Aufarbeitung der Corona-Krise

Armin Laschet: „Wir müssen alles offenlegen“

Leitmedien berichten über RKI-Dokumente / Ex-Kanzlerkandidat Laschet fordert Selbstkritik von Politik und Presse sowie mehr politische Unabhängigkeit des RKI

Armin Laschet zu seiner Zeit als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (Archivfoto von 2021).
Foto: Olaf Kosinsky, Lizenz: CC BY-SA, Mehr Infos

(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar, Hintergrund hat am Ende einen Absatz ergänzt)

Die von Multipolar freigeklagten Protokolle aus dem Krisenstab des Robert Koch-Instituts (RKI) sind mittlerweile auch Thema in Politik und Leitmedien. Auf einen Bericht des ZDF vom 23. März hin fand das Thema Eingang in die Berichterstattung reichweitenstarker Sender und Zeitungen. Der CDU-Politiker Armin Laschet forderte bereits Konsequenzen aus den Enthüllungen.

„Wir müssen alles offenlegen“, sagte der Ex-Kanzlerkandidat im Interview mit dem ZDF-Heute-Journal am gestrigen Sonntag (24. März). Die veröffentlichten Protokolle zeigten, wie „differenziert“ im RKI diskutiert worden sei „und wie wenig von dieser Meinungsvielfalt am Ende in die konkrete Politik eingemündet ist“. Es müsse Politiker nachdenklich machen, wie sie in der Krise agiert hätten, kritisierte Laschet, der von 2017 bis 2021 Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens war. Andere wissenschaftliche Positionen hätten in die politische Debatte viel stärker einbezogen werden müssen.

Das RKI, das eine Behörde des Bundesgesundheitsministeriums ist, müsse „auf jeden Fall unabhängiger“ werden, forderte er. Das Institut hätte seine internen Debatten in der Corona-Krise „aussprechen müssen“. Stattdessen habe es „nur eine einzige Meinung“ gegeben, die öffentlich als richtig anerkannt wurde, kritisierte Laschet. Dabei machten die Protokolle klar, dass beispielsweise FFP2-Masken im RKI nur als Arbeitsschutz, aber nicht als Mittel gegen Virenübertragung betrachtet wurden. „Weniger politischer Einfluss und mehr wissenschaftliche Vielfalt“ seien für die Zukunft wichtig.

Laschet forderte zudem die Presselandschaft zu Selbstkritik auf. Dass die RKI-Protokolle vom kleinen Online-Magazin Multipolar und nicht von großen Medien gerichtlich eingeklagt wurden, zeige die Inaktivität der „Qualitätsmedien“ bei der Aufklärung regierungsinterner Vorgänge. „Damals gab es auch medial eine überwiegende Position, wo man nicht kritisch hinterfragt hat, was Politik macht“, unterstrich Laschet. Es brauche eine „neue Dialogkultur“, die Fehler zugestehe. Noch immer würden Diskussion „viel zu aggressiv ohne Respekt vor anderen Meinungen“ geführt.

Ein ähnlicher Vorstoß kam am gestrigen Sonntag (24. März) von ARD-Journalist Georg Restle: „Wer die Corona-Protokolle des RKI ignoriert, macht seinen Job nicht richtig“, schrieb er auf der Plattform „X“ (früher: Twitter). Medien hätten „noch jede Menge selbstkritisch aufzuarbeiten“, heißt es weiter im Tweet des Redaktionsleiters des ARD-Magazins „Monitor“.

Vergangenen Samstag (23. März) hatte das ZDF als erstes großes Medium über die RKI-Protokolle berichtet: „Die Dokumente zur Corona-Pandemie könnten politische Sprengkraft haben“, heißt es in dem Beitrag. Die Autorin bezeichnete die Grundlage für den ersten Lockdown 2020 und die daraus folgenden schweren Konsequenzen als „fragwürdig“. Andere Medien wie die Neue Zürcher Zeitung, der Spiegel, T-online, der Focus, die Frankfurter Allgemeine und der Fernsehsender n-tv griffen daraufhin das Thema auf. Bislang kündigte allerdings lediglich der Nordkurier an, die von Multipolar veröffentlichten Dokumente in einem Dossier journalistisch aufarbeiten zu wollen.

T-Online.de berichtet heute von einer Antwort auf eine Anfrage beim RKI, die sich auf die Person bezog, die laut der Protokolle im März 2020 eine neue Risikobewertung freigeben sollte. Dabei handele es sich „um eine beim Robert Koch-Institut beschäftigte Person“ und nicht um einen Externen, heißt es.  Gegenüber dpa ergänzte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: „Es gab also keine politische Weisung, auf die das RKI hier reagiert hätte.” Wenn es in den Papieren Schwärzungen gebe, betreffe dies meistens Mitarbeiter, die vor der Öffentlichkeit geschützt werden müssten. Die neue Risikobewertung habe mit den steigenden Fallzahlen zu tun gehabt, heißt es in dem Bericht. Multipolar hatte berichtet, dass es für diese neue Risikobewertung keine Dokumente gibt.

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