Umweltverschmutzung

Die wahren Kosten des Öls

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Seit Rohöl gefördert und um den Erdball gefahren wird, spucken auslaufende Tanker immer wieder Tausende Tonnen Öl ins Meer. Die Rechnung zahlen Tiere, Pflanzen und Menschen

Trotz Protesten von Umweltschützern sucht der Konzern Deutsche Erdöl AG (Dea) Öl im Wattenmeer an vier Stellen nach Erdöl. 20 Millionen Tonnen Öl werden unter dem Meeresboden vermutet – eine Menge, die den deutschen Ölbedarf für gerade mal zwei Monaten decken dürfte.

Seit 1987 fördert Dea Öl im Wattenmeer. (1) Auf dem größten deutschen Ölfeld werden jährlich 1,4 Millionen Tonnen Öl aus der Tiefe geholt. Dafür wird ein unverhältnismäßig hohes Risiko in Kauf genommen. So verendeten im Oktober 1998 rund 16.000 Seevögel, als das Frachtschiff Pallas bei Amrum auf Grund lief und 100 Tonnen Öl verlor.

Ein weiterer Unfall im artenreichen Wattenmeer würde zu irreparablen Schäden führen. Der Nationalpark dürfe nicht dem schmutzigen Geschäft mit Öl zum Opfer fallen, fordert Greenpeace und fordert ein striktes Verbot für Eingriffe durch die Ölindustrie.

Auch die Anwohner der Küste am Golf von Mexiko haben Erfahrungen mit Ölkatastrophen: Bereits 1969 flossen bei einem Tankerunfall vor Refugio und El Capitan rund zwölf Millionen Liter Öl ins Meer. Unzählige Seevögel und Meeressäuger ließen ihr Leben. Es sollten Jahre vergehen, bis das Ökosystem sich erholt hatte. (2)

Nach der Explosion der BP-Bohrinsel „Deepwater Horizon” 2010 sprudelte knapp drei Monate lang Öl aus einer zerbrochenen Rohrleitung, während die Plattform sank. Als man das Loch endlich gestopft hatte, waren 670.000 Tonnen Erdöl ins Meer geflossen. (3) An der verseuchten Küste starben tausende Fische und Vögel qualvoll. Tourismus und Fischerei kamen zum Erliegen. (4) Die Reinigungsarbeiten waren 2015 noch nicht abgeschlossen. Bis heute muss BP Entschädigungen zahlen – insgesamt 20,8 Milliarden Dollar.

Nun leckte im Mai 2015 wiederum eine 24 Jahre alte Pipeline rund 35 Kilometer nordwestlich von St. Barbara in Kalifornien. Schätzungen zufolge traten 360 Tonnen Erdöl aus, wovon sich etwa ein Viertel in den Ozean ergoss und einen 14,5 Kilometer langen Küstenstreifen verschmutzte. (5) Wieder verendeten Meerestiere, vor allem viele Vögel.

Für den Fall, dass der Ölkonzern Shell vor der Küste Alaskas weiter nach Öl bohrt, schätzt die US-Regierung die Wahrscheinlichkeit eines größeren Ölunfalls auf 75 Prozent. In dem sensiblen Ökosystem kann ausgelaufenes Öl kaum geborgen werden. Außerdem baut sich Öl in kalten Gewässern nur sehr langsam ab. Allein die Probebohrungen gefährden tausende Wale und Robben. Die seismischen Tests unter Wasser verursachen einen Lärm, der für die Tiere tödlich sein kann. Sie stört die Kommunikation und Orientierung der Meeressäuger, die aus ihren Futtergebieten vertrieben werden. (6) Unter anderem auch deshalb fordern Greenpeace und andere Organisationen, die Rohstoffe in der Arktis im Boden zu lassen.

Tierbestände erholen sich nur langsam

Als die „Exxon Valdez” im Prinz-William-Sund vor Alaska im Jahr 1989 havarierte, verschmutzten 45.000 Tonnen Öl eine 1700 Kilometer lange Küste. (7) 25 Jahre später haben sich Arten wie Hering und Lachs noch nicht erholt. Viele dürfen nur eingeschränkt befischt werden. (8)

Bei Öl-Katastrophen kommen häufig Tierschutzverbände wie der IFAW (International Fund of Animal Wellfare) zum Einsatz. Als die „Prestige”, ein 26 Jahre alter Tanker, im November 2002 auf dem Atlantik zerbrach, verseuchten rund 23.000 Tonnen Schweröl die ganze Küste von Nordportugal bis zum Südwesten Frankreichs. Rund 250.000 Seevögel verendeten im Öl. Fische, Muscheln und Austernbänke waren verschmutzt. An der Küste Galiziens kämpften Helfer der IFAW um das Leben von Basstölpeln, Tordalken und Kormoranen.

Die Helfer sind auf solche Fälle gut vorbereitet: In Pappkartons wärmen sie die geretteten Tiere auf und päppeln sie mit Medikamenten, Nahrung und Wasser. Sind die Tiere sehr geschwächt, werden sie mit einer Sonde ernährt, sind sie zu schwach, werden sie eingeschläfert. Nur denen, die stark genug sind, schrubben die Tierschützer mit Geschirrspülmittel das klebrige Öl vom Gefieder. Wo möglich, sorgen sie dafür, dass noch saubere Tiere von verschmutzten Stränden ferngehalten werden. So wurden im Jahr 2000 bei einer Ölpest vor Südafrika über 20.000 Brillenpinguine mit Schweröl verseucht. 6000 Tiere konnten unbeschadet evakuiert werden. (9)

Auch wenn der ölverschmierte Schlamm von den Stränden abgetragen ist, die Fischer ihre Arbeit wieder aufnehmen und die ersten Touristen wieder anreisen, ist die Katastrophe noch nicht vorbei. Beim Ölunfall vor Galizien war die Krähenscharbe – eine Kormoranart – eine der am stärksten betroffenen Tierarten. Die Population wurde damals in der Region gerade wissenschaftlich überwacht. Álvaro Barros von der Universität Vigo und sein Team berichteten im Fachmagazin Biology Letters über die Auswirkungen des Unglücks. So verringerte sich der jährliche Bruterfolg nach dem Unglück in den ölverseuchten Regionen um 45 Prozent. Noch fünf Jahre nach der Katastrophe hatte sich die Art noch nicht erholt. Die Forscher vermuten, dass das Öl schon in geringer Konzentration die Fortpflanzungsfähigkeit stark beeinträchtigt. Ein anderer Grund könnte sein, dass den Tieren in den verschmutzen Gebieten weniger Nahrung zur Verfügung steht. (10)

Als die „Amoco Cadiz” 1978 vor der Bretagne auf Grund lief, bildeten sich an den Fischen Geschwüre, man fand Schollen ohne Schwanzflossen. Anhand regelmäßiger Bodenproben aus der Region wiesen französische Forscher nach, dass erst 13 Jahre später der gesamte Kohlenwasserstoff durch Bakterien vertilgt worden war.

Ölbohrungen vertreiben Robben und Wale

Gerade der Küstenraum sei gegenüber Ölschäden viel empfindlicher als das offene Meer, weiß Dr. Carlo van Bernem vom Institut für Küstenforschung in Geesthacht in Schleswig-Holstein. Wobei Öl an felsigen Küsten wiederum weniger gravierende Schäden anrichtet als in den Buchten, Flussmündungen und Salzwiesen.

Für Vögel ist Leichtöl besonders gefährlich, weil es sich stärker verteilt und sie bei der Nahrungssuche in den tödlichen Ölschlick eintauchen, erklärt Greenpeace-Experte Thilo Maack. Sobald ein Vogel mit dem Öl in Berührung kommt, fängt er an, sich zwanghaft zu putzen. Das Öl verklebt die Federn, die das Wasser dann nicht mehr vom Körper abhalten können, infolgedessen können die Tiere erfrieren. Sie nehmen keine Nahrung mehr auf, bis sie ihr Gefieder gesäubert haben. Viele schlucken das giftige Öl herunter. Bei Fischlarven können die Öltröpfchen eine Verkrümmung der Wirbelsäulen bewirken und Schalentiere schmecken noch lange nach einem Unglück nach Öl. (11)

Chronische Verschmutzung tötet Fische

Was den Lebewesen im Meer besonders zusetzt, ist die alltägliche – illegale – Verklappung von Öl: Schätzungen zu Folge lassen jedes Jahr rund 20.000 Seevögel deshalb ihr Leben. (12) Auch die Ölreste aus Maschinenräumen von Schiffen – jährlich rund 10.000 Tonnen Öl – werden illegal eingeleitet, um sich eine teure Entsorgung im Hafen zu sparen. Diese Mengen übertreffen die Mengen an Öl, die aus der Deepwater Horizon sprudelten, um ein Vielfaches.

Das was auf den Bohrinseln gefördert werde, sei ein Gemisch aus Gas, Öl und Wasser, erklärt Greenpeace-Schifffahrtsexperte Christian Bussau. In dem Wasser, das zurück ins Meer geleitet wird, seien auch Ölreste enthalten. Dieses Öl tötet alles Leben im Umkreis von 500 Meter einer Plattform. Die 400 Öl-Plattformen, die jährlich zehntausende Tonnen Öl in die Nordsee leiten, schaden den Meeresboden demnach auf einer Fläche bis zu 5000 Quadratkilometer. In diesen „Todeszonen“ können weder größere Fische noch Seeigel oder Seesterne überleben. Auch den Algen setzt das Öl zu. (13)

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Das in großen Mengen auslaufende Öl zerstört Ökosysteme und damit unsere Lebensgrundlagen nachhaltig. Die Folgeschäden in ihrem ganzen Ausmaß werden oft viel später sichtbar. Den wahren Preis für das billige Öl zahlen somit Pflanzen, Tiere und Menschen.
Anmerkungen und Quellen

(1) http://dea-group.com/de/ueber-dea/unternehmen
http://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/20160330_greenpeace_factsheet_dea_wattenmeer.pdf
(2) http://www.derwesten.de/panorama/traumstraende-gesperrt-id10700073.html
(3) http://www.oekosystem-erde.de/html/wasserverschmutzung.html
(4) https://www.tagesschau.de/ausland/deepwater-horizon-101.html
(5) http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2015-05/kalifornien-umwelt-oelpest-oelteppich-im-pazifik
(6) https://www.greenpeace.de/presse/presseerklaerungen/greenpeace-aktivisten-protestieren-bundesweit-shell-tankstellen-gegen
(7) https://www.greenpeace.de/themen/meere/industriegebiet-meer/exxon-valdez-katastrophe-16-jahre-spaeter
http://www.sueddeutsche.de/politik/tankerungluecke-seit-oelteppiche-auf-allen-meeren-1.650092
(8) http://www.n24.de/n24/Wissen/Mensch-Natur/d/4469032/25-jahre-spaeter-leidet-alaska-noch-immer.html
(9) http://www.welt.de/print-welt/article265203/Geschirrspuelmittel-befreit-Seevoegel-von-Oel-im-Gefieder.html
(10) http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/prestige-oelpest-katastrophe-vor-10-jahren-schaedigt-voegel-bis-heute-a-966984.html http://rsbl.royalsocietypublishing.org/content/10/4/20131041
(11) http://www.forumgesundheit.at/portal27/portal/forumgesundheitportal/content/contentWindow?action=2&viewmode=content&contentid=10007.690103
(12) http://www.vistaverde.de/news/Natur/0203/18_ifaw.htm
(13) http://www.news.de/panorama/855054585/die-dauernde-katastrophe/1/

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