Gewalttätigem Islamisten drohen fast sechs Jahre Haft

(16.10.2012/dpa)

Einem 26-jährigen Deutsch-Türken, der bei Ausschreitungen radikal-islamischer Salafisten in Bonn auf Polizisten eingestochen hatte, droht eine mehrjährige Haftstrafe. Die Staatsanwaltschaft forderte am Dienstag fünf Jahre und neun Monate, die Verteidigung stellte die Strafzumessung in das Ermessen des Gerichts. Das Urteil soll an diesem Freitag gesprochen werden.

In seinem Schlusswort rechtfertigte der Angeklagte Murat K. die Gewalttat mit seiner Religion, die ihn dazu verpflichtet habe, da der Prophet Mohammed beleidigt worden sei. „Man kann von einem Muslim nicht erwarten, dass er ruhig bleibt, wenn der Prophet beleidigt wird.“ Bei den Ereignissen am 5. Mai in Bonn hatte die rechtsextreme Splitterpartei Pro NRW eine Mohammed-Karikatur gezeigt.

Der Beschuldigte habe als einziger aus einer zum Teil vermummten und mit Wurfgeschossen bewaffneten aggressiven Gruppe von etwa 150 Personen die polizeilichen Absperrungen durchbrochen, erläuterten die Ankläger. Es sei nur begrenzt als strafmildernd zu werten, dass er geständig sei und religiöse Motive anführe. Seine Haltung sei „nicht von Einsicht oder Reue geprägt“, er würde wieder so handeln. „Es kann nicht hingenommen werden, dass ein Bürger seine Überzeugung mittels Waffengewalt durchsetzt.“

Verteidiger Johannes Pausch bezeichnete seinen Mandanten als „Suchenden“, für den die „Rettung“ die Religion gewesen sei. Dies habe dann zu einer „konsequent fundamentalistischen Hinwendung zum Islam geführt“. Bei seinen Gewaltaktionen sei er wohl „außer sich gewesen“ und habe „mehr oder weniger unkontrolliert zugestochen“.

Ob das Gericht dieser Argumentation folgen wird, erscheint angesichts der von der Polizei angefertigten Videoaufnahmen äußerst zweifelhaft. In einem gestern von Spiegel-TV ausgestrahlten Bericht sind Ausschnitte aus dem Polizeivideo zu sehen. (1) Demnach hat der Angeklagte mehrfach versucht, Polizisten gezielt in den Oberschenkel zu stechen

Murat K. sagte, das Gericht könne über ihn nicht urteilen, weil allein Allah das Recht habe, zu entscheiden, was gut und böse oder richtig und falsch sei. „Ich akzeptiere dieses Gericht nicht als legitim.“ Schuld sei der Staat, der Beleidigungen des Propheten zulasse. „Wie kann es sein, dass der deutsche Staat das unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit erlauben kann?“ Als der Angeklagte schließlich Deutschland mit einem „Kriegszustand“ drohte, entzog ihm der Vorsitzende Richter Klaus Reinhoff das Wort.

Anmerkungen

(1) http://www.spiegel.de/video/salafist-murat-k-steht-vor-gericht-video-1228060.html

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