Ausgeliefert: Mutmaßliche frühere Mitglieder der „Revolutionären Zellen“ (RZ) in Deutschland inhaftiert
Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.
Von REDAKTION, 16. September 2011 –
Zwei Personen, die beschuldigt werden, den Revolutionären Zellen angehört zu haben, sind von Frankreich nach Deutschland ausgeliefert und von den Behörden am Mittwoch in Untersuchungshaft verbracht worden. Sie sind an der französischen Grenze bei Saarbrücken den deutschen Behörden übergeben worden.
Gegen die 78-jährige Sonja Suder und den 70-jährigen Christian Gauger liegen seit 2007 Haftbefehle vor. Suder wird beschuldigt, an dem Überfall auf die OPEC-Konferenz in Wien 1975 beteiligt gewesen zu sein, bei dem drei Menschen getötet und rund 90 als Geiseln genommen wurden. Sie soll damals Hans-Joachim Klein für die Aktion rekrutiert haben. Klein war dafür zu neun Jahren Haft verurteilt und 2009 begnadigt worden. Auch der zu lebenslanger Haft verurteilte Terrorist Carlos war damals beteiligt.
Die frühere Medizinstudentin Suder und der Psychologe Gauger sollen zudem an einem Brandanschlag auf das Heidelberger Schloss und zwei Sprengstoffanschlägen auf die Firma MAN in Nürnberg und dem Pumpenhersteller KSB in Frankenthal beteiligt gewesen sein. Dabei entstand laut Staatsanwaltschaft jeweils ein verhältnismäßig geringer Sachschaden von mehreren zehntausend D-Mark.
In einem Interview aus dem Jahr 2010 sagte Suder, bei den Anschlägen, die ihnen vorgeworfen würden, handele es sich um „zwei gegen das Atomprogramm des damaligen Apartheidregimes in Südafrika und einen Anschlag gegen die Stadtsanierung in Heidelberg.“ (1) Über den Vorwurf der Beteiligung an dem OPEC-Anschlag zeigte sie sich überrascht: „In Frankreich wäre auch dies verjährt. Das Einzige, was hier nicht verjährt, sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ (2)
Das Amtsgericht in Frankfurt am Main teilte mit, die seit Ende 1978 untergetauchte Suder befinde sich in U-Haft, Gauger sei dagegen aus gesundheitlichen Gründen in das Gefängniskrankenhaus nach Kassel gebracht worden. Die Tatsache, dass die beiden nicht mit Haftbefehlen der Bundesanwaltschaft, sondern nur mit solchen der Frankfurter Staatsanwaltschaft gesucht wurden, deutet darauf hin, dass selbst die Behörden die beiden Beschuldigten eher für ganz kleine Fische halten. Schon im Jahr 2000 waren sie von der französischen Polizei verhaftet worden, ihre Auslieferung nach Deutschland erfolgte aber erst nach einem jahrelangen Tauziehen.
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Fraglich ist, ob Suder und Gauger überhaupt einer terroristischen Organisation zugerechnet werden dürfen. Die Stichhaltigkeit der sie belastenden Zeugenaussagen wird in der Schweizer Presse eher infrage gestellt. So sei die Behauptung des wegen Terrorismus verurteilten Hans-Joachim Klein von einer Beteiligung Suders an der OPEC-Aktion 1998 „aus heiterem Himmel“ gekommen und eine weitere von ihm nach Vorlage eines Lichtbildes bezichtigte Person sei zwischenzeitlich freigesprochen worden. Die Woz ist daher vorsichtiger mit Schuldzuweisungen, als die hiesige Medienlandschaft. Suder und Gauger sollen „im Umfeld der sogenannten Revolutionären Zellen (RZ)“ agiert haben, hieß es in dem Blatt: „Die Gruppierung propagierte Anschläge mit Sachschäden und versuchte, anders als die Rote Armee Fraktion (RAF), Opfer zu vermeiden.“ (3)
(1) http://www.woz.ch/artikel/archiv/19239.html
(2) http://www.woz.ch/artikel/archiv/19239.html
(3) http://www.woz.ch/artikel/archiv/19239.html