Ukraine-Krieg

Bundestag lehnt „Taurus“-Lieferung ab

Deutsche Marschflugkörper gehen vorerst nicht an Ukraine / SPD-Fraktionsvorsitzender: Debatte über „Einfrieren“ des Krieges nötig / Verteidigungsministerium schweigt zu personellen Konsequenzen aus Abhörskandal

Ein Taurus-Marschflugkörper (Archivfoto von 2012)
Foto: Alf van Beem, Public Domain, Mehr Infos

(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)

Der deutsche Bundestag hat die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine am heutigen Donnerstag (14. März) in namentlicher Abstimmung mit 495 zu 190 Stimmen abgelehnt. Der Antrag zur Lieferung war von der CDU/CSU-Fraktion eingebracht worden. Der Auswärtige Ausschuss hatte die Ablehnung des Unionsantrags mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP, AfD, Linke und BSW empfohlen.

Dem ukrainischen Militär mangele es in seinem „heroischen Abwehrkampf“ an der Fähigkeit, „Versorgungslinien, Führungseinrichtungen und die logistischen Strukturen“ Russlands zu treffen, heißt es in dem Antrag der Union. Deshalb müsse die deutsche Präzisionswaffe „Taurus“ geliefert werden. Die Ukraine habe versprochen, das Waffensystem nur auf ukrainischem Boden einzusetzen. Es gebe keinen Grund, an den Zusagen zu zweifeln. Johann Wadephuhl (CDU) warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Parlamentsdebatte ein „monatelanges Zögern“ bei der Taurus-Lieferung vor. „Entweder wir befähigen die Ukraine, den Krieg zu gewinnen oder wir werden mit ihr verlieren.“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich erklärte hingegen, der Bundeskanzler habe alle notwendigen Einsichten und Informationen, um eine verantwortliche Entscheidung wie das Nein zu Taurus zu treffen. Nach den USA sei die Bundesrepublik das Land, das die Ukraine am stärksten unterstütze. 28 Milliarden Euro habe Deutschland in den vergangenen zwei Jahren dafür aufgewendet. In der Debatte solle es nicht nur um ein Waffensystem gehen, sondern auch um die politische Frage, wie man diesen Krieg „einfrieren“ und beenden könne, forderte Mützenich. Zudem kritisierte er deutsche Abgeordnete, die sich für den kürzlich erfolgten Friedensaufruf des Papstes „schämen“. Die Möglichkeit des Einsatzes taktischer Nuklearwaffen durch Russland sei real.

Die Redner der Regierungsparteien FDP und Grüne pflichteten dem CDU-Antrag inhaltlich weitestgehend bei, kündigten jedoch an, ihn in der folgenden Abstimmung abzulehnen, da es letztlich der Kanzler und der Bundessicherheitsrat seien, die über die Taurus-Lieferung entschieden und nicht das Parlament. Agnieszka Brugger (Grüne) sprach von einem „Schaufensterantrag“ der Union, der FDP-Abgeordnete Alexander Müller von „Spielen der Opposition“. Überdies habe der Bundestag Müller zufolge bereits vor einigen Wochen beschlossen, dass „weitreichende Waffen“ an die Ukraine geliefert werden, dazu zähle auch „Taurus“.

Tino Chrupalla (AfD) sagte, eine Taurus-Lieferung würde allen beteiligten Ländern schaden: Russland, der Ukraine und Deutschland. Es brauche Frieden und entsprechende Verhandlungen. Noch werde Deutschland vom Kreml nicht als Kriegspartei wahrgenommen. Die AfD bitte den Bundeskanzler, bei seiner Ablehnung zu bleiben und sich nicht von den „Kriegstreibern“ aus CDU, FDP und Grünen unter Druck setzen zu lassen. Auch Janine Wissler (Linke) betonte, bei der Ablehnung an der Seite des Kanzlers zu stehen. Es benötige nun eine „diplomatische Offensive“ statt Waffenlieferungen, um den Krieg zu beenden. Verhandlungen seien keine Unterwerfung.

Sahra Wagenknecht (BSW) zweifelte an der politischen Standfestigkeit des Kanzlers. Olaf Scholz habe in seiner Amtszeit eine rote Linie nach der andere überschritten. Inzwischen debattierten deutsche Offiziere bereits darüber, russische Ziele zu zerstören, kritisierte sie. Es sei ein „Skandal“, dass auch in Medien und Parlament hierzulande inzwischen solche kriegerischen Debatten geführt würden. Der fraktionslose Abgeordnete Robert Farle forderte die sofortige Entlassung der abgehörten Luftwaffengeneräle Ingo Gerhartz und Frank Gräfe. Zudem forderte er ihre Anklage durch den Generalbundesanwalt wegen der Vorbereitung eines Angriffskrieges. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) decke diese Offiziere jedoch.

Eine umfassende Multipolar-Anfrage zum abgehörten Taurus-Gespräch ließ das Verteidigungsministerium in dieser Woche trotz Nachfrage unbeantwortet. Multipolar wollte unter anderem wissen, wer die militärischen Planungen zur Zerstörung russischer Ziele mit deutschen Waffensystemen angeordnet hatte, ob Boris Pistorius davon Kenntnis hatte und ob er solche Planungen inzwischen untersagt habe.

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