BRICS-Gipfel

Annäherungen und Ablehnungen beim BRICS-Gipfel in Kasan

Vorerst keine Einführung eines gemeinsamen Zahlungssystems / Diplomatische Annäherung zwischen China und Indien / Aufnahme der Türkei gescheitert

(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)

Der dreitägige BRICS-Gipfel in der russischen Stadt Kasan ist am Donnerstag (24. Oktober) mit zum Teil unerwarteten Ergebnissen zu Ende gegangen. Die Einführung des internationalen Zahlungssystems „BRICS Bridge“, eine Alternative zum westlich kontrollierten „SWIFT“, wurde vorerst nicht beschlossen. Die Aufnahme der Türkei in das Staatenbündnis ist offenbar aufgrund des Vetos Indiens wegen der guten Beziehungen Ankaras zu Pakistan gescheitert. Das erste bilaterale Treffen zwischen Chinas Staatspräsident Xi Jinping und Indiens Premierminister Narendra Modi nach einem bewaffneten Konflikt der beiden Staaten im Himalaja 2020 kann als diplomatischer Erfolg des Gipfels bewertet werden.

Die Einführung einer gemeinsamen BRICS-Währung wurde von den Teilnehmerländern bereits vor dem Gipfel nicht erwartet. Unter anderem hatte Indien eine gemeinsame Währung kategorisch ausgeschlossen und will eine derartige Option nur unter der Voraussetzung verfolgen, dass China nicht teilnimmt. Die Verwendung von Landeswährungen bei Finanztransaktionen zwischen den BRICS-Ländern und ihren Handelspartnern wurde hingegen von allen Mitgliedern befürwortet.

Hinsichtlich einer Alternative zum SWIFT-System hatte Walentina Matwijenko, Vorsitzende des russischen Föderationsrates, im August erklärt, die Schaffung einer digitalen Abwicklungs- und Zahlungsplattform namens „BRICS Bridge“ befände sich „in einem guten Stadium der Vorbereitung“. Die Mitglieder kamen in ihrer Abschlusserklärung nun überein, die Durchführbarkeit der Einrichtung einer „unabhängigen grenzüberschreitenden Abwicklungs- und Verwahrungsinfrastruktur“ („BRICS Clear“) sowie einer „unabhängigen Rückversicherungskapazität der BRICS-Länder, einschließlich einer BRICS-(Rück-)Versicherungsgesellschaft, zu erörtern und zu untersuchen“. Die Teilnahme soll auf freiwilliger Basis erfolgen.

Xi Jinping und Narendra Modi haben sich auf dem Gipfel erstmals seit Jahren zu offiziellen Gesprächen getroffen. Beide wollen nun verstärkt kooperieren, kündigten sie an. Die zwischenstaatlichen Beziehungen zwischen Indien und China sind „wichtig für die Menschen unserer Länder sowie für den regionalen und weltweiten Frieden und die Stabilität“, schrieb Premierminister Modi. Staatspräsident Xi sagte, beide Länder sollten sich gegenseitig bei der Verwirklichung ihrer Entwicklungsbestrebungen unterstützen. Kurz vor dem Treffen in Kasan hatten indische und chinesische Delegationen einen seit Jahren schwelenden Grenzstreit entschärft, indem sie eine Vereinbarung unterzeichneten, die Patrouillen entlang der tatsächlichen Kontrolllinie in der umstrittenen Himalaja-Region regelt. Auch die Konfliktparteien Armenien und Aserbaidschan sind durch ein Treffen der beiden Staatsführer auf dem BRICS-Gipfel in Kasan einem Friedensschluss näher gekommen, berichten internationale Medien.

Bereits im August hatten die BRICS-Mitglieder einen Aufnahmestopp neuer Staaten erklärt und angekündigt, auf dem Gipfel in Kasan ein neues Partnerschaftsmodell vorzustellen. 13 Ländern wurden auf dem Treffen in die neue Gruppe der BRICS-Partnerländer aufgenommen: Algerien, Bolivien, Kuba, Indonesien, Kasachstan, Malaysia, Nigeria, Thailand, Türkei, Uganda, Usbekistan, Vietnam und Weißrussland. Die beiden lateinamerikanischen Staaten Venezuela und Nicaragua sind hingegen – offenbar auf Wunsch Brasiliens – von der Liste der Partnerländer gestrichen worden. Aus fast allen Partnerländern sowie anderen interessierten Beitrittsländern waren entweder die Regierungschefs oder hochrangige Vertreter der Regierungen angereist. Auch UN-Generalsekretär António Guterres war vor Ort.

Das SPD-nahe „IPG-Journal“ betont, der russische Präsident Wladimir Putin habe vor dem Gipfel erklärt, dass BRICS „eine nichtwestliche, aber keine antiwestliche Gruppe“ sei. Es sei zudem kein Zufall, dass Russland das Treffen im muslimisch geprägten Kasan veranstaltet hat, erklärt das Magazin der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Wahl des Ausrichtungsortes sei eine Geste gegenüber dem asiatischen Kontinent und der islamischen Welt, wo Russland auf wichtige Verbündete zählen kann. Als gemeinsamer Nenner nach dem Gipfel in Kasan bleibe festzuhalten, dass „bei allen Unterschieden und Differenzen zwischen den Mitgliedern und Partnern“ BRICS eine Koalition von „größtenteils aufstrebenden Mittelmächten“ sei, die „die westliche Vormacht“ vor allem in der globalen Handels- und Finanzarchitektur überwinden und eine größere „Stimmendiversität in der Weltpolitik“ erreichen wollen.

Drucken

Drucken

Teilen