BND: Beihilfe zu gezielten Tötungen?
(12.08.2013/dpa)
Eine mögliche Beihilfe des BND zu gezielten Tötungen von Terrorverdächtigen durch die USA verschärft den Streit in der Geheimdienst-Datenaffäre. Die SPD verlangt von der Bundesregierung eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe. Der Bundesnachrichtendienst (BND) gibt seit Jahren Handynummern von Terrorverdächtigen an US-Dienste weiter. Der Auslandsgeheimdienst bestreitet aber eine indirekte Beteiligung an gezielten Tötungen etwa durch US-Drohnen in Afghanistan und Pakistan.
Der BND erklärte, die Weitergabe von Mobilfunknummern terrorverdächtiger Personen an ausländische Geheimdienste sei rechtmäßig: „Diese Übermittlungspraxis gibt es im BND seit etwa 2003/2004.“ Der neue BND-Präsident Gerhard Schindler habe dies nicht eigens angeordnet. Die Süddeutsche Zeitung und das NDR-Magazin „Panorama“ berichteten, im BND gebe es erheblichen Widerstand gegen die von Schindler gedeckte umstrittene Praxis.
Nach BND-Darstellung sind die bei der eigenen Auslandsaufklärung gewonnenen und weitergereichten GSM-Mobilfunknummern „für eine zielgenaue Lokalisierung nicht geeignet“. Experten vermuten dagegen, dass solche Daten beim Einsatz von Kampfdrohnen zum Beispiel in Afghanistan, Pakistan oder Somalia zur gezielten Tötung durchaus genutzt werden können. Wenn Daten über einen längeren Zeitraum erhoben würden, seien sie nützlich, um Personen zu orten, sagte der Hamburger Informatikprofessor Hannes Federrath der Süddeutschen Zeitung.
Der Spiegel berichtete, mit den BND-Daten könne der US-Geheimdienst NSA Bewegungsprofile Terrorverdächtiger erstellen, die mit nur wenigen Minuten Verzögerung anzeigten, wo sich Handynutzer aufhalten. Der BND habe gegenüber dem Magazin erklärt: „Die Hilfe bei der Orientierung für militärische Operationen kann nicht ausgeschlossen werden.“
Die Süddeutsche Zeitung erwähnte in diesem Zusammenhang die Tötung eines deutschen Terrorverdächtigen in der pakistanischen Region Waziristan durch einen US-Drohnenangriff 2010. Zuvor sollen deutsche Behörden dessen Handynummer und die seiner Freunde an US-Stellen weitergeleitet haben. Nach BND-Angaben erfolgt die Übermittlung von Mobilfunknummern an nicht genannte Partnerdienste auf der Grundlage des BND-Gesetzes. Dabei werde die Weitergabe der Daten an die Bedingung geknüpft, dass auf ihrer Grundlage nicht gefoltert werde oder eine Verurteilung zum Tode erfolge. Die Daten würden nicht weitergegeben, wenn die „schutzwürdigen Interessen der/des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen“.
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, fordert von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier Aufklärung, ob er als Kanzleramtschef über die Weitergabe von Handynummern informiert war. Notfalls müsse der Generalbundesanwalt tätig werden, sagte Riexinger Handelsblatt Online. Die genannten Daten-Übermittlungen durch den BND sollen zur Zeit der rot-grünen Bundesregierung begonnen haben.