Gericht bestätigt Ausschluss des führenden Kandidaten
Verfassungsgericht verbietet Nato-Kritiker Calin Georgescu endgültig Kandidatur für Präsidentschaftswahl / Französischer Botschafter traf Verfassungsrichter kurz vor Entscheidung / Tausende protestieren friedlich in Bukarest: Teilnehmer befürchten Einflussnahme aus Brüssel und möglichen Krieg
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)
Nach dem gerichtlich bestätigten Ausschluss des führenden Kandidaten Calin Georgescu von den rumänischen Präsidentschaftswahlen protestierten noch am selben Tag (11. März) mehrere tausend Menschen friedlich in der Hauptstadt Bukarest. Bereits im Laufe des Tages hatten sich hunderte vor dem Parlamentspalast versammelt, in dessen Räumlichkeiten sich das Verfassungsgericht befindet, um gegen das erwartete Urteil zu demonstrieren. Laut verschiedener Wahlumfragen lag Georgescu seit Januar stabil mit rund 38 Prozent der Stimmen deutlich vor seinen Konkurrenten.
Große Teile der Demonstranten beklagen, dass man ihnen ihre Stimme geraubt habe. Teilnehmer des Protests sagten Multipolar, dass die Herrschenden in Rumänien „Angst“ vor einem Präsidenten Georgescu haben, der sie für ihre „verfehlte Politik“ und wegen „Korruption“ haftbar machen würde. Die rumänische Staatsführung genieße bei ihrem Vorgehen Rückendeckung aus Brüssel und fühle sich „über dem Gesetz stehend“, erklärten Demonstranten. Nicht wenige sehen sich am Beginn einer „Diktatur“ und möglicherweise kurz vor einem Krieg. Dies könne einerseits ein „Bürgerkrieg“ innerhalb des Landes oder andererseits ein aktiver Einstieg der EU in den Ukraine-Krieg sein. In Rumänien, das eine direkte Grenze mit der Ukraine teilt, gibt es drei Nato-Basen. Unter den Demonstranten waren auch Priester und Nonnen, die gemeinsam mit den anderen Teilnehmern für Frieden beteten.
Das rumänische Verfassungsgericht begründete sein Urteil am Dienstagabend vorerst nicht. Die Wahlkommission hatte ihre Entscheidung vom 9. März unter anderem damit erklärt, dass Georgescu demokratische Grundwerte nicht anerkenne. Dem unabhängigen Kandidaten, der Beschwerde gegen seinen Ausschluss von der im Mai anstehenden Wahl eingereicht hatte, bleiben damit keine weiteren Möglichkeiten der Berufung. Kritiker der Kandidatur Georgescus begrüßen das Urteil, da dieser mehrfach angedeutet haben soll, politische Parteien abschaffen zu wollen. Darüber hinaus hatte sich Georgescu kritisch zur Mitgliedschaft Rumäniens in der EU und in der Nato geäußert und sich gegen den Krieg im Nachbarland Ukraine ausgesprochen. Von westlichen Leitmedien wird der frühere Sonderberichterstatter für Menschenrechte als „rechtsradikal“ und „prorussisch“ bezeichnet.
Wenige Tage vor dem Gerichtsurteil gab es Medienberichten zufolge ein Treffen des französischen Botschafters in Bukarest, Nicolas Warnery, mit dem Vorsitzenden des rumänischen Verfassungsgerichts Marian Enache und mehreren weiteren Richtern. Der französische Diplomat habe hierbei eine „Botschaft der Unterstützung und Solidarität“ zur „Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der westlichen Verfassungswerte“ ausgesprochen, berichtete der Sender „Realitatea TV“. (8. März) Der rumänische Gerichtspräsident erklärte, ohne Rechtsstaatlichkeit werde die Demokratie „anarchisch und willkürlich“ und entspreche nicht mehr den Anforderungen westlicher Verfassungswerte. „Das Eindringen von Populismus in die Urteile eines Verfassungsgerichts ist direkt proportional zur Schwächung der Demokratie eines Staates.“
Der ausgeschlossene Kandidat Georgescu sagte, das System akzeptiere niemanden von außerhalb des Systems. Es gehe nicht um ihn selbst. An seiner Stelle könne jeder Präsident werden, der die Wahrheit sagt und das Wohl dieses Landes will. Er wollte ein Friedenspräsident sein, und dass Bukarest eine Hauptstadt des Friedens werde. Georgescu sehe seine Mission als erfüllt an, denn das rumänische Volk sei „erwacht“, um sich selbst zu retten. Er rät seinen Landsleuten, einen Kandidaten ihres Gewissens zu unterstützen. Es erscheine ihm allerdings, dass Demokratie und Freiheit in diesen Momenten ihren letzten Atemzug tun. In einer Botschaft auf der Plattform „X“ kritisierte Georgescu sarkastisch Frankreich und die EU: „Lang lebe Frankreich und Brüssel, lang lebe ihre Kolonie namens Rumänien!“
Wie die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ berichtet, hat das rumänische „Rechtsaußen-Lager“ nach dem Ausschluss Georgescus zwei neue Kandidaten für die Präsidentschaftswahl nominiert: George Simion, Vorsitzender der Partei „Allianz für die Vereinigung der Rumänen“ (AUR) und Anamaria Gavrila, Vorsitzende der „Partei der Jugend“ (POT). Beide riefen dazu auf, sie zu unterstützen, um die für eine Präsidentschaftsbewerbung benötigten 200.000 Unterschriften zu erhalten. Sollten beide Kandidaturen für gültig erklärt werden, werde einer von beiden seine Kandidatur zurückziehen, um die Wahlchancen des „rechten Lagers“ zu erhöhen, heißt es im Bericht. Laut einer Umfrage vom 9. März erklärten 28 Prozent der Befragten ihre Stimme Simion zu geben, falls Georgescu nicht antreten darf. Damit würde Simion den ersten Wahlgang gewinnen.
Nachdem Georgescu im ersten Wahlgang am 24. November mit fast 23 Prozent die meisten Stimmen erreichte, hatte das rumänische Verfassungsgericht am 6. Dezember, zwei Tage vor der entscheidenden Stichwahl, den ersten Wahlgang für ungültig erklärt und eine vollständige Neuwahl angeordnet. Eine Kommission des Europarats hatte im Februar die Annullierung der Wahl kritisiert. Die Gründe für die Annullierung hatten sich nach einer Medienrecherche bereits im Dezember 2024 als falsch herausgestellt. Am 26. Februar wurde Georgescu in Bukarest von der Polizei verhaftet und zur Befragung in die Generalstaatsanwaltschaft gebracht. Während des mehrstündigen Verhörs hatten sich mehrere tausend seiner Anhänger vor dem Gebäude versammelt. Am 1. März protestierten zehntausende Menschen – die Veranstalter sprachen von 300.000 Teilnehmern – gegen die Wahl-Annullierung und gegen die Verhaftung des ursprünglichen Wahlsiegers.