Bundestag debattiert über Kampfdrohnen-Anschaffung

(30.06.2014/dpa)

Im Bundestag hat am Montag eine Expertenanhörung zur Frage der Anschaffung bewaffneter Drohnensysteme begonnen. Der Bundeswehrverband und der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus sprachen sich dabei klar für den Kauf bewaffneter Drohnen aus. Beide argumentierten mit dem Schutz der eigenen Soldaten im Einsatz. Zu der Anhörung waren neun Experten aus Bundeswehr, Bundestag, Forschungseinrichtungen und Friedensinitiativen geladen. Nur zwei Experten wurden von der Opposition gestellt, deren Redezeit zudem erheblich eingeschränkt wurde.  

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die an der Sitzung teilnahm, will sich am Mittwoch oder Donnerstag in einer Bundestagsdebatte positionieren. Bei einer Entscheidung für Kampfdrohnen könnte es Ärger mit dem Koalitionspartner geben.

Denn die  SPD übt – noch – Zurückhaltung in der Frage  der Ausrüstung der Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen. „Ich kann nicht sagen, dass wir uns dem selbstverständlich anschließen würden“, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Montag in Berlin. Natürlich gebe es nachvollziehbare sicherheitspolitische Gründe dafür. Es gebe aber auch schwerwiegende ethische und völkerrechtliche Argumente dagegen.

Vor der Bundestagswahl hatte sich der SPD-Vorstand gegen die Beschaffung von Kampfdrohnen ausgesprochen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte während der Koalitionsverhandlungen gesagt, er rechne nicht mit einer Entscheidung über die Beschaffung noch in dieser Legislaturperiode.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Hans-Peter Bartels, bekräftigte die Skepsis seiner Partei. „Bei Kampfdrohnen bin ich skeptisch“, sagte der SPD-Politiker der Berliner Zeitung. „Ich habe jenseits dessen, was die Amerikaner mit Drohnen tun, kein Szenario kennengelernt, das Kampfdrohnen für die Bundeswehr erforderlich machen würde. Und das, was die Amerikaner machen, halten wir nicht für zulässig.“

Die USA setzen Kampfdrohnen zur „gezielten Tötung“  von Terrorverdächtigen in Afghanistan, Pakistan, Jemen oder in Somalia ein. „Kollateralschäden“ in Form unbeteiligter Zivilisten werden dabei in Kauf genommen. Der Bundeswehr wären solche Einsätze aber verboten. Drohnen-Kritiker befürchten zudem, dass die Hemmschwelle für den Waffeneinsatz gesenkt wird, weil keine eigenen Soldaten gefährdet werden.

Bundesehrverbandschef André Wüstner widersprach den Kritikern in der Anhörung. „Ein Verzicht auf Distanzwaffen gefährdet das Leben der eigenen Soldaten“, polemisierte Wüstner, indem er die Nicht-Anschaffung bewaffneter Drohnen mit einem grundsätzlichen Verzicht auf Distanzwaffen gleichzusetzen versuchte. „Der Trend geht in Richtung bewaffneter oder bewaffnungsfähiger Drohnen.“ Auch der Wehrbeauftragte Königshaus gab in seiner Stellungnahme eine klare Empfehlung für die Beschaffung des umstrittenen Waffensystems ab.

Gegen Kampfdrohnen sprach sich dagegen Marcel Dickow von der Stiftung Wissenschaft und Politik aus. „Bewaffnete, unbemannte Luftfahrzeuge stehen am Beginn einer Kette zukünftiger Entwicklungen, die einerseits die räumliche und zeitliche Entgrenzung der Gewaltausübung begünstigen, andererseits zum Einsatz zunehmend autonomer Plattformen führen werden“, heißt es in seiner Stellungnahme.

Trotz eingeplanter Geldmittel für Drohnen gibt es im Verteidigungsministerium nach Angaben eines Sprechers keine Vorfestlegung zur Anschaffung solcher Luftfahrzeuge mit Bewaffnung.

Wie die Tageszeitung junge Welt am Wochenende berichtete, seien „die Weichen für die Beschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr“ jedoch „längst gestellt“. Die Zeitung bezieht sich dabei auf eine Stellungnahme des  Verteidigungsministeriums bezüglich einer Kleinen Anfrage des Linke-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko , derzufolge  für die zu beschaffenden Langstreckendrohnen eine Bewaffnungsfähigkeit bereits „konzeptionell“ gefordert sei. Damit entpuppe sich die Experten-Anhörung im Bundestag als „Alibiveranstaltung“, kritisierte Hunko. (1)

Anmerkungen
(1)    http://www.jungewelt.de/2014/06-28/031.php

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