EU-Kommission will Rente ab 70

(07.07.2010/dpa)

Ginge es nach dem Willen der EU-Kommission dann sollen die Bürger der Europäischen Union künftig deutlich länger arbeiten und später in Rente gehen. In einem am Mittwoch vorgelegten Strategiepapier der EU-Kommission wird die mittelfristige Anhebung des Rentenalters auf bis zu 70 Jahre als eine Möglichkeit genannt, allerdings wollte sich der zuständige Kommissar nicht auf eine Zahl festlegen.

Die Europäer hätten die Wahl, entweder im Ruhestand Armut fürchten zu müssen, höhere Rentenbeiträge zu zahlen oder mehr und länger zu arbeiten, sagte EU-Arbeitskommissar Laszlo Andor.

Allerdings hat die EU-Kommission in der Rentenfrage keine Kompetenz und kann nur Anstöße geben. Jedes EU-Land bestimmt selbstständig über sein nationales Rentensystem. Das „Grünbuch“ der Kommission enthält daher lediglich einen Fragenkatalog, zu dem Regierungen, Verbände und Verbraucher sich nun äußern können.

Bei Gewerkschaften und Arbeitnehmer-Vertretern stießen die Vorschläge auf Kritik. Der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels Ottmar Schreiner kritisierte eine EU-“Politik gegen die Älteren“: „Die Erhöhung des Renteneintrittsalters wäre nichts anderes als eine neue Rentenkürzung.“ Die Europäische Gewerkschaftsvereinigung ETUC nannte die Vorschläge unrealistisch: „Bei Unternehmen herrscht die Meinung vor, dass ältere Mitarbeiter Wandel nicht mehr bewältigen können und ermuntert werden sollten, die Firma weit vor dem gesetzlichen Rentenalter zu verlassen“, sagte ETUC-Generalsekretär John Monks.

„Das ist Wahnsinn! Wer die Rente erst ab 70 fordert, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank”, kommentierte Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke die Vorschläge der EU-Kommission:

„Die Menschen werden um ihren erarbeiteten Lebensstandard betrogen. Und für viele wird es noch schlimmer kommen: Sie werden in die Altersarmut entlassen. Denn ein höheres Renteneintrittsalter bedeutet eine drastische Rentenkürzung. Derzeit sind in Deutschland nur 11,6 Prozent aller 63 bis 64-Jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Und nur zehn Prozent aller Neurentnerinnen und -rentner gingen 2008 mit 65 Jahren aus einer stabilen Beschäftigung in den Ruhestand. Alle anderen müssen zum Teil drastische Abschläge in Kauf nehmen. Und dieses Problem würde sich bei einer Anhebung des Renteneintrittsalters noch verschärfen. Für die Rente erst ab 70 gibt es keine sachlichen Gründe.“

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