Deutsche Post greift in Österreich an – Preiskampf erwartet
(01.09.2015/dpa)
Die Deutsche Post greift angesichts des Online-Booms nach dem lukrativen Paketgeschäft im Nachbarland Österreich: Mit Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe will sie bei Paketen „die deutliche Nummer Zwei“ nach dem Platzhirsch, der Österreichischen Post AG, werden. Das sagte Post-Vorstand Jürgen Gerdes am Dienstag zum Start eines eigenen Paketdienstes in Österreich mit zunächst noch bescheidenen 15 Depots. Die österreichische Post reagiert wenig begeistert: „Die Konkurrenz durch die Deutschen wird zu einem verschärften Preiskampf führen“, sagte der österreichische Postchef Georg Pölzl der Kronen-Zeitung. Einen „Kampf um jedes Paket“, sieht die Wiener Tageszeitung Die Presse heraufziehen.
Die Deutsche Post hat vor: „Bis 2016 wollen wir das größte Paketshop-Netz anbieten und damit jedem österreichischem Bürger ermöglichen, innerhalb von maximal 10 Minuten einen DHL Paketshop zu erreichen“, sagte Gerdes der Deutschen Presse-Agentur. Viele Standorte und mehr Service – vor allem Abendzustellungen und die in Österreich bisher kaum üblichen Samstagslieferungen – damit will das deutsche Unternehmen. Natürlich verspricht Gerdes dabei viele neue Jobs in Österreich: Allein 2015 würden rund eintausend neue Stellen geschaffen, sagte er.
In Österreich ist das Paketgeschäft bisher fest in den Händen der teilstaatlichen österreichischen Post mit ihren neunzehntausend Mitarbeitern: Im Privatkundenbereich hat sie einen Marktanteil von 77 Prozent. Grenzüberschreitende Pakete aus Deutschland hat sie bisher an der Landesgrenze übernommen. Nun läuft die Zustellung von DHL-Paketen – zunächst für einige Regionen, später landesweit – direkt aus Deutschland über die Grenze nach Österreich hinein. Das werde sich deutlich auf die Verbesserung der Laufzeiten auswirken, verspricht die Deutsche Post. Österreichische Online-Kunden, die aus Deutschland beliefert wurden, mussten bisher wegen des umständlichen Umladens in österreichischen Verteilzentren in manchen Fällen bis zu eine Woche warten. Das soll künftig schneller gehen. Die DHL plant den Aufbau eigener Hubs mit moderner Sortierinfrastruktur.
Gewerkschaftsvertreter in Österreich machen sich Sorgen. Der österreichische Postgewerkschafts-Vorsitzende Helmut Köstinger warnt vor dem Verlust von „Tausenden“ Arbeitsplätzen. „Der Österreichische Paketmarkt ist bereits heute bestens versorgt und unsere Postzusteller leisten täglich beste Qualität für unsere Kunden“, sagte er. Sollte DHL „Preis- und Lohndumping“ betreiben, werde es gewerkschaftlichen Widerstand geben, kündigte Köstinger an. Von Dumpingvorwürfen sieht sich die Deutsche Post allerdings nicht getroffen: Im Haustarif zahlt sie pro Stunde 17,70 Euro im Durchschnitt. Und auch bei den neu gegründeten Paketgesellschaften mit schlechterer Bezahlung in Deutschland, um die es im Sommer einen heftigen Tarifkonflikt gab (1), liegt die Bezahlung der Zusteller mit im Schnitt 13 Euro immer noch über der Konkurrenz.
Die österreichische Post will nun mit einer „Service-Offensive“ ihre Marktposition verteidigen, wie sie ankündigte. Dazu gehören unter anderem auch Samstags-Zustellungen. Für rund 300 000 Haushalte läuft derzeit ein Testbetrieb, bis Ende des Jahres soll die Post samstags in allen Ballungsräumen des Landes liefern. Außerdem will die österreichische Post die Zahl ihrer rund um die Uhr verfügbaren Abholstationen deutlich erhöhen. Neuerdings können Pakete auch umgeleitet und per Internet verfolgt werden. Profiteur des neuen Konkurrenzkampfes könnte damit der Verbraucher sein – zunächst zumindest.
Anmerkung
(1) http://www.hintergrund.de/201506173569/wirtschaft/wirtschaft-inland/post-streik-arbeitskampf-wird-ausgeweitet.html