Fukushima: Kühlung nun auch in Block 5 ausgefallen
(24.03.2011/dpa)
Drei Arbeiter im Atomkraftwerk Fukushima haben eine gefährlich hohe Strahlendosis abbekommen. Zwei von ihnen mussten aufgrund der schweren Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert werden.
Die drei verletzten Techniker wollten in Reaktor 3 Kabel reparieren, um das Kühlsystem wieder in Gang zu bringen. Sie seien einer Strahlung von bis zu 170 oder 180 Millisievert ausgesetzt gewesen, sagte Hidehiko Nishiyama von der japanischen Atomsicherheitsbehörde NISA. Die Betreiberfirma Tepco hatte zuvor festgelegt, dass die Arbeiter am Atomkraftwerk nicht mehr als 150 Millisievert pro Noteinsatz abbekommen dürfen. Der Grenzwert der Regierung für AKW-Arbeiter liegt bei 250 Millisievert pro Jahr.
Schon zuvor waren in Fukushima 1 Arbeiter verstrahlt und anderweitig verletzt worden. Laut Angaben des Betreibers hätten nun insgesamt 17 Arbeiter eine Strahlenbelastung von mehr als 100 Millisievert abbekommen.
Die anderen Helfer kommen bei den verzweifelten Versuchen, die Krisenreaktoren zu kühlen, nicht entscheidend voran. Es soll auch weiterhin versucht werden, die Überhitzung der Reaktoren mit Meerwasser zu stoppen. Ein Vorhaben, welches zusätzliche Risiken birgt. Experten warnen vor einer Salzverkrustung der Brennstäbe durch den Einsatz von Meerwasser. Das würde ihre Kühlung blockieren.
Im Block 1 sei die Temperatur wieder deutlich gesunken, nachdem sie zeitweise auf 400 Grad geklettert war. Allerdings stieg in dem Reaktor der Druck. Deswegen konnte weniger Meerwasser als geplant zur Kühlung von außen eingeleitet werden, so Nishiyama. Zum ersten mal stieg heute neben den Blöcken 2 und 4 auch über Block 1 weißer Dampf auf. Dennoch habe sich die Lage dort aber stabilisiert. Im Kontrollraum brenne inzwischen wieder Licht, gab Nishiyama gegenüber der Presse an. Dass es nach sage und schreibe fast zwei Wochen gelungen ist, einen Raum auszuleuchten, dürfte allerdings kaum als Anzeichen von Stabilisierung zu betrachten sein. Vielmehr zeigt es die Hilflosigkeit, wenn selbst dies als hoffnungsstiftende Erfolgsmeldung verbreitet wird.
Dass nun auch in dem bisher unkritischen Block 5 Probleme auftreten, zeigt wie sich die Lage insgesamt verschlechtert und nicht verbessert. Auch dort ist jetzt das Pumpsystem des Reaktors nach Angaben der NISA defekt. Die Kühlung sei ausgefallen. Die Situation sei zwar momentan stabil, es müsse aber mit steigenden Temperaturen sowohl im Reaktor als auch im Abklingbecken gerechnet werden. Es sei geplant, die Pumpe möglichst bald zu reparieren. Nähere Informationen gab es dazu aber nicht.
Laut Japans Regierungssprecher Yukio Edano breite sich die Verstrahlung von Lebensmitteln weiter aus. Beim Leitungswasser in Tokio gab es derweil eine vorläufige Entwarnung: In der Hauptstadt sank die Belastung des Leitungswassers mit radioaktivem Jod am Donnerstag wieder unter den für Säuglinge festgelegten Grenzwert von 100 Becquerel pro Liter. Da die Behörden am Vortag gewarnt hatten, Babynahrung mit Leitungswasser zuzubereiten, wurde abgefülltes Wasser in den Geschäften der Hauptstadt knapp.
Trotz der positiven Meldung über den Rückgang der radioaktiven Belastung des Trinkwassers besteht wenig Anlass zu Optimismus.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace schätzt die Gesamtsituation als „nach wie vor dramatisch“ ein. Der deutsche Nuklearexperte Michael Sailer sagte: „Wir sind noch auf der Intensivstation.“
Der Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz, Sebastian Pflugbeil, stuft das Unglück im japanischen Atomkraftwerk bereits als Super-GAU ein. Gegenüber MDR INFO sagte er am Dienstag: „Super-GAU ist Fakt.“ Die ganze Anlage sei aus dem Ruder gelaufen. „Es wird – böse gesagt – gefummelt. Man probiert dies und das, um etwas zu machen, aber wirklich schlagkräftige Lösungen sind bisher nicht erkennbar.“
„Nach gegenwärtiger Lage dürfen wir nicht zu optimistisch sein,“ so Regierungssprecher Edano heute.