wurden demnach insgesamt 24,71 Milliarden Euro an Aktionäre ausgeschüttet, inklusive einer Sonderdividende von 9,6 Milliarden Euro im Jahr 2023. Dieses Geld stehe nun nicht mehr als Reserve oder für Investitionszwecke zur Verfügung kritisiert Kreiß. Wären die Dividenden seit 2020 an die rund 673.500 Mitarbeiter des VW-Konzerns als Lohn ausgezahlt worden, hätte jeder Beschäftigte pro Jahr 9.170 Euro mehr verdient, errechnete der Professor für Volkswirtschaftslehre von der Hochschule Aalen. Dies entspräche einer Lohnerhöhung von 13,6 Prozent.

Knapp ein Drittel aller Dividenden seien an die „Porsche Automobil Holding SE“ geflossen. „Die Porsche Holding gehört von der Kapitalseite her zu 50 Prozent den beiden in Österreich wohnenden Familien Porsche und Piech“, erläutert der Ökonom. Die zwei Familien hätten in den vergangenen vier Jahren knapp 16 Prozent aller VW-Dividendenzahlungen erhalten, was rund 3,9 Milliarden Euro entspreche. Sie seien „die wahren Chefs von Volkswagen“, da sie die absolute Mehrheit auf der Hauptversammlung von VW haben, schreibt Kreiß. Weitere Großaktionäre bei VW seien die „Qatar Holding“ (10 Prozent) und das Land Niedersachsen (11,8 Prozent), das allerdings eine Sperrminorität besitzt. Rund 24 Prozent der VW-Aktien gehörten Privataktionären.

Die Dividendenzahlungen für Stamm- und Vorzugsaktien seien in den letzten vier Jahren „praktisch identisch“ gewesen, erklärt der Wirtschaftswissenschaftler. Für das laufende Jahr ist wie bereits 2024 eine Dividende auf Vorzugsaktien in Höhe von 9,06 Euro geplant. Das wären Kreiß zufolge etwa 1,868 Milliarden Euro. Im Gegensatz zu den VW-Beschäftigten müssten die Vorzugsaktionäre nicht auf ihre Einkommen verzichten. Diese Einkommen sind „leistungslos“ und fließen an Menschen, die das Unternehmen selten bis nie betreten, kritisiert Kreiß.

Auch die VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo und Politiker kritisierten bereits die hohen Ausschüttungen trotz der Krise bei VW. Cavallo forderte die Familien Porsche und Piëch zum Verzicht auf einen Teil der Dividenden auf. Die Summe, die seit 2014 an die Großaktionäre ausgeschüttet wurde, entspreche der Summe, die man erhalte, wenn man „ein Menschenleben lang jede Woche aufs Neue Lotto-Millionär“ würde, zitiert „Der Spiegel“ aus einer Rede der Betriebsrätin. Ein Facharbeiter müsste rund 100.000 Jahre für solch einen Lohn arbeiten. In einem Bericht des ZDF heißt es, da sich die Schwierigkeiten des Konzerns „schon länger“ abzeichnen, sei es „schwer zu verstehen“, warum VW an seiner „großzügigen Dividendenpolitik“ festgehalten habe.

Laut einem Bericht von „Business Insider“ (15. Januar) soll es Lohnkürzungen für VW-Mitarbeiter geben, wenn sich die Krise des Autokonzerns weiter zuspitzt. Die Führungsetage von Europas größtem Autohersteller will sich laut Handelsblatt (8. Januar) mit einem millionenschweren Gehaltsverzicht am Sparprogramm des Konzerns beteiligen. Demnach muss das Management auf acht Prozent der Jahresgehälter verzichten.

Im Dezember 2024 hatten sich die IG Metall und das Management von VW darauf geeinigt, dass es 2025 keine Lohn- und Gehaltserhöhungen gibt, schreibt Christian Kreiß. Im Gegenzug werde es keine Werksschließungen geben. Bis 2030 sollen 35.000 Arbeitsplätze wegfallen. Das entspricht laut dem VW-Geschäftsbericht gut fünf Prozent der konzernweit etwa 684.000 Beschäftigten im Jahr 2023. Aber es werde keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Einen Grund für das Umdenken des VW-Vorstands sieht Kreiß darin, dass Medienberichten zufolge chinesische Käufer Interesse an VW-Werken in Dresden und Osnabrück zeigten. Darauf wolle das Unternehmen reagieren.

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