Hackergruppe erklärt Selbstauflösung
(27.06.2011/dpa)
Nach einer beispiellosen Serie von Angriffen aus dem Internet hat die Hackergruppe LulzSec überraschender Weise ihre eigene Auflösung erklärt. Die Gruppe veröffentlichte am Wochenende erneut vertrauliche Datenbestände von Firmen und Behörden und verband dies mit der Mitteilung: „Dies ist unsere letzte Ausgabe.“ Die Gruppe war in den vergangenen Tagen seitens internationaler Fahnder zunehmend unter Druck geraten.
„In den vergangenen 50 Tagen haben wir Konzerne, Regierungen, oft auch die allgemeine Bevölkerung und womöglich alles dazwischen gestört und bloßgestellt – einfach weil wir es konnten“, heißt es in der im Internet veröffentlichten Erklärung von LulzSec. Jetzt aber sei es an der Zeit, „bon voyage zu wünschen“.
Die Aktivisten von LulzSec waren in den vergangenen Wochen mehrfach in Rechner von Firmen und Behörden eingedrungen. Außerdem wurden zahlreiche Internetseiten mit massenhaften Datenanfragen, sogenannten Denial-of-Service-Angriffen (DDoS), lahmgelegt. Am Donnerstag hatten die Hacker aus Protest gegen das scharfe Einwanderungsrecht in Arizona interne Daten der Sicherheitsbehörde dieses US-Staates im Internet veröffentlicht.
Die zuletzt veröffentlichten Daten enthalten Informationen unter anderem der Unternehmen AOL und AT&T sowie eines E-Book-Shops der NATO. Das westliche Militärbündnis hatte am Freitag einen Einbruch im Server dieses Online-Shops gemeldet.
Weltweit verfolgten mehr als 270.000 Internet-Nutzer regelmäßig die Erklärungen der Gruppe im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Dort forderte LulzSec seine Anhänger jetzt dazu auf, sich den Kommunikationskanälen der Anonymous-Bewegung anzuschließen. Mit Teilen dieser bereits seit 2008 aktiven Hacker-Bewegung hatte sich LulzSec zur „Operation AntiSec“ zusammengeschlossen.
Einen konkreten Grund nannte die nach eigenen Angaben sechsköpfige Gruppe nicht, sprach aber vom Bedürfnis nach einem normalen Alltagsleben: „Wir sind Leute mit einer Vorliebe für Musik, Vorliebe fürs Essen; wir haben unterschiedlichen Geschmack bei Kleidung und Fernsehen, wir sind einfach wie ihr.“
Tatsächlich dürfte aber eher der wachsende Fahndungsdruck auf die Hackergruppe Anlass der Eigenauflösung sein. Nach Informationen der New York Times arbeitet die US-Bundespolizei FBI dabei mit Agenten des Auslandsgeheimdienstes CIA und europäischen Sicherheitsbehörden zusammen. Anfang vergangener Woche hatten britische Fahnder in Wickford bei London einen 19-Jährigen wegen Hacker-Attacken festgenommen. Wie LulzSec bei Twitter mitteilte, gehöre er aber nicht zu der Gruppe.
Noch vor einer Woche kündigte LulzSec großspurig Angriffe auf “Banken und andere hochrangige Einrichtungen“ an, daher kam die nun erklärte Auflösung sehr überraschend. (1)
Die Hackerszene in den USA gilt als stark durchsetzt von Informanten. Laut einem Bericht des britischen Guardian ist bereits jeder vierte Hacker in den USA für die Behörden tätig. Angesichts angedrohter hoher Haftstrafen erklären sich viele Hacker offenbar bereit, mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren. Um möglichst viele Leute aus der Szene rekrutieren zu können, betreiben FBI-Agenten Foren, in der sich die Hacker austauschen und schließlich in die Fänge der Bundesbehörde geraten.
Insbesondere die relativ lose organisierte Hackergruppe Anonymous gilt als leicht angreifbar.„Wir sehen bereits, wie sich Mitglieder von Anonymous gegenseitig attackieren und anderer IP-Adressen enthüllen. Das ist der erste Schritt, dem FBI entgegenzukommen“ so ein Experte über das Anonymous-Netzwerk. (2)
Anmerkungen
(1) Siehe: http://www.hintergrund.de/201106211609/kurzmeldungen/aktuell/hackerszene-unterwandert-und-angriffslustig.html
(2) http://www.guardian.co.uk/technology/2011/jun/06/us-hackers-fbi-informer?intcmp=239