Bundesbank-Studie: Reichste zehn Prozent besitzen sechzig Prozent des Nettovermögens

(21.03.2016/dpa)

Macht das viele billige Geld der Europäischen Zentralbank (EZB) nur die Reichen reicher? Darauf haben die Experten der Deutschen Bundesbank noch keine abschließende Antwort. Was ihre jüngste Studie Private Haushalte und ihre Finanzen (PHF) für Deutschland aber zeigt: Vor allem wer Häuser, Wohnungen und Aktien besitzt, konnte sein Vermögen in den vergangenen Jahren mehren.

Seit Jahren ist günstiges Notenbankgeld der Schmierstoff für die Börsen, und das Zinstief treibt die Preise an den Immobilienmärkten. Allerdings: So kräftig, wie es boomende Börsen und explodierende Immobilienpreise vermuten ließen, legten die Nettovermögen der Bundesbürger im Vergleich der Jahre 2010 und 2014 nicht zu.

„Ob die Reichen mehr Immobilien kaufen oder die Immobilie die Reichen reicher macht“ sei anhand der Daten nicht auszumachen, erklärt Tobias Schmidt vom Forschungszentrum der Deutschen Bundesbank, der die Studie maßgeblich betreut. Es gebe jedoch „einen starken Zusammenhang zwischen Immobilienbesitz und Vermögen“, heißt es in der Studie, die die Bundesbank nach aufwendiger Auswertung am Montag veröffentlichte.

Insgesamt sehen die Forscher durch die Daten, die von April bis November 2014 in 4461 repräsentativ ausgewählten Haushalten erhoben wurden, das Kernergebnis ihrer ersten Erhebungswelle 2010 bestätigt: „Die Nettovermögen in Deutschland sind weiterhin ungleich verteilt“, stellt Schmidt fest.

Rechnet man die Summe aller Vermögenswerte hoch und teilt sie durch 40 Millionen Haushalte, ergibt sich ein durchschnittliches Bruttovermögen der privaten Haushalte in Deutschland von 240 200 (2010: 222 200) Euro. Abzüglich von Schulden bleibt ein Nettovermögen von 214 500 (195 200) Euro übrig. Im Schnitt stiegen die Nettovermögen der erneut befragten Haushalte um 11 000 Euro. Bei den Werten verlassen sich die Forscher auf die Angaben der Befragten.

Die nüchterne Erkenntnis: Den reichsten zehn Prozent gehören 59,8 (2010: 59,2) Prozent des Nettovermögens, während fast drei Viertel der privaten Haushalte 2014 nur über ein unterdurchschnittliches Nettovermögen verfügten. Die untere Hälfte der Haushalte muss sich mit mageren 2,5 Prozent des gesamten Nettovermögens begnügen.

Weil die Durchschnittswerte zu den Vermögen jedoch stark durch Extremwerte beeinflusst sind, halten die Bundesbank-Experten eine andere Auswertung für aussagekräftiger: den sogenannten Medianwert. Dabei werden alle einzelnen Daten der Reihe nach aufgelistet, dann wird die Mitte der Verteilung festgestellt. Die Haushalte werden also in eine reichere und ärmere Hälfte geteilt. Diese Medianwerte liegen deutlich niedriger als die durch „Ausreißer“ verzerrten reinen Durchschnittswerte: brutto bei 77 200 (2010: 67 900) Euro, netto bei 60 400 (51 400) Euro.

Die Grenze zwischen den vermögendsten zehn Prozent und dem Rest der Haushalte verlief bei 468 000 Euro und ist somit acht Mal so hoch wie der Median. Für den Euroraum insgesamt ergab sich hierbei in der Studie 2010 – neuere Daten für den Währungsraum werden Ende 2016 erwartet – ein Wert von fünf.

Das heißt: Die Nettovermögen in Deutschland sind deutlich ungleicher verteilt als in vielen anderen europäischen Ländern. Für Italien liegen bereits Zahlen für 2014 vor: Dort liegt das durchschnittliche Nettovermögen bei 218 000 Euro, der Median bei netto 138 000 Euro.

Im innerdeutschen Vermögensvergleich hinkt der Osten – trotz Zuwächsen – zudem hinter dem Westen her. Die durchschnittlichen Nettovermögen lagen in den fünf ostdeutschen Bundesländern plus Berlin im Jahr 2014 bei 96 100 (2010: 67 480) Euro, im Westen waren es 246 000 (230 240) Euro. Der Median lag im Osten bei netto 24 800 (21 440 Euro), im Westen bei 80 000 (78 910) Euro.

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