Bundestag debattiert über digitalen Euro
CDU/CSU für Zustimmungsvorbehalt nationaler Parlamente / Regierungskoalition lehnt Antrag ab / AfD-Antrag gegen digitalen Euro und zum Erhalt des Bargelds als „einziges gesetzliches Zahlungsmittel“ gleichfalls gescheitert
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)
Der Bundestag beriet am späten Donnerstagabend (4. Juli) über zwei Anträge von Union und AfD zum digitalen Euro. Die Union forderte die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, ein Votum des Bundestags über den digitalen Euro zu akzeptieren und sich in der EU für eine Zustimmungspflicht der nationalen Parlamente zu dem Währungsprojekt einzusetzen. Der Titel des Antrags lautete: „Abstimmung über den digitalen Euro im Bundestag bindend machen“. Initiativen der EU zur Schwächung des Bargelds solle die Regierung entschieden entgegentreten. Für diesen Antrag stimmte nur eine Minderheit aus CDU/CSU, AfD und BSW. Ein schärfer formulierter Antrag der AfD gegen einen digitalen Euro und gegen die finanzielle Unterstützung von Anti-Bargeld-Organisationen wurde bei Enthaltung des BSW abgelehnt. Die AfD hatte darin auch eine Erweiterung des Grundgesetzes um ein Recht „zur uneingeschränkten Nutzung von Bargeld“ verlangt.
In der Debatte erklärte Matthias Hauer (CDU), der digitale Euro sei „die bisher größte Änderung für unsere Währung“. Trotzdem sei 59 Prozent der Deutschen das Projekt nach wie vor unbekannt. Die Bundesregierung müsse deshalb aufklären. Mit dem digitalen Euro soll erstmals ein für Verbraucher kostenloses staatliches Zahlungsmittel in elektronischer Form entstehen. Das bisher verwendete Giralgeld wird hingegen von privaten Banken ausgegeben. Den Plänen nach sollen Bürger allerdings lediglich bis höchstens 3.000 Euro in der E-Währung halten dürfen. Hauer forderte vom Bundestag ein Bekenntnis zum Bargeld, denn Bargeld sei Freiheit und bleibe „fester Bestandteil“ der „kritischen Infrastruktur in Deutschland“. Hauer befürwortete eine breite Debatte, „ob man den digitalen Euro überhaupt braucht“.
Der FDP-Politiker Frank Schäffler äußerte Zweifel daran, dass der digitale Euro „der große Wurf“ sei. Er sprach sich implizit für private Initiativen im elektronischen Zahlungsverkehr aus und nannte preisstabile Kryptowährungen als Beispiel. Beim E-Euro brauche es eine Diskussion über Zentralisierung und Dezentralisierung. Es dürfe nicht sein, dass „eine zentrale Behörde auf die Daten der Bürger zugreifen kann“. Außerdem sei zu verhindern, dass „das Bargeld in unserem Land weiter diskriminiert wird“. Schäffler hatte in der Vergangenheit den Prozess des Journalisten Norbert Häring unterstützt, der vor dem Europäischen Gerichtshof ein Recht auf Barzahlung gegenüber dem Staat durchsetzen wollte.
Jörn König von der AfD forderte eine Volksabstimmung über die Digitalwährung. In den USA habe man der Zentralbank per Gesetz verboten, einen E-Dollar unter das Volk zu bringen. „Wenn schon unser Hegemon USA vor der Überwachung durch digitale Währung warnt, dann muss da ja was dran sein“, so König. Es könne schlimmstenfalls dazu kommen, dass die Behörden begrenzen, wo, wann und was der Bürger bezahlen darf, oder Konten schlicht einfrieren. Ein E-Euro sei zudem ein weiterer Schritt „weg von der menschlichen Haptik zum virtuellen Abstraktum“.
SPD-Parlamentarier Lennard Oehl sieht im digitalen Euro keinen Schritt in Richtung Bargeldabschaffung. Die Bundesbank betone immer wieder, dass er als „digitale Ergänzung zum Bargeld“ zu verstehen sei. Bürger, die gerne digital bezahlen, bräuchten eine Alternative zu Visa, Mastercard und Paypal. Gerade die privaten Dienstleister würden „Nutzerdaten profitmaximiert verwenden“. Der E-Euro mache Europa souveräner und müsse dementsprechend „auf europäischer Ebene demokratisch entschieden“ werden. Oehl sprach sich nicht explizit für Maßnahmen zum Schutz von Bargeld aus. Digitale Zahlungen, sagte der Abgeordnete stattdessen, würden unabhängiger machen von „der Versorgung von Bargeldautomaten im ländlichen Raum“. Den Oppositionsparteien hielt Oehl entgegen, es werde weggelassen, dass die EU-Kommission auch eine Initiative zur „Stärkung des klassischen Bargelds“ eingebracht habe.
Der genannte Verordnungsvorschlag sieht vor, dass die Mitgliedsländer die Versorgung mit Bargeld, aber auch seine Akzeptanz in den Läden überwachen sollen und, wenn es notwendig erscheint, Maßnahmen für das Bargeld ergreifen. Beim digitalen Euro ist hingegen eine unmittelbare Annahmepflicht im Einzelhandel vorgesehen. In einer aktuellen Petition an das EU-Parlament wird dies als Ungleichbehandlung kritisiert und eine universale Bargeld-Akzeptanz auf Bürgerämtern, in Einzelhandel und Nahverkehr sowie eine klar geregelte Versorgung mit Banknoten und Münzen gefordert.