Beteiligung an Straftaten: BKA bestätigt Einsatz eines Briten als verdecktem Ermittler
(28.01.2011/dpa)
Der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, bestätigte am Mittwoch im Bundestags-Innenausschuss, dass ein verdeckter britischer Ermittler unter anderem beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm (Mecklenburg-Vorpommern) eingesetzt war. Das berichteten Teilnehmer der vertraulichen Ausschusssitzung. Grüne und Linke verlangen nun weitere Aufklärung von der Bundesregierung.
Medien hatten berichtet, dass der Polizist namens Mark Kennedy jahrelang verdeckt militante Protestgruppen in ganz Europa ausspionierte.(1) Nach Angaben der britischen Zeitung Guardian lebte der Mann seit 2003 unter dem Namen Mark Stone und horchte britische Klimaaktivisten, aber auch linke Gruppen in anderen europäischen Ländern aus. Im Zuge einer Protestaktion von Aktivisten am britischen Kraftwerk Ratcliffe-on-Soar im April 2009 flog er auf.
BKA-Chef Ziercke habe betont, dass der Einsatz in Deutschland in der Verantwortung der Landespolizeien gelegen habe, hieß es. Mecklenburg-Vorpommern habe mit den britischen Stellen einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen. Baden-Württemberg habe eine ähnliche Vereinbarung mit den Briten getroffen. Auch in Berlin hielt sich Kennedy den Angaben zufolge auf – angeblich aber nicht, um über die dortige linke Szene zu berichten.
Laut Ziercke sei Kennedy zwei Mal strafrechtlich in Deutschland aufgefallen, berichteten die Ausschussteilnehmer. In Heiligendamm beteiligte sich Kennedy an einer Straßenblockade – in Berlin war er in eine Brandstiftung an einem Müllcontainer involviert. Der Spiegel hatte kürzlich berichtet, dass Kennedy sexuelle Kontakte zu mehreren Frauen aus der linken Szene hatte. Ziercke habe betont, dass dies gegen die Regeln für den Einsatz verdeckter Ermittler sei.
Nach Angaben von Spiegel Online forderte der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele die Bundesregierung auf, darzulegen, welche Aufträge Kennedy genau erteilt worden sind. Ströbele sagte am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa, es sei beispielsweise unklar, ob der Mann von britischen oder auch von deutschen Stellen bezahlt worden sei. Zudem verlangte Ströbele „klare Regeln“ für den Einsatz verdeckter Ermittler. „Hier muss die Bundesregierung auch gesetzgeberisch tätig werden.“
Ströbele erinnerte daran, dass für deutsche verdeckte Ermittler strenge Regeln gelten. Möglicherweise habe man versucht, diese zu umgehen, indem ein Polizist aus Großbritannien eingesetzt worden sei. Die Regeln müssten europaweit angeglichen werden, forderte er. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte Spiegel Online: „Was den Einsatz von ausländischen V-Männern angeht, haben wir eine massive rechtliche Grauzone.“ Ein Mann wie Kennedy hätte nie in Deutschland eingesetzt werden dürfen. „Ein Polizeibeamter darf niemals Straftaten begehen.“
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sieht ebenfalls weiteren Aufklärungsbedarf – insbesondere zur Frage, inwieweit Kennedy linke Aktivisten zu Straftaten angestachelt haben könnte. „Der Verdacht, dass Kennedy sich als ‚Agent Provocateur’ an Straftaten beteiligt hat, ist nach der heutigen Sitzung nicht ausgeräumt“, sagte sie. Jelpke bezeichnete es als „ungeheuerlich“, dass „legale und legitime“ Protestbewegungen über Jahre hinweg bespitzelt worden seien.