Deutsche Technologie in Kasachstan

Baerbocks absurde Pläne für grünen Wasserstoff aus Kasachstan

Teuer, umweltschädlich und unnütz – so ließen sich Deutschlands Pläne zusammenfassen. Nach dem Willen von Außenministerin Annalena Baerbock soll Deutschland künftig grünen Wasserstoff aus Kasachstan beziehen. Die dafür benötigten Anlagen will Baerbock großzügig aus EU-Mitteln finanzieren. Und sie hat deutsches Know-how versprochen. Aus kasachischer Perspektive sind die deutschen Ambitionen allerdings völlig absurd.

Annalena Baerbock beim Antrittsbesuch in Kasachstan – zusammen mit Amtskollege Muchtar Tleuberdi. Im Gepäck hat sie “einen Deal”, den kasachische Experten für völlig absurd halten.
Foto: Ministry of Foreign Affairs Kasachstan, Mehr Infos

Bei ihrem Antrittsbesuch in Kasachstan vor einem Monat hat Annalena Baerbock ihrem kasachischen Amtskollegen Muchtar Tleuberdi angeboten, die Wirtschaftskooperation der beiden Länder zu intensivieren, und zwar „fair, auf Augenhöhe, ohne Knebelkredite und ohne versteckte Agenda“. Mit deutscher Hilfe solle die zentralasiatische Republik ihr enormes Potential für die Produktion erneuerbarer Energien nutzbar machen und zu einem der weltweit führenden Produzenten von grünem Wasserstoff werden. Die „gemeinsame nachhaltige Zukunft“ sehe sie in dem Wasserstoffprojekt am Kaspischen Meer, wo ab 2030 durch Elektrolyse des Meereswassers drei Millionen Tonnen grünen Wasserstoffs produziert werden könnten, so Baerbock. Die dafür benötigte Energie würde in einem Windpark von der Größe Brandenburgs produziert werden, für dessen Entwicklung ein deutsches Unternehmen sich bereits den Auftrag gesichert hat. Aus reiner Nächstenliebe ist Baerbock mit ihrem Angebot natürlich nicht nach Kasachstan gereist – mit dem grünen Wasserstoff, der dort produziert werden soll, will die Politikerin Deutschlands saubere Energieversorgung sichern. Doch was hat Kasachstan davon?

Das Riesenreich zwischen Russland und China verfügt über enorme Rohstoffvorkommen – Öl, Gas, Schwarzmetalle, Kupfer, Uran. Auch Kohle gibt es im Überfluss. Mit seinen Rohstoffen kann das Land nicht nur den eigenen Bedarf decken, sondern auch große Mengen exportieren, vor allem nach China. In erneuerbare Energien zu investieren, ist für den Eigenbedarf also nicht vonnöten. An lukrativen Geschäftsverbindungen und ausländischen Investitionen mangelt es ebenfalls nicht. Weswegen also sollte Kasachstan den Aufwand betreiben, die Produktion von grünem Wasserstoff anzugehen?

In einer Talkshow des kasachischen Mediums ZonaKZ diskutierten der Moderator Wladislaw Jurizin und der Energiemarktanalyst Sergej Smirnow genau diese Frage. 1 Wasserstoff als Energieträger habe viele Vorteile, räumte der Energie-Experte Smirnow eingangs ein. Einer der größten Vorteile sei, dass er viel Energie liefere. Die Herstellung von grünem Wasserstoff verbrauche jedoch zu viel Wasser und Energie, weshalb weltweit nur zwei Prozent des Wasserstoffs auf diese Weise gewonnen würden. Vor diesem Hintergrund entspreche das europäische Vorhaben, die Produktionsmenge des grünen Wasserstoffs allein in Kasachstan um zwanzig Prozent zu erhöhen, nicht den kasachischen Produktions- und Umweltbedingungen. Eine Tonne grünen Wasserstoffs brauche zudem 18 Tonnen Süßwasser. Weil das Werk aber in Mangghystau, im Westen des Landes stehen solle, müsse dafür das Wasser des Kaspischen Meeres verwendet und erst aufwendig entsalzen werden. Für den Entsalzungsprozess müsse ein Teil der Energie, die in dem benachbarten Windpark entstehen soll, aufgewendet werden. Der andere Teil würde unmittelbar für die Elektrolyse gebraucht. Vor diesem Hintergrund werde schnell klar, dass das Projekt nicht nur aufwendig und teuer sein würde, sondern auch umweltschädlich. Der Meeresspiegel des Kaspischen Meeres sinke ohnehin, und riesige Windkraftanlagen würden nicht nur die Landschaft verschandeln, sondern auch den Lebensraum zahlreicher Tiere und Vögel bedrohen.

„Wenn wir annehmen, dass Politiker, die mit solchen Vorschlägen hierherkommen, keine Idioten sind, und zugleich diese wahnsinnigen Zahlen und Fakten sehen – wie können wir dann erklären, warum sie diese Vorschläge trotzdem unterbreiten und warum unsere Beamten darauf eingehen“, warf der Moderator ein. Kasachstan habe schon so vieles versprochen, lachte der Analyst. Man habe Europa mit kasachischem Honig und Kumys fluten wollen und China mit 60.000 Tonnen Fleisch eindecken – umgesetzt worden sei davon natürlich nichts. Für das Megaprojekt am Kaspischen Meer sieht Smirnow eine ganz ähnliche Zukunft voraus. Die Motivation der europäischen Seite erklärt sich der Experte damit, dass die EU Russland „eins auswischen“ wolle, also das Signal senden, dass man auf russische Energie nicht angewiesen sei. Damit die Verbraucher in Europa aber in den Genuss des in Kasachstan produzierten grünen Wasserstoffs kämen, müsste dieses dort erst einmal ankommen. Wenn man sich vergegenwärtige, unter welchen Bedingungen grüner Wasserstoff transportiert werden müsste, werde einem klar, dass das kaum umsetzbar sei. Während Flüssiggas bei -163 Grad transportiert werde, liege die erforderliche Temperatur im Fall des grünen Wasserstoffs bei -253 Grad, so Smirnow. Bei einem Leck an einer Wasserstoffpipeline – die es momentan nirgendwo auf der Welt gibt – würde Sauerstoff kondensieren. Das Risiko für die Entstehung eines Lecks sei bei einer so langen Strecke hoch. Bei Methangas gebe es solch lange Pipelines auch nicht, gibt der Experte zu bedenken. Auch der Transport per Schiff über das Kaspische Meer würde Gefahren bergen.

Wenn man alle diese Punkte bedenke, gebe es für den gesunden Menschenverstand keine Erklärung für die Motivation hinter einem solchen Projekt, als das erwähnte Signal an Russland, fasst Smirnow zusammen. Die EU habe momentan auch gar nicht das Budget, um sich ein Vorhaben dieser Größe leisten zu können, und wenn sie Geld nachdruckte, würde sie der eh schon grassierenden Inflation weiteren Auftrieb geben. So seien wegen der Inflation einzelne Komponenten, die für den Bau von Windparks und Solaranlagen benötigt würden, im Laufe dieses Jahres um 27 Prozent teurer geworden. Statt einen teuren Windpark zu bauen, mit dem die Anlage zur Wasserstoffgewinnung betrieben werden soll, und einfach vorhandene Energieträger wie Kohle zu nutzen, würde den Wasserstoff aber nicht mehr „grün“ machen, und das passt nicht zu den Nachhaltigkeitsplänen der Europäer. „Wie soll man dieses Vorhaben bezeichnen“, fragt Moderator Jurizin. „Wenn nicht absurd, dann fantastisch.“ Und welche anderen Ideen könne man von Leuten erwarten, die solche Vorschläge machten? „Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, befindet Energiemarkt-Analyst Smirnow.

1https://www.youtube.com/watch?v=8YXHwblIuzU

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