Baerbock: EU-Länder wollen hunderte Milliarden Euro für eigene und ukrainische Aufrüstung ausgeben
Europäische Union plant laut deutscher Außenministerin beispielloses Finanzpaket für Militärausgaben / Absicht soll erst nach Bundestagswahl bekannt gegeben werden / Von der Leyen: Verschuldungsregeln könnten außer Kraft gesetzt werden
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)
Die Europäische Union (EU) bereitet ein vermutlich Hunderte Milliarden Euro umfassendes Finanzpaket zur „Erhöhung der Verteidigungsausgaben und zur Unterstützung Kiews“ vor. Das berichtet die US-Nachrichtenagentur „Bloomberg“ unter Berufung auf ein Interview mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Um eine Kontroverse in Deutschland zu vermeiden, sollen „Bloomberg“ zufolge die Ausgabenpläne erst nach der Bundestagswahl (23. Februar) bekannt gegeben werden.
Demnach sollen „in naher Zukunft“ Mittel für die beschleunigte Militarisierung Europas und für die Aufrüstung der Ukraine in einer Größenordnung bereitgestellt werden, die es im militärischen Zusammenhang laut Baerbock „in dieser Dimension noch nie gegeben hat“. Es sei nur mit den Finanzpaketen zum Kampf gegen die Euro- und die Corona-Krise vergleichbar. Der EU standen „724 Milliarden Euro verteilt über sechs Jahre als Corona-Wiederaufbauhilfe zur Verfügung, teils als Darlehen, teils als direkte Finanzhilfe“, wie die Tagesschau im Jahr 2024 meldete. Es könnte deshalb diesmal ebenfalls um rund 700 Milliarden Euro gehen, schlussfolgert die Berliner Zeitung, die über die Barbock-Aussagen berichtete.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am 16. Februar den Bundestag aufgefordert, zur Unterstützung der Ukraine eine haushaltspolitische Notlage zu beschließen, um die Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen. Der Abgeordnete Anton Hofreiter (Grüne) sprach am Dienstag (18. Februar) von einen 500 Milliarden schweren Verteidigungsfonds für die Unterstützung der Ukraine sowie für die gemeinsame Rüstungsbeschaffung in der EU.
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine haben EU-Länder Baerbock zufolge 134 Milliarden Euro an Kiew gezahlt. Der deutsche Anteil daran betrage 44 Milliarden Euro. Baerbock hatte im November 2024 öffentlich eingeräumt, dass die finanzielle Unterstützung der ukrainischen Regierung zur Kürzung staatlicher Leistungen für deutsche Bürger geführt hat. So seien etwa Gelder für frühkindliche Bildung und für die Modernisierung der Deutschen Bahn gestrichen worden. Eine Multipolar-Recherche zum Bundeshaushalt gelangte zu dem Fazit, dass die Ukraine-Ausgaben der Bundesregierung durch „Steuern auf stark angestiegene Verbraucher- und Energiepreise, Kürzungen im Sozialbereich sowie als ‚Sondervermögen‘ kaschierten neuen Schulden finanziert“ werden.
Acht europäischen Staats- und Regierungschefs hatten am Montag (17. Februar) in Paris eine Aufstockung ihrer Militärhaushalte besprochen – dies mit dem Ziel, langfristig auch militärisch von den Vereinigten Staaten unabhängig zu werden, wie das Magazin „German Foreign Policy“ berichtete. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz ebenfalls mehr Geld für Aufrüstung gefordert. Dieser Kurs existierte grundsätzlich allerdings schon zuvor, wie die friedenspolitische Organisation „Informationsstelle Militarisierung“ im April 2024 deutlich machte. Demnach unternahm die EU-Kommission Anfang März 2024 mit zwei neuen Papieren, der „European Defence Industrial Strategy“ (EDIS) und dem „European Defence Industry Programme“ (EDIP) „einen weiteren großen Schritt in Richtung Kriegswirtschaft“.
Die „Nachdenkseiten“ wiesen darauf hin, dass noch unklar sei, woher die von Baerbock angekündigten Milliardensummen kommen sollen. Es bahne sich hierbei jedoch eine „Revolution“ an, denn offenbar wolle die EU für Rüstungsausgaben erstmals eine Ausstiegsklausel aus den EU-Haushaltsregeln verkünden. „Jedes Land könnte sich unabhängig von den Neuverschuldungsregeln für militärische Ausgaben so hoch verschulden, wie es will“, heißt es in dem Artikel. Dies hatte von der Leyen auf der Münchener Sicherheitskonferenz ebenfalls schon angekündigt. Der französische Minister für europäische Angelegenheiten Benjamin Haddad schlug bereits die Einführung von gemeinsamen EU-Anleihen („Eurobonds“) für Rüstungsausgaben vor. Der französische Präsident Emmanuel Macron und CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz seien offen dafür.
Der ungarische Diplomat György Varga schrieb dazu: „Die Frage ist, was das Ziel des politischen Westens ist: Geht es darum, keinen Krieg mehr zu führen, oder geht es darum, die Bedingungen für die Wiederaufnahme des Krieges für die kommenden Jahrzehnte zu schaffen?“ Die größte Gefahr für Europa bestehe darin, dass EU-Politiker nicht bereit seien, ihre Ziele und Strategien anzupassen, obwohl sich die internationalen Rahmenbedingungen durch den Wechsel in der US-Führung geändert hätten. Alexej Drobin vom Russischen Außenministerium sagte in einem Interview, viele europäische Politiker hätten noch immer nicht verstanden, dass sie ihre Ziele gegenüber Russland nicht mit militärischen Mitteln erreichen können.