EU plant Militäraktionen gegen Schleuser – Kritik aus der Opposition
(18.05.2015/dpa)
Die Europäische Union treibt trotz Bedenken aus der Bundesregierung die Vorbereitungen für Militäreinsätze gegen Schleuserbanden voran. Möglicherweise könnten die geplanten Marineoperationen vor der libyschen Mittelmeerküste bereits in den nächsten Wochen beginnen, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montag zum Auftakt eines Treffen der Außen- und Verteidigungsminister in Brüssel. Sie erwarte, dass die EU-Staaten ihr grünes Licht für weitere Vorbereitungen geben.
Vor allem EU-Staaten wie Frankreich, Großbritannien und Italien wollen Schiffe, die zum Menschenschmuggel genutzt werden, gezielt zerstören. Als Voraussetzung dafür gelten eine Resolution des UN-Sicherheitsrates oder eine Verständigung mit Libyen, über das Schätzungen zufolge achtzig Prozent des illegalen Menschenschmuggels über das Mittelmeer abgewickelt werden. „Ich habe zumindest keinen größeren politischen Widerstand gesehen“, sagte Mogherini am Montag zu ihren jüngsten Gesprächen mit Vertretern des UN-Sicherheitsrates. Nach Angaben aus EU-Kreisen würde der Militäreinsatz damit beginnen, alle verfügbaren Aufklärungsinstrumente wie Satelliten zu nutzen, um die Aktivitäten der Schleuserbanden in Libyen genau nachzuvollziehen. Dann könnten Schiffe beschlagnahmt oder sogar gezielt zerstört werden – im Idealfall, bevor sie Migranten an Bord nehmen.
Vertreter der Grünen haben mit scharfen Worten vor einer gezielten Zerstörung von Schleuserbooten vor der libyschen Küste gewarnt. „Die Zerstörung der Flüchtlingsboote würde ich einschätzen als einen weiteren Schritt der Entmenschlichung der europäischen Abschottungspolitik“, sagte die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, am Montag dem Sender n-tv.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Europaparlament, Rebecca Harms, kritisierte die EU-Pläne als „scheinbar einfachen Weg mit möglicherweise furchtbaren Folgen“. Bei einem Militäreinsatz gegen Boote an der libyschen Küste könnten auch Flüchtlinge getötet werden, sagte sie im SWR-Tagesgespräch. Die Linke forderte die Bundesregierung auf, sich den geplanten Militäraktionen gegen Flüchtlingsboote im Mittelmeer in den Weg zu stellen. „Solche Maßnahmen werden die Schutzsuchenden zu noch gefährlicheren Reiserouten zwingen und die Preise für die Schleusertätigkeit weiter in die Höhe treiben“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, am Montag.
„Wer gegen das Geschäftsmodell skrupelloser Menschenschmuggler vorgehen will, muss diesem die Geschäftsgrundlage entziehen. Statt Kanonenbooten sollte die EU Fähren nach Nordafrika schicken, um Asylsuchenden eine sichere und legale Passage zur Prüfung ihres Begehrens zu bieten“, betonte Jelpke.
Auch Pro Asyl appellierte an die Bundesregierung, sich gegen Militäreinsätze zu stellen. „Schleppern muss die Geschäftsgrundlage entzogen werden, indem legale Wege geöffnet werden“, forderte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl. Der Obmann für die Linke im Verteidigungsausschuss, Alexander Neu, kritisierte die Versenkung leerer Flüchtlingsboote auf hoher See: „Bereits am Wochenende versenkte die Bundeswehr mehrere Flüchtlingsboote im Mittelmeer. Dieses Vorgehen ist ungeheuerlich, da es weder von einem gültigen Mandat gedeckt, noch in irgendeiner Art und Weise zielführend ist“, hieß es in einer Mitteilung. Dass leere Boote auf hoher See schon heute versenkt werden, bestätigte der Kommandeur des deutschen Marineverbandes zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer, Andreas Martin Seidl. „Wenn ein solches Boot führungslos auf dem Meer treibt und ein anderes Schiff dagegen fährt, ist das eine massive Beeinträchtigung der Seefahrt“, sagte Seidl im Magazin radioWelt des Bayerischen Rundfunks. „Das machen die anderen Marinen genauso wie wir auch.“