Aufarbeitung der Corona-Krise

AfD-Antrag für Corona-Aufarbeitung bislang ohne Unterstützung

Keine Mehrheit für Expertenanhörung / CDU und FDP bremsen und halten sich bedeckt / BSW fordert weiter Untersuchungsausschuss

Maskenpflicht im Freien und das Testregime: Zwei Aspekte aus dem Katalog der Corona-Maßnahmen, die aufgearbeitet werden müssen.
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(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)

Im Gesundheitsausschuss des Bundestages fand am Mittwoch (15. Mai) der Antrag der AfD-Fraktion keine Mehrheit, eine öffentliche Expertenanhörung zur Frage durchzuführen, ob und wie eine Enquete-Kommission die Corona-Zeit aufarbeiten solle. Die Vertreter der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP stimmten in der nichtöffentlichen Sitzung gegen eine solche Anhörung, CDU/CSU, Linke und BSW enthielten sich.

Auf Antrag der AfD war die Einsetzung einer Enquete-Kommission zuvor bereits im Bundestag diskutiert worden, ausgelöst durch die Veröffentlichung der teilgeschwärzten RKI-Protokolle durch Multipolar. Der Gesundheitsausschuss befasste sich nun erstmals mit dem Antrag der AfD. Martin Sichert, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, teilte nach der Entscheidung mit, seine Partei würde es „sehr bedauern“, dass die anderen Fraktionen „offensichtlich kein Interesse an einer systematischen Aufarbeitung der Corona-Zeit“ hätten. Gegenüber Multipolar erklärte Sichert, eine Debatte dazu habe im Ausschuss nicht stattgefunden, es habe keine Wortmeldungen der anderen Parteien zum Antrag der AfD gegeben.

Die FDP hatte selbst eine Enquete-Kommission gefordert. In der Bundestagsdebatte vom 24. April erklärten die Vertreter der Partei, eine Enquete-Kommission sei „das richtige Mittel, um eine umfassende und unabhängige Bewertung durchzuführen“. Eine Nachfrage von Multipolar, warum die FDP den Antrag der AfD für eine Expertenanhörung dennoch ablehnte, blieb zunächst unbeantwortet.

Die CDU hatte bereits vor einem Jahr ebenfalls eine Enquete-Kommission gefordert, da es „endlich eine systematische Aufarbeitung der Corona-Politik“ brauche. Auf Nachfrage von Multipolar, warum die Partei dem AfD-Antrag nun nicht zustimme, ging gleichfalls zunächst keine Antwort ein. Auch SPD und Grüne reagierten nicht auf eine Bitte um Stellungnahme. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Helge Limburg, hatte zuletzt öffentlich erklärt, eine Aufarbeitung wäre „für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gut“, eine Enquete-Kommission hielte er für möglich.

Andrej Hunko, für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) im Gesundheitsausschuss, erklärte gegenüber Multipolar, man halte weiterhin einen Untersuchungsausschuss für das „beste Mittel“ einer Aufarbeitung, da dieser mehr Kompetenzen als eine Enquete-Kommission habe. Der AfD-Antrag sei „in Ordnung“, was die Notwendigkeit einer Aufarbeitung angehe, man werde eine Enquete auch nicht blockieren. Enthalten habe sich das BSW, da im AfD-Antrag vorgesehen sei, dass Vertreter des BSW nicht Teil der Enquete sein sollen.

Die AfD erklärte dies auf Rückfrage damit, dass in eine Enquete „nur Fraktionen einbezogen“ werden könnten. Durch die Auflösung der Linken-Fraktion in die zwei Gruppen Linke und BSW sei dies nicht möglich. Hunko verweist dazu hingegen auf den Anerkennungs- und Rechtsstellungsbeschluss des Bundestages vom Februar, wonach die beiden parlamentarischen Gruppen Linke und BSW auch Mitglieder in einer Enquete stellen können. Konfrontiert damit ergänzte AfD-Politiker Sichert, der am 23. April in den Bundestag eingebrachte Antrag sei „in einer Zeit entstanden, in der es keine Gruppen im Bundestag gab und inhaltlich aktualisiert worden an die jüngsten Enthüllungen im Zusammenhang mit Corona“. Eine Nachfrage, ob es sich beim Ausschluss von Linken und BSW im Antrag somit um ein Versehen der AfD handle, blieb zunächst unbeantwortet.

Der AfD-Antrag wird bei der nächsten Sitzung des Gesundheitsausschusses am 5. Juni von den Parteien diskutiert und anschließend mit einer Beschlussempfehlung des Ausschusses in den Bundestag zur Zweiten Lesung überwiesen. Eine Enquete-Kommission braucht – ebenso wie ein Untersuchungsausschuss – die Unterstützung von 25 Prozent der Abgeordneten. Die AfD verfügt derzeit über 10,5 Prozent der Sitze, die FDP über 12,4, das BSW über 1,4 – zusammen 24,3 Prozent. Einzelne Abgeordnete anderer Fraktionen (oder einige der sieben Fraktionslosen) würden somit zusätzlich benötigt – sofern die FDP den Antrag doch noch unterstützen sollte. Die CDU/CSU als größte Oppositionsfraktion verfügt über 26,7 Prozent der Sitze und könnte damit auch im Alleingang einen Untersuchungsausschuss oder eine Enquete-Kommission starten. Sie favorisiert allerdings eine „Bund-Länder-Arbeitsgruppe“, zu deren genauer Konzeption sie auf Multipolar-Nachfrage keine Auskunft gab.

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