Drohnenaffäre: Kritik an de Maizière reißt nicht ab
(27.06.2013/dpa)
Der Untersuchungsausschuss zur Drohnen-Affäre hat seine Arbeit aufgenommen und will in der Rekordzeit von gut zwei Monaten seine Ergebnisse vorlegen. In seiner konstituierenden Sitzung beschloss das Gremium am Mittwoch, 18 Zeugen zum Scheitern des Drohnenprojekts „Euro Hawk“ zu befragen, darunter Verteidigungsminister Thomas de Maizière und zwei seiner Vorgänger. De Maizière hat unterdessen neuen Ärger wegen eines anderen Rüstungsprojekts. Der Rechnungshof und die Opposition werfen ihm vor, bei der Kürzung der Hubschrauberbeschaffung schlecht verhandelt zu haben.
Das Verteidigungsministerium will wegen der Neuausrichtung der Streitkräfte statt 202 nur noch 157 Hubschrauber der Typen „Tiger“, „NH90“ und „Sea Lion“ anschaffen. Der ursprüngliche Kaufpreis von 8,3 Milliarden Euro wird allerdings nur um 224 Millionen Euro gesenkt. Der Reduzierung der Stückzahl um 22 Prozent steht damit eine Kostenersparnis von 2,7 Prozent gegenüber.
Über den als „Verschlusssache – amtlich geheim gehalten“ eingestuften Rechnungshofbericht hatte Spiegel Online berichtet. Der Verteidigungsausschuss verlangte auch mit den Stimmen der Koalition Einsicht in den Bericht. „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung einen sehr, sehr schlechten Vertrag aushandelt, wo in Wirklichkeit Geld verschenkt wird“, sagte SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold. Nach seiner Einschätzung wäre es billiger, alle Hubschrauber abzunehmen und die überschüssigen dann innerhalb von NATO und EU weiterzuverkaufen.
Das Verteidigungsministerium hält dagegen: Die Hubschrauber würden als gebraucht gelten, und der Verkaufserlös würde deshalb hinter dem Beschaffungspreis zurückbleiben, hieß es in einer Erklärung. „Wir haben bereits versucht, den NH90 zu verkaufen, allerdings ohne Erfolg.“
Die Einsetzung des Drohnen-Ausschusses wurde vom Verteidigungsausschuss einstimmig beschlossen. Die Beschaffung der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ war im Mai wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion gestoppt worden.
Bis spätestens Anfang September soll der Ausschuss nun klären, ob und wenn ja wie viele Steuergelder durch das späte Ziehen der Reißleine verschwendet wurden und wer dafür die Verantwortung trägt. Die Opposition wirft de Maizière vor, zunächst falsche Angaben über seine Einbindung in das Projekt gemacht zu haben. Sie fordert seinen Rücktritt. Neben de Maizière will der Ausschuss in den letzten beiden Juli-Wochen unter anderen die früheren Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) und Rudolf Scharping (SPD) sowie die Chefs der beiden Herstellerfirmen Cassidian und Northrop Grumman anhören.
SPD-Chef Sigmar Gabriel rechnet nicht mehr mit einem Rücktritt de Maizières. „Ich glaube nicht, dass Herr de Maizière zurücktreten darf“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Die Kanzlerin kann sich doch nicht leisten, nach zwei Bundespräsidenten, einem Umweltminister, einer Bildungsministerin nun auch noch den dritten Verteidigungsminister in nur drei Jahren gehen zu lassen.“