Aberkennung des Wahlrechts laut Juristen zweifelhaft
Eine Petition fordert, Thüringens AfD-Vorsitzenden Björn Höcke das Wahlrecht abzuerkennen. Juristen sind sich uneins, ob das überhaupt möglich ist.
Berlin – Der Artikel 18 des Grundgesetzes ermöglicht keine Aberkennung des passiven und aktiven Wahlrechts. Zu diesem Schluss kommen zwei Juristen in einem Beitrag auf der Website Verfassungsblog. Laut Artikel 18 könnten zwar Grundrechte aberkannt werden, die im Grundgesetz werden konkret genannt werden. Sie können verwirkt werden, wenn sie zum „Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“ werden, heißt es wörtlich. Das Wahlrecht steht nicht in dieser Liste.
Zwar kann das Bundesverfassungsgericht laut Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BverfGG) einer Person das Wahlrecht, die Wählbarkeit und die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkennen. Dies sei aber verfassungsrechtlich umstritten, da im Artikel 18 des Grundgesetzes das Wahlrecht nicht genannt wird, schreiben die beiden Autoren. Sie arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter einer Kanzlei in Berlin. Anlass für den Artikel ist eine Online-Petition mit dem Titel „Höcke stoppen“, die laut der Kampagnen-Website Campact bereits mehr als 1,6 Millionen Unterstützer haben soll. Björn Höcke wird dort als „wahrhaft gefährlicher Feind der freiheitlichen Demokratie“ beschrieben.
Campact selbst bezieht sich bei der Kampagne explizit auf den Artikel 39 des BverfGG. Anders als die beiden Autoren des Verfassungsblogs hält der Berliner Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Alexander Thiele diesen Weg laut Legal Tribune Online für juristisch zulässig. Die Website zitiert den Verfassungsrechtler allerdings auch dahingehend, dass ein Verfahren zur Verwirkung der Grundrechte den Betroffenen nicht daran hindern würde, weiterhin informell Einfluss auf die AfD zu nehmen. Höcke würde womöglich als „Märtyrer“ gefeiert werden. Zudem sind laut dem Artikel bislang alle Anträge auf das Verwirken von Grundrechten in der Bundesrepublik erfolglos gewesen, so beispielsweise ein Antrag gegen den Herausgeber der Deutschen Nationalzeitung Gerhard Frey im Jahr 1974.
Einen Antrag auf Verwirkung der Grundrechte können Bundestag, die Bundesregierung und jede Landesregierung stellen. Bislang liegt kein solcher Antrag gegen Björn Höcke vor. Experten erwarten auch bei Vorliegen eines Antrags eine mehrjährige Verfahrensdauer. (hb)