Deutsche Offiziere beraten Angriffe auf russische Ziele
Abgehörtes Gespräch: Luftwaffen-Offiziere sprechen über Zerstörung der Krimbrücke mit Taurus-Marschflugkörpern / Bundesregierung bestätigt Echtheit der Aufnahmen
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)
Hochrangige deutsche Luftwaffenoffiziere haben sich über Möglichkeiten zur Zerstörung russischer Infrastruktur mit Taurus-Marschflugkörpern ausgetauscht. Dies geht aus einer 38-minütigen Gesprächsaufzeichnung hervor, die vom russischen Staatssender „Russia Today“ am Freitag (1. März) veröffentlicht wurde. Zu den vier Teilnehmern des Gesprächs, das am 19. Februar stattgefunden haben soll, gehörte auch der Chef der deutschen Luftwaffe Generalleutnant Ingo Gerhartz. Neben Angriffen auf die Krimbrücke und auf russische Munitionsdepots beraten die vier Offiziere unter anderem darüber, wie die Spuren der deutschen Verantwortung für die möglichen Angriffe verwischt werden könnten.
Die Brücke über die Straße von Kertsch sei ein „interessantes Target“ für die deutschen Taurus-Marschflugkörper, erläuterte einer der beiden zugeschalteten Oberstleutnants. Sie sei für bereits eingesetzte westliche Raketen wie die britischen „Storm Shadows“ schwer zu erreichen, da die russische Luftabwehr hier stark aufgestellt sei und die Pfeiler der Brücke „relativ klein“ konstruiert wurden. Das deutsche Waffensystem „Taurus“ wäre jedoch zu Treffern in der Lage, erklärte der Oberstleutnant seinen Gesprächspartnern. Er habe hierzu schon drei mögliche Flugrouten für die deutschen Raketen geplant.
Der „limitierende Faktor“ sei die Zahl der noch vorhandenen Suchoi-Kampfflugzeuge, von denen aus die Marschflugkörper abgefeuert würden. Die ukrainische Luftwaffe besitze mittlerweile nur noch eine einstellige Zahl dieser Maschinen. Zehn bis zwanzig Taurus-Raketen seien nach Schätzung des Oberstleutnants nötig, um die massive Brücke zum Einsturz zu bringen. Sein Kollege erwidert, es würden bereits zwölf genügen, wenn die Brücke an einer bestimmten Stelle getroffen werde. Diese gezielten Angriffe müssten jedoch von deutschen Militärs selbst ganz konkret geplant werden, um die nötige Taurus-Zahl genau kalkulieren zu können. Anschließend könnten „die Ukrainer“ mit diesen Informationen versorgt werden.
Die Luftwaffenoffiziere beraten im Gespräch an mehreren Stellen darüber, auf welche Weise die notwendigen Zieldaten an das ukrainische Militär übergeben werden können, ohne das eine Beteiligung des deutschen Militärs sichtbar wäre. Die ersten Missionen im Einsatz würden definitiv deutsche Unterstützung benötigen, heißt es. Dieser „Support“ könne mittels einer „sicheren Leitung“ vom Luftwaffenstützpunkt Büchel aus in die Ukraine erfolgen, schlägt einer der Gesprächsteilnehmer vor. Eine weitere Möglichkeit bestehe darin, die notwendigen Daten per Auto nach Polen zu bringen und dort an die ukrainischen Militärs zu übergeben.
Luftwaffenchef Gerhartz empfiehlt der Aufnahme zufolge, die zu transferierenden Daten über das für Taurus verantwortliche Rüstungsunternehmen MBDA im bayrischen Schrobenhausen an die Ukraine zu schicken und nicht von deutschen Militärstützpunkten aus. Keine der Varianten wäre akzeptabel, wenn eine deutsche Beteiligung „an die Presse“ käme. Ein Oberstleutnant sagt, die Zieldaten müssten definitiv im ersten Schritt in Büchel, das heißt von der deutschen Luftwaffe, verarbeitet werden. Brigadegeneral Frank Gräfe räumt ein, dass die Luftwaffe in irgendeiner Form immer an der Zielsteuerung beteiligt wäre und man dies politisch als deutsche Kriegsbeteiligung auslegen könnte. „Beteiligt ist beteiligt.“
Mehrfach ist in dem abgehörten Gespräch die Rede von britischen Soldaten, die bereits in der Ukraine aktiv seien und möglicherweise die Taurus-Bedienung übernehmen könnten. Luftwaffenchef Gerhartz bestätigte damit auch die Aussagen, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vergangene Woche zur Zielsteuerung der „Storm Shadow“-Marschflugkörper durch britische Soldaten in der Ukraine getätigt hatte. Gerhartz sprach zudem von „vielen Leuten mit amerikanischem Akzent“, die in der Ukraine in zivil tätig seien und die Armee unterstützen.
Die Bundesregierung hat die Echtheit des abgehörten Gesprächs laut ARD bestätigt. Die Telefonkonferenz, die verschiedenen Medien zufolge über die kommerzielle, ungesicherte Telefonie-Software „Webex“ geführt wurde, diente laut darin getätigten Aussagen der Vorbereitung eines anstehendes Informationsgesprächs mit Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) über „Taurus“. Pistorius wolle Gerhartz zufolge „wirklich tief in Taurus einsteigen“. Allerdings gebe es kein Anzeichen, dass Deutschland die Marschflugkörper nun liefern wolle. Der Kanzler blocke diese Lieferungen, aber niemand wisse warum.
Die deutschen Marschflugkörper würden „nicht den Krieg ändern“, räumt Gerhartz im abgehörten Gespräch ein. Auch werde die Bundesrepublik nur 50 bis 100 Taurus an die Ukraine übergeben können. „Dann wäre aber auch Ende Gelände.“ Gerhartz erklärt, dass Briten und Franzosen mit ihren Marschflugkörpern offenbar zahlenmäßig schon am Ende seien und die Regierungen in Paris und London deshalb nun Deutschland unter Druck setzen würden.