Bericht: US-Basis in Wiesbaden seit 2022 „Backoffice“ der ukrainischen Streitkräfte
Umfassender Bericht der New York Times bestätigt maßgebliche militärische Beteiligung der Nato am Krieg in der Ukraine / Strategische Planung der ukrainischen Streitkräfte durch US-Generäle / US-Geheimdienste kalkulierten mit russischem Atomwaffeneinsatz
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)
Generäle der Vereinigten Staaten und westliche Geheimdienste sollen für einen Großteil der strategischen Planung und der Einsätze der ukrainischen Armee gegen Russland verantwortlich sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine umfangreiche Recherche der US-Tageszeitung „New York Times“ (NYT). Sie beruht auf 300 Interviews mit Regierungs-, Militär- und Geheimdienstvertretern in der Ukraine, den Vereinigten Staaten sowie weiteren Nato-Partnern. Die westliche Beteiligung beziehe sich dabei nicht nur auf Einsätze in der Ukraine, sondern auch auf solche in Russland.
Demnach sei der Einsatz der ukrainischen Streitkräfte im Krieg mit Russland bereits zu Beginn mit der Lieferung von US-amerikanischen M777-Artilleriebatterien (Reichweite 25 Kilometer) von dem in Wiesbaden stationierten 18. US-Luftlandekorps koordiniert worden. Spätestens mit der Lieferung von US-Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystemen vom Typ HIMARS mit einer Reichweite von 80 Kilometern habe sich die Operationszentrale in Wiesbaden zum „gesamten Backoffice des Krieges“ weiterentwickelt.
Jeder HIMARS-Schlag sei von Wiesbaden beaufsichtigt worden. Um einen Sprengkopf abzufeuern, hätten die Bediener vor Ort eine spezielle elektronische Schlüsselkarte benötigt, die das US-Militär jederzeit habe deaktivieren können. Fast wöchentlich habe es HIMARS-Treffer gegeben, die der Zeitung zufolge 100 oder mehr russische Tote oder Verwundete zur Folge gehabt hätten. Auch Drohnenangriffe auf die russische Schwarzmeerflotte sowie auf russische Munitionsdepots bis über 450 Kilometer hinter der Grenze seien mit Unterstützung der CIA durchgeführt worden. Laut NYT ging die Versenkung des russischen Kriegsschiffs „Moskwa“ im April 2022 ebenfalls auf Zieldaten der US-Armee zurück. Allerdings habe das ukrainische Militärkommando die US-Verantwortlichen nicht darüber informiert, dass es das Flaggschiff der Russischen Schwarzmeerflotte mithilfe der von den USA gelieferten Positionsinformationen angreifen werde, heißt es im Artikel.
Mit den strategischen Planungen seien der NYT zufolge die US-Generäle Christopher Cavoli, Christopher Donahue sowie – mit Beginn der ukrainischen Gegenoffensive 2023 – Antonio Aguto betraut worden. Des Weiteren heißt es in dem Bericht, seien CIA-Mitarbeiter sowie US-Militärberater nicht nur in der ukrainischen Hauptstadt Kiew tätig gewesen, sondern auch in der Nähe der Kampfhandlungen. Ein europäischer Geheimdienstchef, den die Zeitung zitiert, sei „erstaunt“ gewesen, wie tief die Nato in ukrainische Angriffe verstrickt war.
In „gewisser Weise“ sei die Ukraine ein „Rückspiel“ in einer langen Geschichte von Stellvertreterkriegen zwischen den USA und Russland, schreibt der Autor des Beitrags. Es handele sich auch um ein „großes Experiment in der Kriegsführung“, das nicht nur den Ukrainern helfen, sondern auch den US-Amerikanern „Lehren für künftige Kriege“ liefern würde. Die US-Geheimdienste hätten zu Beginn des Krieges die Wahrscheinlichkeit, dass Russland in der Ukraine Atomwaffen einsetzen könnte, auf fünf bis zehn Prozent geschätzt. Als sich die russische Armee Ende 2022 hinter den Fluss Dnjepr zurückgezogen und die CIA Drohnenangriffe auf den russischen Schwarzmeerhafen Sewastopol unterstützt habe, sei die Wahrscheinlichkeitsschätzung der US-Verantwortlichen auf 50 Prozent gestiegen. Trotzdem hätten Cavoli und Donahue die Ukrainer aufgefordert, weiter vorzurücken.
Auch die Forderungen nach weitreichenderen Waffensystemen seien, den Recherchen der NYT zufolge, nicht primär von ukrainischen Akteuren ausgegangen. Vielmehr hätten die US-Generäle Cavoli und Donahue vom US-Verteidigungsministerium die Lieferung von HIMARS an die Ukraine gefordert. Cavoli und Aguto empfahlen demnach auch die Lieferung von ballistischen US-Kurzstreckenraketen vom Typ ATACMS mit einer Reichweite von 300 Kilometern, um vornehmlich Ziele auf der Krim anzugreifen. Die Darstellung der New York Times widerspricht damit unter anderem der offiziellen Verlautbarung des Bundesverteidigungsministeriums, wonach die Nato „nicht militärisch“ in das Kriegsgeschehen eingreift.
Dmitri Peskow, Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, betonte, dass Russland seit langem erkläre, Großbritannien und die Vereinigten Staaten seien maßgeblich in den Konflikt in der Ukraine verwickelt, insbesondere seit dem Staatsstreich in Kiew im Jahr 2014. Die russischen Erklärungen untermauerten die Aussagen in dem Beitrag, sagte Peskow. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, die Bundesregierung gehe davon aus, „dass sich die amerikanischen Partner auch auf den Truppenstützpunkten, die sie hier in Deutschland betreiben, nach Recht und Gesetz verhalten“. Laut Zwei-plus-Vier-Vertrag (Artikel 2) darf „von deutschem Boden nur Frieden ausgehen“. Offizielle Stellungnahmen aus Washington und Kiew zum NYT-Bericht sind nicht bekannt.