Ägypten-Krise: EU will vermitteln
(30.07.2013/dpa)
Es war ein diplomatischer Überraschungscoup der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Sie war die erste, die im Dunkel der Nacht zum Dienstag den an einem geheimen Ort festgehaltenen ägyptischen Ex-Präsidenten Mohammed Mursi sprechen durfte. Vier Wochen nach dem Sturz des islamistischen Politikers positionierte Ashton die Europäische Union als Vermittler im Streit zwischen Islamisten, Militärs und prowestlichen Ägyptern.
Dem gestürzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi gehe es gut und er habe Zugang zu Informationen. „Wir hatten ein zweistündiges Gespräch, ein freundliches und offenherziges Gespräch“, erklärte Ashton vor der Presse. Zu den konkreten Inhalten der Unterredung machte sie keine Angaben. Mursi wird seit seinem Sturz am 3. Juli vom Militär an einem unbekannten Ort festgehalten. Am vergangenen Freitag war erstmals gegen ihn Anklage wegen Landesverrats erhoben worden. Seitdem sitzt er offiziell in Untersuchungshaft. Die Muslimbruderschaft wirft dem Militär einen Putsch gegen das gewählte Staatsoberhaupt vor. Ashton hatte wiederholt die Freilassung Mursis gefordert.
Zum Aufenthalt des gestürzten Präsidenten sagte Ashton: „Ich habe die Einrichtung gesehen, aber ich weiß nicht, wo sie ist.“ Mursi könne fernsehen und Zeitungen lesen. „Wir sind hier, um zu helfen“, sagte Ashton am Dienstag in Kairo vor Journalisten, die nach einem EU-Plan zur innenpolitischen Befriedung Ägyptens fragten. „Wir zwingen niemandem etwas auf. Wir reden nicht mit sehr unterschiedlichen Leuten, weil wir besonders tolle Ideen haben, sondern weil wir die Ideen der Leute, die hier leben, zusammenbringen wollen.“ Und dann zählte sie auf, mit wem sie geredet hat: Von Armeekommandeur General Abdel Fattah al-Sisi über Mohammed ElBaradei bis hin zu Vertretern der Muslimbruderschaft.
Vor ihrer Abreise nach Ägypten hatte die EU-Außenbeauftragte wissen lassen, sie wolle „mit allen Seiten sprechen und unsere Botschaft unterstreichen, dass es einen alle einschließenden Transformationsprozess geben muss, zu dem auch die Muslimbruderschaft gehört“. Kurz vor Ende des Besuches räumte sie in Kairo ein, dass die Visite beim inhaftierten Mursi von vornherein Teil des Plans war: „Ich sagte (den Militärs), dass ich nicht kommen würde, wenn ich ihn (Mursi) nicht sehen könnte.“
Man müsse jeden in den Erneuerungsprozess Ägyptens einschließen, mahnte Ashton immer wieder. „Und das heißt, über die unterschiedlichen Ausgangspositionen nachzudenken, die die Leute verständlicherweise haben.“ Sie habe dazu „keine großen Botschaften“, sondern nur gute Dienste anzubieten. „Es ist klar, dass die EU eine Organisation ist, mit der jeder in Ägypten zu reden bereit ist“, formulierte Ashtons Sprecher Michael Mann am Dienstag.
Am Wochenende waren in Ägypten bei Zusammenstößen zwischen Mursi-Anhängern und Sicherheitskräften mindestens 80 Menschen ums Leben gekommen und Hunderte verletzt worden.