Briten setzten geheimes Killer-Kommando gegen IRA ein
(22.11.2013/dpa)
Ein geheimes Killer-Kommando der britischen Armee soll auf dem Höhepunkt des Bürgerkriegs in Nordirland unbewaffnete Zivilisten getötet haben. Der Vorwurf fällt mitten in eine heiße Diskussion um Vergangenheitsbewältigung in der ehemaligen Unruheprovinz.
Großbritannien hat im Nordirland-Konflikt nach Berichten von Zeugen eine geheime Killereinheit eingesetzt, um mutmaßliche Kämpfer der irischen Untergrundorganisation IRA zu eliminieren. Die Spezialtruppe unter der Bezeichnung Military Reaction Force (MRF) sei im überwiegend katholischen Westen der nordirischen Hauptstadt Belfast aktiv gewesen, berichteten frühere Mitglieder des Kommandos der BBC-Sendung Panorama, die am Donnerstagabend ausgestrahlt werden sollte. Die Enthüllungen sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums in London an die Polizei weitergeleitet worden. Die Einheit wurde dem Programm zufolge 1973 aufgelöst.
Die Truppe von etwa vierzig Mann soll demnach in Zivilkleidung unterwegs gewesen sein, manchmal als Straßenfeger oder sogar als Penner verkleidet. Sie habe gezielt aus neutralen Fahrzeugen geschossen, um Personen „unschädlich“ zu machen. „Wir jagten knallharte Terroristen und Babykiller, Leute, die einen umlegen würden, ohne überhaupt nachzudenken“, sagte einer der drei von Panorama aufgespürten Ex-MRF-Mitglieder.
„Wir schossen nicht um uns wie im Fernsehen“, sagte ein anderer Zeuge. Man habe die Opfer gezielt ausgesucht und „erledigt.“ „Wenn man es mit jemandem zu tun hat, der ein bekannter Schütze ist, der eine Menge Morde auf seinem Konto hat, dann muss man ihn aus dem Verkehr ziehen.“ Nach britischem Gesetz dürfen Militärangehörige nur dann zur Waffe greifen, wenn unmittelbare Gefahr für das eigene Leben besteht.
Der frühere britische Armeechef, General Mike Jackson, der in den 1970er Jahren in Nordirland im Einsatz war, lobte den „Mut“ der Einheit. „Man braucht dazu sehr viel Courage (…) eine andere Art von Courage als die, die im Eifer des Gefechts verlangt wird.“ Nach BBC-Recherchen wurden in den 18 Monaten der Existenz des Kommandos mindestens zehn Unbewaffnete von den Spezialkräften getötet.
Der Panorama-Bericht platzt mitten in eine Diskussion um eine mögliche Amnestie für Straftaten, die vor dem nordirischen Friedensabkommen von 1998 begangen wurden. Zwischen den Parteien in Nordirland laufen diplomatische Bemühungen um Aussöhnung und eine Beilegung noch offener Streitpunkte. In dem dreißig Jahre währenden Nordirland-Konflikt wurden mehr als 3 500 Menschen getötet.