Krieg schädigt Umwelt und Klima
Immer mehr Waffen. Immer mehr Krieg. Immer mehr Zerstörung. Und immer mehr Umweltschäden. Krieg und Militär sind schädlich für Umwelt und Klima. Schon in Manövern und bei den täglichen Übungen stoßen Flugzeuge, Panzer und Co. Unmengen CO2 aus. Im Krieg wird das noch mehr und die Umwelt leidet. Durch Beschuss mit konventioneller oder uranhaltiger Monition. Ein zeithistorischer und aktueller Überblick.
2.8., 20 Uhr: Präzisierungen und Ergänzungen im drittletzten und letzten Abschnitt des Textes.
Die gigantische Aufrüstung, die jetzt auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, macht die bevorstehende Weltklimakonferenz in Ägypten beinahe zur Farce. Die Umweltzerstörung durch das Militär und erst recht durch Kriege findet viel zu wenig Beachtung in der Umweltbewegung, obwohl es gelegentlich wissenschaftliche und journalistische Beiträge dazu gibt. Speziell die CO2-Emissionen der Rüstungsindustrie und militärischer Aktivitäten verdienen mehr Aufmerksamkeit.
„Der Ukraine-Krieg hat dazu geführt, dass dem Thema militärische Emissionen mehr Beachtung geschenkt wird“, meinte man bei der Deutschen Welle am 27. Juni 22. Der Autor, Stuart Braun, verwies auf den Research and Policy Director vom britischen Conflict and Environment Observatory. Der habe ihm erzählt, zum ersten Mal hätten ihn die Medien nach den Auswirkungen von Kriegen auf das Klima befragt.1 Vielleicht stößt dieser Krieg endlich eine öffentliche Debatte über den Wahnsinn an. Die Kriege, die bisher die USA und die NATO zu verantworten hatten, wurden wie Naturereignisse behandelt und erregten keinen Anstoß. Der riesige Militärapparat der USA gilt als Selbstverständlichkeit. Die Rüstungsindustrie und der Militärapparat Russlands sind natürlich ebenso wenig umweltfreundlich. Die Umweltbelastung durch Rüstungsproduktion und Kriegsvorbereitung, genannt Verteidigungsanstrengungen, wird durch die Umweltzerstörung im Krieg auf die Spitze getrieben.
Militärapparat und Treibhausgase
Die Rüstungsproduktion, die Militärlogistik und die ständig laufenden Militärübungen verursachen enorme Umweltschäden durch den Verbrauch an Ressourcen und die entsprechenden Emissionen.
Früher wurden Erze, Kohle, Salpeter und Schwefel für die Rüstung benötigt, Textilfasern für die Einkleidung der Truppe nicht zu vergessen. Für die Hightech-Geräte von heute, zum Beispiel ferngesteuerte Raketen und Drohnen, braucht man auch seltene Erden, Coltan, Kobalt und Lithium, wofür ganze Gebiete umgegraben und durchwühlt werden. Atomwaffen sorgen neben den AKWs für die Nachfrage nach Uran. Die Umgebung von Uranminen ist vor allem in Afrika schwer belastet.
Bei der Produktion von Waffen und Munition fallen in Deutschland 32.000 Tonnen CO2 an. Munition ist quasi ein Wegwerfprodukt. 8.700 Tonnen entstehen bei der Herstellung von Kampffahrzeugen.2 Dazu kommen Kampfflugzeuge und Drohnen. Nach Herstellerangaben hat die Eurofighter-Flotte in den vergangen zehn Jahren weit über eine halbe Million Flugstunden absolviert. In einer Flugstunde wird so viel CO2 emittiert, wie ein Durchschnittsdeutscher pro Jahr verursacht.
„Wenn ein Airbus der Bundeswehr-Flugbereitschaft in Berlin abhebt, um zu seinem Stationierungsort nach Köln/Bonn zurückzufliegen, stößt er für diesen Flug schätzungsweise bis zu 15 Tonnen klimaschädliches CO2 aus.“3 Zum Vergleich: Eine Tonne CO2 pustet man bei einer Fahrt über 4900 Kilometer mit einem Mittelklasse-Benziner in die Atmosphäre. Die erhöhte „Verteidigungsbereitschaft“ der Bundeswehr macht sich beim Anstieg der Emissionen bemerkbar. 2021 hat sie beinahe 18 Prozent mehr an CO2-Equivalent emittiert als 2019, nämlich 1,71 Millionen Tonnen gegenüber 1,45 Millionen. Auslandseinsätze sind dabei nicht berücksichtigt.
„Auf mehr als 260 Bundeswehrstandorten wird täglich der Krieg eingeübt, dazu kommen zusätzlich die weltweit durchgeführten mehr als 160 NATO-Militärübungen […] Der Kampfpanzer Leopard 2 verbraucht auf 100 Kilometer bis zu 530 Liter Diesel (im freien Gelände), ein Eurofighter verbraucht ca. 70-100 Liter Kerosin pro Minute und produziert pro Flugstunde 11 Tonnen CO2 – das ist so viel, wie durchschnittlich eine in Deutschland lebende Person im gesamten Jahr. Allein auf der Base Ramstein finden jährlich 30.000 Starts und Landungen statt. “4 Die CO2-Emissionen pro Liter Treibstoff (Diesel, Benzin, Kerosin) werden mit einem bestimmten Faktor berechnet. Die Emissionen von einem Liter Benzin veranschlagt man auf das Zweieinhalbfache.
Der logistische Aufwand bei großen Manövern ist unermesslich, die Umweltbelastung entsprechend verheerend. Die NATO-Großübung Defender Europe 2021 beispielsweise erforderte die Verlegung von rund 28.000 Soldaten aus 26 Staaten und den Transport von 1.200 Militärgerätschaften, unter anderem Kampfpanzern, aus den USA nach Albanien, Deutschland, Griechenland, Kroatien und Slowenien.5
Allein die NATO, das größte Militärbündnis weltweit, plante im Jahr 2021 insgesamt 95 gemeinsame Übungen von NATO-Mitgliedsstaaten – und 220 weitere nationale und multinationale Übungen unter den Mitgliedern.6
Den Rekord an CO2-Ausstoß hält das US-Militär, das permanent global präsent ist. „Fast 800 Stützpunkte in 70 Ländern, zahlreiche offizielle Einsätze und verdeckte Operationen, Flottenverbände im Mittelmeer, Atlantik, Pazifik, dem Persischen Golf, dem Roten Meer und dem Indischen Ozean.“7 Der Verbrauch an Ressourcen und die entsprechende Emission von Treibhausgasen lassen sich aus den Angaben der Kampfunterstützungsagentur (Defense Logistics Agency, DLA) erschließen, die das Pentagon unterhält. Diese Agentur stellt nach eigenen Angaben jährlich Güter und Dienstleistungen im Wert von 35 Milliarden Dollar (30,7 Mrd. Euro) zur Verfügung, unterstützt über 2.300 Waffensysteme und begleitet neun Lieferketten mit über fünf Millionen Objekten. Von den 22 Flugzeugträgern, die weltweit im Einsatz sind, untersteht die Hälfte dem Kommando der US-Streitkräfte.
Der CO2-Ausstoß des US-Militärs pro Jahr wurde auf 73 Millionen Tonnen geschätzt. 25 Millionen Tonnen CO2 errechneten Forscher der Universitäten Durham und Lancaster für 2017 aus den Öleinkäufen des US-Militärs.8 Das US-Militär verursacht mehr Treibhausgase pro Jahr als die meisten Industrieländer. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf die Air Force. Das US-Militär besetzt Platz 47 der größten CO2-Emittenten im Ländervergleich.
Dass auch die geopolitischen Rivalen Russland und China mit ihrem Militär zum Treibhauseffekt beitragen, ist klar. Information dazu fehlen leider. Nur aus dem Vergleich der Militärausgaben lässt sich die geschätzte Umweltbelastung schließen. Die USA verausgabten 2021 801 Mrd. Dollar, China 293 Mrd., gefolgt von Indien und GB, Russland 65,9 Mrd. Dollar.9
Laut Stuart Parkinson von Scientists for Global Responsibility (SGR) verursachen die weltweiten Streitkräfte und die Industriezweige, die ihre Ausrüstung liefern, zusammen schätzungsweise sechs Prozent aller weltweiten Treibhausgasemissionen.10
Kriege vernichten die Umwelt
Spätestens seit man die feindlichen Stellungen mit schweren Geschützen unter Feuer nahm, also speziell im Ersten Weltkrieg, wurden Wälder, also CO2-Senken vernichtet. Ein einmaliges Umweltvergehen war die Entlaubung der Urwälder im Vietnamkrieg. Ab 1965 setzten die US-Verbände das chemische Mittel Agent Orange großflächig in Vietnam und Laos ein. Das giftige Dioxin, das lang in der Umwelt verbleibt, schädigte neben Nutzpflanzen auch den menschlichen Organismus. 2002 litten nach Schätzungen des Roten Kreuzes etwa eine Million Vietnamesen an gesundheitlichen Schäden durch Spätfolgen von Agent Orange, darunter sind etwa 100.000 Kinder mit angeborenen Fehlbildungen.11
Schadstoffe aus Bomben und Munition und ausgelaufene Treibstoffe aus Kampffahrzeugen haben Böden und Grundwasser verunreinigt, seit es moderne Kriegsführung gibt. Seit den 1990er Jahren kommt die Belastung der Umwelt durch abgereichertes Uran (depleted Uranium) hinzu, mit dem man die Durchschlagskraft von Munition erhöht. Die Geschosse haben einen Kern aus depleted Uranium (DU).
Der Deutschlandfunk berichtete 2001: „Der Einsatz von panzerbrechender Munition, die durch abgereichertes Uran gehärtet wurde, bei den Luftoperationen der NATO gegen serbische Verbände in Bosnien 1995 und im Kosovo-Krieg-Krieg 1999 beschäftigt seit Anfang des Jahres in ganz Europa die Gemüter von Politikern, Militärs und Bevölkerung. Es geht um das sogenannte Balkan-Syndrom, um die Frage, ob der Einsatz uranhaltiger Munition Blutkrebs verursachen kann.“12
Der Einsatz uranhaltiger Geschosse wurde damals mit Gesundheitsschäden bei NATO-Soldaten in Verbindung gebracht. Schon 1991 im ersten Irakkrieg hatten die US-Interventionstruppen DU-Munition eingesetzt. Im zweiten Irakkrieg 2003 verschossen amerikanische und britische Truppen Hunderte Tonnen DU-Munition. Auch in Syrien haben die USA nach eigenem Geständnis 2015 DU-Munition mindestens ein paar Mal verwendet.13
Die Gesundheitsschäden durch Radioaktivität sind umstritten. Nach dem Urteil der Internationalen Ärzte zur Verhütung eines Atomkriegs (IPPNW) sind die Rückstände krebserregend. Der Staub des Schwermetalls Uran gehen in die Blutbahn. Sie gelangen ins Sicker- und Grundwasser und können von Pflanzen aufgenommen werden. Außerdem entstehen auf gedüngten Böden Uransalze, die leicht löslich sind und über die Pflanzen in die Nahrungskette gelangen können.14
Die beiden Irakkriege von 1991 und 2003 stellen noch unter einem anderen Aspekt einen Fall von gigantischer Umweltverschmutzung dar. Es handelt sich um die Folgen der in Brand geschossenen Ölquellen. Ein Forscherteam vom International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) hat 2004 in dem Report über „The Environmental Impacts of the Gulf War 1991“ die Schäden beschrieben. Zur Erinnerung: Die Operation „Wüstensturm“, die von einem Beschluss des Sicherheitsrats gedeckt war, begann Mitte Januar 1991.15 Innerhalb von 14 Stunden zerbombten Kampfflugzeuge in 1.300 Einsätzen Militär- und Industrieanlagen, darunter Ölförderanlagen.16 800 Ölquellen explodierten, von denen 600 Feuer fingen und lichterloh brannten. Aus etwa 50 ergoss sich das Öl in den Untergrund. Saddam Hussein ließ seinerseits beim Rückzug aus Kuweit 700 Ölquellen in Brand setzen. Die Ölquellen brannten Monate lang, bis man ab Oktober 1991 daran ging, sie zu löschen und zu verschließen. Das Maximum an verbranntem Öl und Gas lag bei 355.000 Tonnen beziehungsweise 35 Mio. Kubikmetern pro Tag. Die Ruß-Emissionen wurden auf 20.000 Tonnen pro Tag und die CO2-Emissionen ungefähr auf 24.000 Tonnen pro Tag geschätzt. Die CO2-Emissionen von dem brennenden Öl und Gas in Kuwait wurden auf um die 130 bis 140 Mio. Tonnen geschätzt, was zwei bis drei Prozent des globalen menschengemachten Beitrags durch die Verwendung von fossilen oder erneuerbaren Treibstoffen (recent fuels) pro Jahr entspricht und 0,1 Prozent der globalen CO2-Emissionen insgesamt. Die meisten Rußpartikel sammelten sich in Höhen zwischen 1000 und 3000 Metern, eine sehr geringe Kontamination erreichte eine Höhe von mehr als 5000 Metern. Der Ruß ging mit Regen über der nördlichen arabischen Halbinsel als fall out nieder. Das Öl bildete ein Netzwerk von Bächen und Seen, der Menge nach auf 10 bis 20 Mio. Tonnen geschätzt, und drang in die Böden ein. Auch das Meer wurde einer Ölverschmutzung ausgesetzt.
Die über 1000 Ölquellen, die in Brand gesetzt wurden, verschmutzten also in der Bilanz Luft, Erde und Gewässer.17 Der CO2-Ausstoß machte zwei bis drei Prozent der globalen Emissionen aus.
Auch im Krieg gegen die Ukraine bleiben Raffinerien und Treibstofflager nicht vor Angriffen verschont. Ende April trafen Raketen beispielsweise solche Anlagen nahe der Stadt Krementschuk. Über Umweltschäden wurde nicht berichtet. Die Ende Juni umkämpfte Raffinerie bei Lyssytschansk blieb anscheinend von Schäden verschont. Im gleichen Zeitraum traf eine ukrainische Drohne eine russische Raffinerie in der Provinz Rostow am Don, die in Brand geriet.
Nach dem Krieg: Ressourcen für den Wiederaufbau und Altlasten (Abschnitt geändert/ergänzt: 2.8.22)
Kriege in früheren Zeiten hinterließen vielleicht Löcher in einer Stadtmauer oder Kanonenkugeln, die stecken geblieben waren – heute eine touristische Attraktion. Moderne Kriege, die mit schweren Geschützen, Kampffahrzeugen, Flugzeugen, Bomben und Minen geführt werden, hinterlassen Altlasten, die Generationen in Atem halten. Chemiewaffen sind inzwischen geächtet, aber von jeder Munitionsproduktion verbleiben chemische Rückstände, die Boden und Wasser verseuchen können.
Ein Beispiel: In der kleinen Industriestadt Stadtallendorf, die wie mehrere Städte in Deutschland nach 1945 auf dem Gelände einer Munitionsfabrik errichtet wurde, wird immer wieder eine toxische Belastung von Böden festgestellt. Jüngst mussten Häuser abgerissen werden, weil die Raumluft als gesundheitsschädlich eingestuft wurde. Der Abriss weiterer Häuser ist vorgesehen.18
Die ehemaligen Frontabschnitte im Westen und Osten, an denen die Nazi-Führung für den „Endsieg“ kämpfen ließ, sind bis heute vollgestopft mit Waffen und Munition. Dasselbe gilt für die ehemalige Westfront aus dem Ersten Weltkrieg. In den Vogesen und der Eifel sind permanent Kampfmittelräumdienste im Einsatz. In Brandenburg wurden nach amtlichen Angaben von 1991 bis 2010 mehr als 11.200 Tonnen an Kampfmitteln beseitigt, darunter Sprengbomben und Raketen.19 Bis in die 1970er Jahre hinein wurden bis zu 1,8 Millionen Tonnen Kriegsmunition in der Nord- und Ostsee versenkt, die man bisher nur zum Teil bergen konnte.20
So viel zu Spätfolgen für die Umwelt am Beispiel Deutschland. In Afghanistan, Irak und Syrien sind Menschen aktuell gefährdet durch die unübersehbare Zahl an versteckten Minen. Bauern können oft ihre Felder nicht bestellen und müssen um ihre Tiere fürchten. Eine verborgene Gefahr stellen die radioaktiven, gesundheitsschädlichen Stäube dar, die ganze Regionen belasten.
Kaum Dokumentation und Forschung
Die USA haben 1997 ihre Zustimmung zum Kyoto-Protokoll sogar davon abhängig gemacht, dass die Emissionen des Militärs nicht gemeldet und dokumentiert werden müssen. Das Protokoll sollte völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern festlegen. Generell sind die vorliegenden Energie- und Emissionsbilanzen meist lückenhaft. Die des bundesdeutschen Militärs beispielsweise ist den aktuell veröffentlichten Zahlen zum Trotz nach wie vor unvollständig, weil die Auslandseinsätze deutscher Soldaten bisher nicht eingerechnet sind.21 2021 veröffentlichte das Conflict und Environment Observatory (CEOBS), eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Großbritannien, einen Bericht, demzufolge die Emissionen des britischen Militärs die bis 2018 gemeldete Menge um mindestens das Dreifache überstiegen.
Auf der COP28-Klimakonferenz im November 2023 sollen nun alle militärischen Emissionen in eine globale Bestandsaufnahme der Treibhausgase einbezogen werden. So ein Vorschlag. Ein weiterer Vorschlag sieht vor, dass die Zerstörung von Kohlenstoffspeichern während eines Krieges durch die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) überwacht wird.22 Ob solche „Vorschläge“ Gehör finden, das wird vom „Druck der Straße“ abhängen.
Fridays for Future muss Aufrüstung bekämpfen (Abschnitt geändert/ergänzt: 2.8.22)
Die völkerrechtlichen Verträge, die im Kriegsfall massive Umweltschäden verhindern sollen, sind Vereinbarungen ohne großen Wert. Ein Zusatzprotokoll zur Genfer Konvention und das schon 1976 verabschiedete Umweltkriegsübereinkommen verbieten die militärische Nutzung von Umwelt verändernden Techniken. Russland und die Ukraine gehören übrigens zu den Vertragspartien.23
Eine große Bedrohung im Ukraine-Krieg wird nur von Experten wie dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde wahrgenommen, nämlich die Gefahr der radioaktiven Kontamination ganzer Landstriche, wenn nicht eines Kontinents. Schon ein längerer Stromausfall, im Krieg nie ganz auszuschließen, kann bei AKWs zum Versagen der Kühlsysteme und damit zur Kernschmelze führen.24 Die Ukraine betreibt 15 Reaktorblöcke an vier Standorten. So gesehen, war der Angriff auf das Land unverantwortlich.
Die Umweltbewegung muss wieder zugleich Friedensbewegung werden. Die Umweltbewegung ist das anfangs in den 1970er Jahren gewesen.25 Eine verschärfte Klimakrise wird zum Katalysator für Umweltkonflikte werden, und zwar mehr als bisher. Schon werden sie in Afrika bewaffnet ausgetragen und sind zum Anlass oder Vorwand für militärische Interventionen geworden. Der Geophysiker und Klimaforscher Bill McGuire sieht in seinem eben erschienenen Buch „Hothouse Earth“ kaum noch eine Chance, die Aufheizung des Planeten zu stoppen. Die Großmächte hätten Besseres zu tun, als aufzurüsten und sich zu bekriegen.
Endnoten
2 https://www.welt.de/wirtschaft/article211016375/CO2-Emissionen-Krieg-und-Ruestung-die-vergessenen-Klimasuender.html, abgerufen 21.07.22
3 https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/05/treibhausgas-emissionen-bundeswehr-erheblich-gestiegen-klima.html, abgerufen 21.07.22
4 BAG Frieden und Internationale Politik der Partei Die Linke o.J. (https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/zusammenschluesse/bag-frieden-und-internationale-politik/ abgerufen 26.07.2022) Die Angaben sind unterschiedlich. In einem Papier der Informationsstelle Militarisierung, verfasst von Jaqueline Andres, werden für den Eurofighter 3.500 kg Treibstoff pro Stunde gerechnet (https://www.imi-online.de/2022/03/21/militaer-manoever-und-der-sprit/ abgerufen 26.07.2022).
5 Informationsstelle Militarisierung im März 2022, https://www.imi-online.de/2022/03/21/militaer-manoever-und-der-sprit/ abgerufen 25.07.22
6 Ebenda
7 Der Tagesanzeiger vom 26.06.2019
8 Ebenda
9 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-mit-den-hoechsten- militaerausgaben/ abgerufen 26.07.22
10 Informationsstelle Militarisierung im März 2022
11 https://de.wikipedia.org/wiki/Agent_Orange, abgerufen 27.07.22
12 https://www.deutschlandfunk.de/das-balkan-syndrom-100.html
13 Spiegel vom 15.02.2017
14 Die Welt vom 05.02.2018
15 Die kaum noch handlungsfähige Sowjetunion legte damals im Sicherheitsrat nicht ihr Veto ein.
16 Im Folgenden halte ich mich an das Abstract des Reports. Lindén, Olof/ Jernelöv, Arne/Egerup, Johanna (2004): The Environmental Impacts of the Gulf War 1991. International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA, Interim Report. https://core.ac.uk/download/pdf/33898896.pdf
17 „The environmental consequences of the Gulf War in 1991 affected the air, the marine environment, and the terrestrial ecosystem“ (a.a.O., p.7).
18 Oberhessische Presse v. 09.04.21. Es handelt sich um Rückstände des Sprengstoffs TNT. Das Werk wurde von der Dynamit Aktiengesellschaft und der Westfälisch-Anhaltischen Sprengstoff AG betrieben.
19 Berliner Morgenpost v. 23.06.2010, https://www.morgenpost.de/printarchiv/brandenburg/article104264007/Kampfmittel.html
20 https://de.wikipedia.org/wiki/Kampfmittelr%C3%A4umdienst, abgerufen 15.07.22
21 https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/05/treibhausgas-emissionen-bundeswehr-erheblich-gestiegen-klima.html, abgerufen 16.07.22
22 https://www.dw.com/de/der-co2-stiefelabdruck-des-ukraine-krieges/a-62251474 abgerufen 22.07.22
24 Wolf, Angela (2022): Vom Schock zum nuklearen Rollback? In: Lunapark21, H.58, S.60.
25 Die Erinnerung daran verdanke ich Bernhard Trautvetter, einem Urgestein der Friedensbewegung. Siehe: https://essener-friedensforum.de/15%20Bernhard%20Trautvetter%20V03.mp4
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Der Autor
Georg Auernheimer war bis zu seiner Emeritierung Professor für Interkulturelle Pädagogik an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. Seitdem arbeitet er als politischer Publizist. Zuletzt erschien von ihm „Wie gesellschaftliche Güter zu privatem Reichtum werden. Über Privatisierung und andere Formen der Enteignung“ (PapyRossa, 2021).
Zuletzt erschienen von ihm auf hintergrund.de: Die Russland-Sanktionen und die Schäden im Globalen Süden