Aufarbeitung der Corona-Krise

Corona-Aufarbeitung im Bundestag

Abgeordnete beraten über AfD-Antrag für Enquete-Kommission / Auslöser ist die Veröffentlichung der RKI-Protokolle durch Multipolar / SPD, Grüne und CDU bremsen

Der Bundestag debattierte über die Lehren aus der Corona-Krise.
Foto: Ank Kumar, Lizenz: CC BY-SA, Mehr Infos

(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)

Der Deutsche Bundestag hat am Mittwoch (24. April) über einen Antrag der AfD-Fraktion zur Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Zeit beraten. Laut AfD soll die Kommission „die Grenzen der Eingriffsrechte von Landesregierungen und der Bundesregierung herausarbeiten“. Notwendig sei eine „Aufarbeitung der Rollen der relevanten Akteure“, wie des Robert Koch-Instituts, da „die Hochstufung der Risikoeinschätzung“ durch das RKI „das rechtliche Fundament sämtlicher Corona-Maßnahmen“ gewesen sei. Es dürfe „nicht erneut zu derart massiven Grundrechtsverletzungen aufgrund staatlichen Handelns kommen, die den sozialen Frieden gefährden“.

In der Debatte forderten Vertreter der AfD-Fraktion „einen Untersuchungsausschuss, hilfsweise eine Enquete-Kommission“, wie sie auch von der FDP unterstützt werde. Eine solche Enquete-Kommission solle sich „unverzüglich konstituieren und zeitnah vor der parlamentarischen Sommerpause 2025 ihre Ergebnisse und Handlungsempfehlungen vorlegen“.

Die Redner der SPD-Fraktion sprachen sich gegen eine Enquete-Kommission aus, da diese zeitlich zu kurz angesetzt sei und eine Aufarbeitung mehr Zeit benötige. Sie plädierten für die Einsetzung eines Bürgerrats sowie „anschließend überlappend eine ans Parlament angebundene Kommission, die die Ergebnisse und Empfehlungen des Bürgerrates nutzt“. „Worum es jetzt ausdrücklich nicht gehen darf, ist, Verantwortliche zu suchen, Schuldfragen hin- und herzuschieben oder halbgare Verschwörungsideen zu verbreiten“, so die SPD-Abgeordnete Heike Engelhardt.

Die Vertreter der CDU/CSU-Fraktion sprachen sich ebenfalls gegen eine Enquete-Kommission aus und forderten stattdessen eine „Bund-Länder-Arbeitsgruppe“ für eine Aufarbeitung. Die Schwärzungen der RKI-Protokolle würden allerdings „kein Vertrauen schaffen“, so die CDU-Abgeordnete Simone Borchardt und ergänzte: „Dass es nun nach den Ankündigungen von Herrn Lauterbach doch möglich sein soll, die ungeschwärzten Protokolle zu erhalten, bestärkt mich immer mehr in der Annahme, dass Informationen bewusst zurückgehalten werden sollten.“

Die Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen lehnten ebenfalls eine Enquete-Kommission ab, weil diese ihre Arbeit nicht vor Ende der Legislaturperiode beenden könne. Angekündigt wurde ein eigener Vorschlag für eine Aufarbeitung. Man solle sich „als Gesellschaft vor die Wissenschaft stellen und nicht anfangen, Sündenböcke zu suchen“.

Vertreter der FDP sprachen sich hingegen für eine Enquete-Kommission aus. Auf den Einwand von SPD und Grünen, die Zeit reiche nicht, erwiderten sie, man könne eine solche Kommission „in der nächsten Legislaturperiode neu einsetzen und das Thema weiterbehandeln“. Von der AfD distanzierte sich die FDP. Diese verbreite „Verschwörungserzählungen“ und schüre „Angst vor Impfungen“, obwohl die Corona-Impfkampagne ein „großer Erfolg“ gewesen sei, so die FDP-Abgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus.

Andrej Hunko (Bündnis Sahra Wagenknecht, BSW) bedankte sich in seiner Rede zunächst bei Multipolar für das Freiklagen der Protokolle. Er forderte eine Rehabilitierung derjenigen Bürger, die gegen Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen verstoßen hatten. Hier sei eine „Generalamnestie notwendig, besser noch: wie in Slowenien eine Rückzahlung der Bußgelder“. Das geeignete Mittel für eine Aufarbeitung sei ein Untersuchungsausschuss.

Vertreter der Gruppe Die Linke äußerten sich in der Bundestagssitzung nicht zum Antrag der AfD.

Enquete-Kommissionen bestehen aus Abgeordneten und Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis. Wie bei einem Untersuchungsausschuss ist der Bundestag auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder verpflichtet, eine Enquete-Kommission einzusetzen. Aufgrund der aktuellen Sitzverteilung im Parlament könnte ein derartiges Gremium knapp zustande kommen, wenn die Abgeordneten von AfD, FDP, BSW sowie die Fraktionslosen zustimmen. Im April 2023 scheiterte ein Antrag der AfD-Fraktion zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung der Corona-Zeit.

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