Golfkooperationsrat fordert Aufklärung über US-Kriegsverbrechen im Irak

(25.10.2010/dpa) 

Nach den neuen Enthüllungen der Internetplattform Wikileaks über Kriegsverbrechen der US-Armee im Irak hat der Golfkooperationsrat, dem sechs arabische Golfstaaten angehören, die US-Regierung am Sonntag aufgefordert, die einzelnen Vorfälle aufzuklären.

Wikileaks hatte  Hunderttausende Akten der US-Armee zum Irakkrieg enthüllt und spricht von massenhaften Kriegsverbrechen und Gräueltaten. Täter und Opfer waren meist Iraker, doch die Dokumente zeigen auch schwere Verfehlungen von US-Soldaten und deren Söldnern. Es handelt sich um das größte Leck in der Geschichte des Pentagons.

Allein für die Zeit von 2004 bis 2009 sprechen die Unterlagen von 109.000 Toten, davon weit mehr als 60.000 Zivilisten. 15.000 Opfer waren bisher unbekannt. Wikileaks überließ die Papiere ausgewählten Medien rund um den Globus, darunter auch dem Nachrichtenmagazin Spiegel, der New York Times und der britischen Zeitung Guardian.

Wikileaks-Gründer Julian Assange stellte sich am Samstag in London der Presse und rechtfertigte die beispiellose Bloßstellung der amerikanischen Streitkräfte. Die Dokumente seien klare Beweise für Kriegsverbrechen, sagte er. Mit Blick auf die empörten Regierungen in Washington, London und Bagdad sagte Assange, die Akten seien redaktionell so bearbeitet worden, dass niemand gefährdet werde. .

Der Mitbegründer der Menschenrechtsorganisation Iraq Body Count, John Sloboda, der gemeinsam mit Assange in London auftrat, sagte, ein großer Teil der Daten stamme aus Berichten von US-Soldaten. Er schilderte den Fall eines kleinen Mädchens, das von britischen Soldaten brutal niedergeschossen worden sei.

Allein an US-Kontrollposten seien 861 Zivilisten von US-Soldaten getötet worden, schrieb die Sunday Times, sechsmal so viele wie Aufständische. Die beschriebenen Folterungen und Hinrichtungen seien von den Alliierten nicht verfolgt worden, sagte Sloboda. Er gab die Gesamtzahl der Toten im Irak – anders als Wikileaks selbst – mit 150.000 an – davon vier Fünftel Zivilisten.

Die Dokumente enthüllen, dass im Irak mindestens 15.000 Zivilisten mehr getötet wurden als bisher bekannt – oft durch Folter. Wikileaks zitierte Augenzeugen mit den Worten: „Die einzigen Grenzen, die es gab, waren die Grenzen der Vorstellungskraft.“ In der Mehrzahl der Fälle gehe es um Taten von Irakern an Irakern.

Die New York Times schrieb, dass Häftlinge geschlagen, versengt und ausgepeitscht wurden, sei nicht die Ausnahme gewesen. Einige der Folterungen seien von Amerikanern untersucht, die meisten aber ignoriert worden – „mit einem institutionellen Schulterzucken: Soldaten erstatteten Bericht und baten die Iraker, eine Untersuchung einzuleiten“.

Im Irak wie auch in Afghanistan handele es sich um „moderne, westliche Kriege“, sagte Assange. Die Wahrheit bleibe auf der Strecke, „lange bevor der Krieg beginnt und lange nach seinem Ende“.

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