Asse: Atommüll-Rückholung soll nicht vor 2033 beginnen

(05.03.2014/dpa)

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat Erwartungen an eine rasche Rückholung des Atommülls aus der maroden Asse bei Wolfenbüttel gedämpft. „Mit der Umsetzung der Rückholung kann aus heutiger Sicht erst 2033 begonnen werden“, sagte sie am Dienstag bei einer Besichtigung des früheren Salzbergwerks. Das sei eine Herausforderung noch für die nächste Generation. Damit bezog sie sich auf Zeitschätzungen des für das Bergungsprojekt zuständigen Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Es wird mit Kosten von mehreren Milliarden Euro gerechnet.

Fraglich ist, ob die bis 1978 hier eingelagerten rund 126 000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall überhaupt noch zu bergen sind. In die Asse dringen täglich rund 12 000 Liter Wasser ein. Deshalb und wegen Bewegungen im Untergrund ist unklar, wie lange sie noch stabilisiert werden kann. „Jede Zeitprognose ist derzeit auf ganz dünnem Sand gebaut“, betonte der Präsident des BfS, Wolfram König. Wie lange die eigentliche Rückholung dauern könnte, sei bisher völlig unklar.

Seit 2012 laufen Probebohrungen, um zu erkunden, wie es hinter den 13 Atommüll-Kammern aussieht, die mit einer teils über 20 Meter dicken Betonschicht verschlossen sind. Da nach dem Atomrecht gearbeitet wird, sind stets strenge Strahlenschutzanforderungen zu erfüllen. Das BfS vermutet, dass viele Fässer, in denen sich der Abfall befand, durch den Bergdruck zerborsten sind. Sollte sich der radioaktive Müll im Salz verteilt haben, steigt die zu bergende Menge. Zudem soll bis 2028 ein neuer Schacht zur Bergung gebaut werden – und es braucht ein riesiges oberirdisches Zwischenlager.

Die Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung (GSF) hatte die Asse 1965 im Auftrag der Bundesrepublik für 900 000 D-Mark erworben, um ein Endlager oder ein Forschungsbergwerk einzurichten. König kritisierte, dass die Asse niemals hätte als ein Atommüll-Endlager genutzt werden dürfen. Anwohner befürchten, dass sich der Atommüll durch den Druck verteilt und die Umwelt verseuchen könnte.

Grundstücke in der Region haben massiv an Wert verloren und lassen sich kaum noch verkaufen. Hendricks stellte einen finanziellen Lastenausgleich für die Region in Aussicht. Ihren Plänen zufolge sollen jährlich 500 000 Euro fließen. Der Asse-Fonds wäre auf 20  Jahre angelegt, so dass der Region insgesamt 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt würden.

„Es gibt noch einen Haushaltsvorbehalt, deswegen kann ich das noch nicht abschließend zusagen“, erklärte die Umweltministerin.

Selbst wenn der Fond eingerichtet werden sollte, sei die Summe „völlig unzureichend“, sagte  Armin Maus, Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung, gegenüber Deutschlandradio Kultur.

„Ich muss sagen, da wunder ich mich tatsächlich über unsere Bundesregierung, nicht nur über diese, sondern auch die davor amtierenden, dass man keine roten Ohren kriegt, wenn man solche Zahlen in den Raum stellt.“ (1)

Ein 2013 vom Bundestag beschlossenes Beschleunigungsgesetz erlaubt nun, parallel zur Faktenerhebung schon mit den Planungen etwa für den neuen Schacht und das Zwischenlager zu beginnen. Hendricks bekannte sich trotz des langen Zeithorizonts und der jetzt schon für die Arbeiten anfallenden Kosten von jährlich 120 Millionen Euro zum Plan der Rückholung. „Ich glaube daran“, sagte sie.

Die Landeszeitung aus Lüneburg zeigt sich angesichts des Besuchs der Ministerin skeptisch: „Das marode Atommülllager Asse steht seit Jahrzehnten auf dem Pflichtbesuchs-Programm aller neuen Umweltminister. Das Ergebnis ist stets gleich: Ein ministeriales Foto im weißen Schutzanzug fürs Album und ein Achselzucken. Auch Barbara Hendricks macht da keine Ausnahme. Immerhin lässt sie sich den ebenso erkenntnisarmen Satz ‚Vor 2033 wird’s wohl nichts‘ entlocken.“

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