Kriege

Suada für die Fortsetzung der Kriegsverbrechen

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Obamas Rede zum Afghanistan-Krieg –

kommentiert von WOLFGANG JUNG, 4. Dezember 2009 –

Es folgt der Text der Rede des Präsidenten Obama über eine neue Strategie für den Krieg in Afghanistan, den das Weiße Haus am Dienstag (1.12.2009) veröffentlicht hat (mit wenigen redaktionellen Ergänzungen in runden Klammern, die das Verständnis erleichtern):

Der von Wolfgang Jung eingeschobene Kommentar erscheint in kursiver blauer Schrift.

Guten Abend, Kadetten-Korps der Vereinigten Staaten, Ihr Männern und Frauen unserer Streitkräfte, meine amerikanischen Mitbürger: Ich will heute Abend zu Ihnen über unsere Anstrengungen in Afghanistan sprechen – über die Art unseres dortigen Engagements, über den Umfang unserer Interessen und über die Strategie, die meine Regierung verfolgen wird, um diesen Krieg zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Es ist eine außergewöhnliche Ehre für mich, das hier in West Point tun zu können – wo sich so viele Männer und Frauen darauf vorbereitet haben, für unsere Sicherheit einzutreten und die besten Eigenschaften unseres Landes zu repräsentieren.

Bevor wir uns mit diesen wichtigen Problemen befassen, ist es wichtig, uns daran zu erinnern, warum Amerika und unsere Verbündeten überhaupt dazu gezwungen wurden, einen Krieg in Afghanistan zu führen. Wir haben diesen Krieg nicht gewollt. Am 11. September 2001 entführten 19 Männer vier Flugzeuge, um damit fast 3.000 Menschen zu ermorden. Sie trafen unsere militärischen und wirtschaftlichen Nervenzentren. Sie nahmen unschuldigen Männern, Frauen und Kindern ohne Rücksicht auf ihren Glauben, ihre Rasse oder ihren Stand das Leben. Wenn es das heldenhafte Eingreifen von Passagieren an Bord eines der Flugzeuge nicht gegeben hätte, wäre auch eins der großen Symbole unserer Demokratie in Washington getroffen worden, und noch mehr Menschen hätten ihr Leben verloren.

Wie wir wissen, gehörten diese Männer zu Al-Qaida – einer Gruppe von Extremisten, die den Islam, eine der großen Religionen der Welt, verfälscht und besudelt haben, um das Abschlachten Unschuldiger zu rechtfertigen. Die Operationsbasis der Al-Qaida lag in Afghanistan, und Al-Qaida wurde von den unbarmherzigen, repressiven und radikalen Taliban beherbergt, welche die Kontrolle über dieses Land an sich gerissen hatten, nachdem es durch eine jahrelange sowjetische Besetzung und einen Bürgerkrieg verwüstet worden war und nachdem Amerika und unsere Freunde ihre Aufmerksamkeit auf andere Probleme gerichtet hatten.

Unbeeindruckt von der wissenschaftlich fundierten Widerlegung der offiziellen Darstellung der Terroranschläge am 11. September 2001, begründet Obama die erneute Ausweitung des AfPak-Krieges wieder mit den alten, längst enttarnten Lügen der Bush-Administration. (1). Nach diesem Beginn könnte auf die weitere Lektüre der Rede verzichtet werden, denn die infamen Lügen und der schändliche Betrug, die zur Rechtfertigung dieses Krieges dienten, lassen sich auch mit neuen fadenscheinigen Argumenten nicht aus der Welt schaffen.

Nur Tage nach dem 11.09.(2001) autorisierte der Kongress die Anwendung von Gewalt gegen Al-Qaida und diejenigen, die sie beherbergten; dieser Beschluss gilt bis heute. Der Senat fasste ihn mit 98 Stimmen ohne Gegenstimme. Im Repräsentantenhaus stimmten 420 Abgeordnete dafür und nur einer dagegen. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte berief sich die North Atlantic Treaty Organization / NATO auf Artikel 5 (ihres Gründungsvertrags), der festlegt, dass ein Angriff auf ein Mitgliedsland ein Angriff auf alle ist. Und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen billigte die Einleitung aller notwendigen Schritte zu einer Antwort auf die Angriffe am 11. September. Amerika, unsere Verbündeten und die Welt handelten gemeinsam, um das Terrornetzwerk der Al-Qaida zu zerstören und unsere gemeinsame Sicherheit zu schützen.

Mit dem Rückhalt dieser innenpolitischen Einigkeit und der internationalen Legitimation – und erst, nachdem sich die Taliban geweigert hatten, Osama bin Laden auszuliefern – schickten wir unsere Truppen nach Afghanistan. Nach wenigen Monaten war Al-Qaida zersplittert, und viele ihrer Kämpfer wurden getötet. Die Taliban wurden von der Macht vertrieben und weiter verfolgt. Ein Land, das Jahrzehnte lang Angst haben musste, hatte nun Grund zur Hoffnung. Auf einer von den Vereinten Nationen einberufenen Konferenz wurde eine provisorische Regierung unter dem Präsidenten Hamid Karzai einberufen. Die International Security Assistance Force / ISAF wurde entsandt, um dem vom Krieg zerrütteten Land einen dauerhaften Frieden zu bringen.

Obamas untauglicher Versuch, den Überfall auf Afghanistan juristisch zu rechtfertigen, wird durch die fundierte Argumentation widerlegt, die Dieter Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (2), in seinem Aufsatz "Deutschlands ‘Kampfeinsatz’, Jenseits des Rechts" entwickelt hat (3). Deiseroth bestreitet, dass es ein UN-Mandat für den Afghanistan-Krieg gibt und geht auch ausführlich auf die ISAF-Problematik ein.

Anfang 2003 wurde dann die Entscheidung getroffen, einen zweiten Krieg im Irak zu führen. Die unser Land spaltende Debatte über den Irak-Krieg ist bekannt und muss hier nicht wiederholt werden. Es genügt, daran zu erinnern, dass in den nächsten sechs Jahren der Irak-Krieg den größten Teil unserer Truppen, unserer Ressourcen, unserer diplomatischen Bemühungen und die meiste Aufmerksamkeit unserer Bevölkerung erforderte – und dass die Entscheidung, in den Irak zu gehen, tiefe Brüche zwischen Amerika und vielen Staaten der Welt verursachte.

Nach außergewöhnlichen Kosten bringen wir den Irak-Krieg jetzt zu einem verantwortbaren Ende. Wir werden unsere Kampfbrigaden Ende Sommer 2010 und unsere sämtlichen Truppen Ende 2011 aus dem Irak abziehen. Dass wir das tun können, verdanken wir dem Charakter der Männer und Frauen in Uniform. [Beifall]. Dank ihres Mutes, ihrer Haltung und ihres Durchhaltevermögens haben die Iraker die Chance bekommen, ihre Zukunft selbst zu gestalten, und wir waren erfolgreich (in unserem Bemühen), den Irak seinen Menschen zurückzugeben.

Obama geht mit keinem Wort auf die widerlegten Lügen über – nicht vorhandene – irakische Massenvernichtungswaffen und – nicht existierende – Verbindungen zwischen Saddam Hussein und Al-Quaida ein, womit Bush seinen zweiten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg begründet hat. Die weit über eine Million getöteten Iraker werden nicht erwähnt, er lobt nur ihre Mörder. Der behauptete komplette Abzug der US-Truppen aus dem Irak wird nicht stattfinden. Die stark befestigten, über den ganzen Irak verteilten US-Stützpunkte werden auch über das Jahr 2011 hinaus von "US-Militärberatern" genutzt werden. (4)

Aber während wir im Irak schwer erkämpfte Fortschritte zu verzeichnen haben, hat sich die Situation in Afghanistan verschlechtert. Nachdem die Al-Qaida-Führung in den Jahren 2001 und 2002 über die Grenze nach Pakistan entkommen konnte, hat sie sich dort sichere Schlupfwinkel eingerichtet. Obwohl sich das afghanische Volk eine rechtmäßige Regierung gewählt hat, leidet das Land unter Korruption, Drogenhandel, einer rückständigen Wirtschaft und unzureichenden Sicherheitskräften.

Im Laufe der letzten Jahren haben die Taliban gemeinsame Sache mit Al-Qaida gemacht, und beide versuchen, die afghanische Regierung zu stürzen. Nach und nach ist es den Taliban gelungen, immer mehr Gebiete in Afghanistan unter ihre Kontrolle zu bringen und gleichzeitig das pakistanische Volk mit dreisten und verheerenden Terrorangriffen zu überziehen.

Während der Kämpfe im Irak hatten wir immer nur einen Bruchteil unserer Truppen in Afghanistan. Als ich mein Amt antrat, waren knapp über 32.000 US-Soldaten in Afghanistan eingesetzt, auf dem Höhepunkt des Krieges kämpften aber 160.000 im Irak. Unsere Kommandeure in Afghanistan forderten immer wieder Truppenverstärkungen an, um sich gegen die wieder stärker gewordenen Taliban verteidigen zu können, bekamen sie aber nicht. Deshalb habe ich kurz nach meinem Amtsantritt die überfälligen Truppenverstärkungen genehmigt. Nach Beratungen mit unseren Verbündeten verkündete ich dann eine Strategie, in der die enge Verbindung zwischen unserer Kriegsführung in Afghanistan und den Schlupfwinkeln der Extremisten in Pakistan berücksichtigt wurde. Ich setzte ein Ziel, das kurz als Unterbrechung, Zerstörung und Beseitigung der Verbindungen zwischen Al-Qaida und ihren extremistischen Verbündeten zu definieren ist, und ordnete eine bessere Koordination unserer militärischen und zivilen Bemühungen an.

Seitdem haben wir Fortschritte bei einigen wichtigen Aufgaben gemacht. Hohe Al-Qaida- und Talibanführer wurden getötet, und wir haben den Druck auf Al-Qaida weltweit verstärkt. Pakistans Armee hat die größte Offensive (gegen die Taliban) seit Jahren eingeleitet. In Afghanistan haben wir und unsere Verbündeten die Taliban daran gehindert, die Präsidentenwahl zu stören, und obwohl es Wahlbetrug gab, kam eine Regierung zustande die den Gesetzen und der Verfassung Afghanistans entspricht.

Hier macht Obama erneut deutlich, dass er das Völkerrecht und die Gesetze mit der gleichen Skrupellosigkeit verletzt wie sein Vorgänger Bush. Seinen ausgeweiteten illegalen Drohnen-Krieg gegen Pakistan verkauft er als neue "Strategie" (5) und scheut auch nicht davor zurück, die Wahlfarce um die US-Marionette Hamid Karzai als "rechtens und verfassungsgemäß" zu bezeichnen.

Es bleiben aber noch riesige Herausforderungen. Afghanistan ist nicht verloren, es gibt aber seit mehreren Jahren Rückschritte. Seine Regierung muss zwar nicht mit ihrem baldigen Sturz rechnen, aber die Taliban haben an Einfluss gewonnen. Al-Qaida ist in Afghanistan noch nicht wieder so stark wie vor dem 11.09., sie hat aber wieder sichere Schlupfwinkel entlang der Grenze gefunden. Unsere Streitkräfte haben nicht die volle Unterstützung, die sie bräuchten, um die afghanischen Sicherheitskräfte effektiver trainieren und gemeinsam mit ihnen die Bevölkerung besser schützen zu können. General McChrystal, unser neuer Kommandeur in Afghanistan, hat berichtet, dass die Sicherheitslage ernster ist, als er erwartet hat. Kurz gesagt, der gegenwärtige Zustand ist nicht tragfähig.

Ihr Kadetten habt Euch in dieser gefährlichen Zeit als Freiwillige gemeldet. Einige von Euch haben bereits in Afghanistan gekämpft. Einige werden bald dort eingesetzt. Als Euer Oberbefehlshaber schulde ich Euch einen klar definierten Auftrag, der Eures Dienstes würdig ist. Deshalb habe ich nach der Wahl in Afghanistan auf einer gründlichen Überprüfung unserer Strategie bestanden. Ich möchte dazu klarstellen: Es hat keine Forderung an mich gegeben, Truppenverstärkungen vor dem Jahr 2010 zu entsenden; darum ist es durch die Überprüfung auch nicht zu einer Verzögerung oder Verweigerung von Ressourcen gekommen, die für die Kriegsführung notwendig gewesen wären. Die Überprüfung hat mir aber die Möglichkeit gegeben, harte Fragen zu stellen und die verschiedenen Optionen zusammen mit dem Team für nationale Sicherheit, mit der militärischen und zivilen Führung in Afghanistan und mit unseren Schlüsselpartnern auszuloten. Und in Anbetracht der weitreichenden Konsequenzen war ich das dem amerikanischen Volk und unseren Truppen auch schuldig.

Obama bemüht sich nach Kräften, die in Wirklichkeit ziemlich aussichtslose Lage der US- und NATO-Truppen im längst verlorenen Afghanistan-Krieg zu beschönigen. LUFTPOST-Leser wissen, dass die Realität ganz anders aussieht (6).

Diese Überprüfung ist jetzt abgeschlossen. Und als Oberbefehlshaber habe ich beschlossen, dass es in unserem nationalen Lebensinteresse ist, 30.000 US-Soldaten zusätzlich nach Afghanistan zu entsenden. Nach 18 Monaten (also ab Juli/August 2011) werden wir, beginnen, unsere Truppen nach Hause zu holen. Diese (zusätzlichen) Kräfte brauchen wir um wieder die Initiative ergreifen und mit dem Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte fortfahren zu können, die uns einen verantwortbaren Rückzug unserer Streitkräfte aus Afghanistan ermöglichen sollen.

Ich treffe diese Entscheidung nicht leichtfertig. Ich habe vor allem deshalb gegen den Irak-Krieg opponiert, weil ich glaube, dass wir den Einsatz militärischen Gewalt beschränken und immer die langfristigen Folgen unserer Handlungen bedenken müssen. Wir führen jetzt seit acht Jahren Krieg – mit hohen Verlusten und riesigen Kosten. Jahrelange Debatten über den Irak und den Terrorismus haben unsere Einigkeit in Fragen der nationalen Sicherheit zerstört und dadurch eine stark polarisierte, in unterschiedliche Lager gespaltene Gesellschaft entstehen lassen. Außerdem erleben wir gerade die schlimmste wirtschaftliche Rezession seit der Weltwirtschaftskrise, und die amerikanischen Bürger sind verständlicherweise auf den Wiederaufbau unserer Wirtschaft und die Beseitigung der Arbeitslosigkeit in unserem Land fixiert.

Ich weiß, dass diese Entscheidung vor allem Euch mehr abverlangt – Euch Soldaten und Euren Familien, obwohl Ihr doch schon jetzt die schwerste aller Lasten zu tragen habt. Als Präsident habe ich einen Beileidsbrief an die Familie jedes Amerikaners unterzeichnet, der sein Leben für diese Kriege gegeben hat. Ich habe Briefe von Eltern und Ehepartnern von Frontsoldaten gelesen. Ich habe unsere mutigen verwundeten Kämpfer im Walter Reed-Hospital besucht. Ich bin nach Dover gereist, um 18 Amerikaner zu empfangen, die in mit unserer Fahne bedeckten Särgen zu ihrer letzten Ruhestätte nach Hause zurückgekehrt sind. Ich kenne die schrecklichen Folgen des Krieges aus erster Hand. Wenn ich nicht dächte, dass die Sicherheit der Vereinigten Staaten und die Sicherheit des amerikanischen Volkes in Afghanistan auf dem Spiel stehen, würde ich gerne jedem einzelnen unserer Soldaten morgen den Befehl zur Heimkehr geben.

Ich habe diese Entscheidung also wirklich nicht leichtfertig getroffen. Ich hab so entschieden, weil ich überzeugt bin, dass unsere Sicherheit in Afghanistan und Pakistan auf dem Spiel steht. Dort ist das Epizentrum des gewalttätigen Extremismus, der von Al-Quaida ausgeht. Von dort wurden wir am 11.09. angegriffen, und von dort werden neue Angriffe geplant, während ich spreche. Das ist keine zu vernachlässigende Gefahr, keine hypothetische Bedrohung. Noch in den letzten Monaten wurden innerhalb der Grenzen unseres Landes Extremisten festgenommen, die sich in der Grenzregion zwischen Afghanistan und Pakistan auf neue Terrorakte gegen uns vorbereitet haben. Und diese Bedrohung wird weiter wachsen, wenn wir diese Region aufgeben und Al-Qaida ungestraft operieren lassen. Wir müssen den Druck auf Al-Qaida beibehalten, und das können wir nur tun, wenn wir die Stabilität und die Kapazitäten unserer Partner in dieser Region verbessern.

Obwohl Obama seine ganze Aufmerksamkeit auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise richten müsste, die von kriminellen Finanzmanipulationen in den USA ausgegangen ist und besonders viele US-Bürger in den Ruin getrieben hat (7), geht er auf die wachsende Not seiner Landsleute nur mit einem einzigen Satz ein. Jeder weitere Dollar, den dieser um schwülstige patriotische Sprüche nie verlegene US-Präsident für seinen Krieg verschwendet, wird die Warteschlangen vor den Suppenküchen und Lebensmittel-Ausgabestellen in den USA weiter wachsen lassen. Seine Kriegstreiberei begründet er mit der bewährten abgedroschenen Bush-Legende: Die Terroristen, die Obama – wohl wegen ausbleibender "Terroranschläge" – in Extremisten umgetauft hat, müssten "ausgerottet" werden, damit sie die USA und ihre Verbündeten nicht länger bedrohen.

Natürlich können wir diese Last nicht allein tragen. Das ist nicht nur Amerikas Krieg. Nach dem 11.09. sind von den Schlupfwinkeln der Al-Qaida auch die Anschläge in London, Amman und Bali ausgegangen. Menschen und Regierungen sind sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan gefährdet. Die Gefahr ist im atomar bewaffneten Pakistans sogar noch größer, weil wir wissen, dass sich Al-Qaida und andere Extremisten Atomwaffen verschaffen wollen; wir haben allen Grund, anzunehmen, dass sie auch Gebrauch davon machen würden.

Diese Tatsachen zwingen uns dazu, gemeinsam mit unseren Freunden und Verbündeten zu handeln. Unser gemeinsames Ziel ist gleich geblieben: Wir müssen Al-Qaida in Afghanistan und Pakistan aufspüren, zerschlagen und besiegen und ihr jede Möglichkeit nehmen, Amerika und unsere Verbündeten in Zukunft zu bedrohen.

Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir in Afghanistan folgende Maßnahmen ergreifen:
Wir müssen Al-Qaida ihre Schlupfwinkel nehmen. Wir müssen den Elan der Taliban bremsen und sie daran hindern, die Regierung zu stürzen. Wir müssen die Sicherheitskräfte und die Regierung Afghanistans stärken, damit sie die Verantwortung für Afghanistans Zukunft übernehmen können.

Wir werden diese Ziele in drei Richtungen verfolgen. Zunächst werden wir mit einer (anderen) Militärstrategie den Schwung der Taliban brechen und im Laufe der nächsten 18 Monate Afghanistans Fähigkeit (zur Selbstverteidigung) verbessern.

Die 30.000 zusätzlichen Soldaten, die ich heute Abend zugesichert habe, werden schnellstmöglich in der ersten Hälfte des Jahres 2010 nach Afghanistan verlegt – zur Bekämpfung des Aufstandes und zur Sicherung der Schlüsselpositionen in den Bevölkerungszentren. Sie werden unsere Möglichkeiten verbessern, mehr fähige afghanische Sicherheitskräfte auszubilden und sie in den gemeinsamen Kampf zu integrieren. Sie werden uns helfen, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass die Vereinigten Staaten den Afghanen die Verantwortung für ihr Land übertragen können.

Weil das ein internationales Anliegen ist, habe ich unsere Verbündeten gebeten, unser Engagement durch eigene Beiträge zu ergänzen. Einige haben bereits zusätzliche Truppen zur Verfügung gestellt, und wir sind davon überzeugt, dass es in den kommenden Wochen und Monaten weitere Beiträge geben wird. Unsere Freunde haben in Afghanistan gemeinsam mit uns gekämpft und sind neben uns verblutet und gestorben. Und jetzt müssen wir uns zusammenschließen, um diesen Krieg gemeinsam erfolgreich zu beenden. Es steht nicht nur die Glaubwürdigkeit der NATO auf dem Spiel, auf dem Spiel stehen auch die Sicherheit unserer Verbündeten und die Sicherheit der ganzen Welt.

Die zusätzlichen amerikanischen und internationalen Truppen werden es uns ermöglichen, die Übertragung der Verantwortung auf die afghanischen Streitkräfte zu beschleunigen und mit dem Abzug unserer Streitkräfte aus Afghanistan im Juli 2011 zu beginnen. Wie im Irak werden wir diesen Übergang sehr verantwortungsbewusst durchführen und die bestehende Situation berücksichtigen. Wir werden die Sicherheitskräfte Afghanistans auch dann noch beraten und ihnen helfen, auf lange Sicht erfolgreich zu sein. Aber der afghanischen Regierung – und, was noch wichtiger ist – dem afghanischen Volk muss klar sein, dass sie irgendwann die Verantwortung für ihr Land selbst übernehmen müssen.

Das war zu erwarten. Weil die USA die Suppe, die sie sich mit ihrem größenwahnsinnigen Drang nach Weltherrschaft selbst eingebrockt haben, aus purem Geldmangel nicht mehr alleine auslöffeln können, sollen ihnen die "Verbündeten", die sie weiterhin als nützliche Kolonien betrachten, mit möglichst vielen "Fremdenlegionären" aus der Patsche helfen.

Der für Mitte 2011 angekündigte Beginn des Truppenabzugs aus Afghanistan ist nur das Heubündel, das man den Eseln, die der Aufforderung Obamas folgen, an langen Stangen vor die Mäuler hält, damit sie bereitwilliger in den Krieg trotten. Mit NATO-Hilfe will Obama noch einmal richtig klotzen, um am Ende vielleicht doch noch mit "US-Militärberatern" und befestigten US-Basen dauerhaft in Afghanistan Fuß fassen zu können. Dieser Plan wird zwar nicht aufgehen, aber das werden Hiwis wie Frau Merkel und Herr zu Guttenberg erst dann merken, wenn sie noch mehr deutsche Soldaten zur Verteidigung der US-Interessen am Hindukusch geopfert haben.

Zweitens werden wir in Zusammenarbeit mit unseren Partnern, den Vereinten Nationen und dem afghanischen Volk eine wirksamere Strategie des zivilen Aufbaus verfolgen, damit die (afghanische) Regierung die verbesserte Sicherheit ausnutzen kann.

Dieses Vorhaben muss auf (nachprüfbaren) Leistungen aufbauen. Die Tage der Übergabe von Blankoschecks sind vorbei. Die Antrittsrede des Präsidenten Karzai (nach seiner "Wiederwahl") hat die richtige Richtung gewiesen. Wir werden künftig klarmachen, was wir von denen erwarten, die Hilfe von uns erhalten. Wir werden afghanische Ministerien, Gouverneure und lokale Führer bei der Bekämpfung der Korruption und bei ihrem Einsatz für die Menschen unterstützen. Wir erwarten, dass Unfähige oder Korrupte zur Verantwortung gezogen werden. Und wir werden unsere Hilfe auf Bereiche wie die Landwirtschaft kon-zentrieren, in denen sie sich sofort (positiv) auf das Leben der Menschen in Afghanistan auswirkt.

Die Menschen in Afghanistan leiden seit Jahrzehnten unter Gewalt. Sie mussten Besatzer erdulden – erst die Sowjetunion und dann die ausländischen Kämpfer der Al-Qaida – die Afghanistan nur für ihren eigenen Zwecke missbrauchten. Deshalb möchte ich heute Abend dem afghanischen Volk zu verstehen geben, dass Amerika diese Ära des Krieges und Leidens beenden will. Wir haben kein Interesse daran, Afghanistan zu besetzen. Wir werden die Bemühungen der afghanische Regierung unterstützen, den Taliban, die auf Gewalt verzichten und die Menschenrechte ihrer Mitbürger respektieren, die Türen zu öffnen. Und wir streben eine Partnerschaft mit Afghanistan an, die auf gegenseitigem Respekt beruht; wir wollen die isolieren, die zerstören, und die stärken, die aufbauen, um möglichst schnell den Tag zu erreichen, an dem unsere Truppen abziehen können; wir wollen eine dauerhafte Freundschaft schmieden, in der Amerika nur noch Partner und nicht mehr Schutzherr ist.

Die Wertigkeit des zivilen Aufbaus in Obamas angeblich neuer Strategie lässt sich schon an der Kürze der dazu gemachten Ausführungen ermessen. Warum sollte die korrupten Warlords der Karzai-Regierung selbst ihre Haupteinnahmequelle verstopfen? Obama weiß sicher, dass die von der CIA bezahlten und ausgerüsteten Mudschaheddin, die Afghanistan destabilisiert und die sowjetische Besetzung provoziert haben, nach der Vertreibung der Roten Armee zu Taliban-Kämpfern mutierten, die so lange als Verbündete der USA betrachtet wurden, bis sie mit der ebenfalls von der CIA geschaffenen Al-Quaida zu Terroristen gestempelt wurden, die man als Vorwand für den längst geplanten Überfall auf Afghanistan brauchte. Bei der Gewalt und den Besetzungen, denen die afghanische Bevölkerung seit Jahrzehnten ausgesetzt ist, hatten schon immer die USA die Hand im Spiel. Was soll also dieses scheinheilige Getue mit dem "gegenseitigen Respekt" und der "dauerhaften Freundschaft"? (8)

Drittens werden wir in der klaren Erkenntnis handeln, dass unser Erfolg in Afghanistan unauflöslich mit unserer Partnerschaft mit Pakistan verbunden ist.

Wir sind in Afghanistan, um ein Krebsgeschwür daran zu hindern, dass es erneut das ganze Land befällt. Aber das gleiche Krebsgeschwür wuchert auch in der Grenzregion Pakistans. Deshalb brauchen wir eine Strategie, die auf beiden Seiten der Grenze greift.

In der Vergangenheit hat es in Pakistan viele Leute gegeben, die behauptet haben, der Kampf gegen den Extremismus sei nicht ihr Kampf, und Pakistan solle besser nichts tun oder sich mit den Gewalttätern verständigen. Weil aber in den letzten Jahren von Karachi bis Islamabad viele Unschuldige getötet wurden, ist klar geworden, dass die Menschen in Pakistan am stärksten durch den Extremismus gefährdet sind. Die öffentliche Meinung hat sich gedreht. Die pakistanische Armee führt im Swat-Tal und in Süd-Wasiristan eine Offensive durch, und jetzt zweifelt niemand mehr daran, dass die Vereinigten Staaten und Pakistan einen gemeinsamen Feind haben.

In der Vergangenheit haben wir unsere Beziehungen mit Pakistan oft vernachlässigt. Diese Zeiten sind jetzt vorbei. In Zukunft wollen wir eine Partnerschaft mit Pakistan, die auf dem Fundament gemeinsamer Interessen, gegenseitigen Respekts und gegenseitigen Vertrauens aufgebaut ist. Wir werden Pakistans Fähigkeit stärken, die Gruppen ins Visier zu nehmen, die unsere beiden Staaten bedrohen; wir haben deutlich gemacht, dass wir Schlupfwinkel für Terroristen mit bekannten Absichten, deren Lage bekannt ist, nicht dulden können. Amerika stellt auch wesentliche Mittel bereit, um Pakistans Demokratie und Entwicklung zu unterstützen. Wir sind der größte internationale Unterstützer für die Pakistaner, die durch die Kämpfe vertrieben wurden. Und für die Zukunft sollten die Menschen in Pakistan wissen, dass sich Amerika auch dann um ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen kümmern wird, wenn die Waffen schon lange schweigen, damit sich das große Potenzial ihres Volkes entfalten kann.

Da haben wir also die offizielle Bestätigung dafür, dass der Afghanistan-Krieg nach Pakistan ausgeweitet wurde, also zum AfPak-Krieg geworden ist. Im Hinblick auf die erwähnten Terroranschläge ist zu fragen: Warum sollten die Taliban oder Al-Qaida Attentate in einem Land verüben, das ihnen bisher Schutz gewährt hat? Wurde da vielleicht etwas nachgeholfen?

Das sind die drei Kernelemente unserer Strategie: eine Militäraktion, die Voraussetzungen für die Übertragung der Verantwortung (auf die Afghanen) schafft, ein ziviler Aufschwung, der positive Tendenzen verstärkt und eine verlässliche Partnerschaft mit Pakistan.

Ich weiß, dass es eine Reihe von Einwänden gegen unsere Vorgehensweise gibt. Deshalb möchte ich kurz auf die wichtigsten Argumente eingehen, die ich gehört habe und sehr ernst nehme.

Da gibt es zunächst diejenigen, die befürchten, dass Afghanistan ein zweites Vietnam wird. Sie behaupten, dass es nicht zu stabilisieren sei, und dass wir uns, um weitere Verluste zu vermeiden, schnell zurückziehen sollten. Ich glaube, dass dieses Argument auf einem falschen Geschichtsverständnis beruht. Anders als in Vietnam werden wir von einer breiten Koalition von 43 Nationen unterstützt, welche die Rechtmäßigkeit unserer Aktion anerkennen. Anders als in Vietnam sehen wir uns nicht mit einem allgemeinen Volksaufstand konfrontiert. Und was am wichtigsten ist, anders als in Vietnam wurde das amerikanische Volk von Afghanistan aus brutal angegriffen und bleibt ein Ziel für die gleichen Ex-tremisten, die sich in den Grenzregionen (Afghanistans) gegen es verschwören. Wenn wir uns aus diesem Gebiet zurückziehen und Al-Qaida nur noch aus der Ferne bekämpfen, würde das unsere Fähigkeit, Druck auf Al-Qaida auszuüben, zu sehr einschränken und uns dem unannehmbaren Risiko aussetzen, dass neue Angriffe auf unser Vaterland oder unsere Verbündeten stattfänden.

Der US-Überfall auf Afghanistan ist und bleibt trotz äußerst fragwürdiger juristischer Hilfskonstruktionen ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg, den die USA genau so sicher verlieren werden, wie sie den Vietnam-Krieg verloren haben. In Afghanistan kämpfen nicht nur "extremistische Taliban-Kämpfer" und "Al-Quaida-Terroristen" gegen die US- und NATO-Besatzer. Die große Mehrheit der afghanischen Bevölkerung wünscht nichts sehnlicher, als einen baldigen Abzug aller ausländischen Truppen, vor allem, weil sie mit rücksichtslosen Bombardements immer wieder an Kämpfen unbeteiligte Zivilisten umbringen. Die ständig steigende Zahl afghanischer Kämpfer belegt, dass es die ausländischen Invasoren geschafft haben, die Mehrheit des afghanischen Volkes gegen sich aufzubringen und tatsächlich einen Volksaufstand zu entfesseln.

Dann gibt es diejenigen, die zugeben, dass wir Afghanistan in seinem gegenwärtigen Zustand nicht verlassen können, aber vorschlagen, eine Verbesserung mit den Truppen zu versuchen, die wir bereits dort haben. Damit könnten wir aber nur die gegenwärtige Situation aufrechterhalten, in der wir uns irgendwie durchwursteln; wir müssten dann eine weitere Verschlechterung der jetzigen Zustände in Kauf nehmen. Das würde uns am Ende viel mehr kosten und unseren Aufenthalt in Afghanistan nur verlängern, weil wir dann niemals die Bedingungen schaffen könnten, die wir brauchen, um afghanische Sicherheitskräfte auszubilden und ihnen den Spielraum zu geben, den sie brauchen, um die Verantwortung zu übernehmen.

Schließlich gibt es diejenigen, die sich der Festlegung eines Zeitrahmens für die Übertragung der Verantwortung auf die Afghanen widersetzen und nach einer deutlicheren und unbegrenzten Eskalation unserer Kriegsführung rufen – was den Aufbau des afghanischen Staates um mindestens ein Jahrzehnt verlängern würde. Ich weise diesen Kurs zurück, weil er Absichten verfolgt, die sich zu angemessenen Kosten nicht realisieren lassen; wir müssen aber wenigstens die Durchsetzung unserer Interessen sichern. Außerdem würde der Verzicht auf einen Zeitrahmen für die Übertragung der Verantwortung uns jede Möglichkeit nehmen, die afghanische Regierung unter Zeitdruck zu setzen. Es muss klar sein, dass die Afghanen die Verantwortung für ihre Sicherheit selbst übernehmen müssen, und dass Amerika kein Interesse daran hat, den Krieg in Afghanistan endlos fortzusetzen.

Als Präsident weigere ich mich, Ziele zu setzen, die mit unseren Mitteln nicht zu erreichen und mit unserer Verantwortung und unseren Interessen nicht zu vereinbaren sind. Ich muss alle Herausforderungen abwägen, vor denen unsere Nation steht. Ich kann mir nicht den Luxus leisten, mich nur um ein Problem zu kümmern. Ich möchte an die Worte des Präsidenten Eisenhower erinnern, der – in Bezug auf die Sicherheit unserer Nation – einmal gesagt hat: "Jeder Vorschlag muss in einem breiteren Zusammenhang durchleuchtet werden. Es ist notwendig, ein Gleichgewicht zwischen allen Anliegen der Nation herzustellen."

In den letzten Jahren haben wir dieses Gleichgewicht verloren. Wir haben es versäumt, den Zusammenhang zwischen unserer nationalen Sicherheit und unserer Wirtschaft richtig einzuschätzen. Im Gefolge einer Wirtschaftskrise sind zu viele unserer Nachbarn und Freunde arbeitslos und können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Zu viele Amerikaner sind über die Zukunft besorgt, die unseren Kindern bevorsteht. Inzwischen ist die Konkurrenz innerhalb der Weltwirtschaft größer geworden. Deshalb können wir es uns einfach nicht mehr leisten, die Kosten dieser Kriege zu ignorieren.

Als ich mein Amt antrat, näherten sich die Kosten für die Kriege im Irak und in Afghanistan alles in allem einer Billion Dollar. In Zukunft werde ich die Entwicklung der Kriegskosten offen und ehrlich aufzeigen. Die Truppenverstärkungen in Afghanistan werden die Militärausgaben noch in diesem Jahr um rund 30 Milliarden Dollar ansteigen lassen; ich werden Kongress bitten, diese Mittel zu bewilligen, obwohl wir unser Haushaltsdefizit reduzieren müssen.

Hier wird klar, warum Obama nur 30.000 und nicht die von General McChrystal geforderten 40.000 zusätzliche GIs nach Afghanistan schicken kann und ab Mitte 2011 mit einem Teilabzug beginnen möchte. Die USA können sich ihre teuren Kriege einfach nicht mehr leisten und sind auf die finanzielle und materielle Unterstützung ihrer in die NATO eingebundenen Satellitenstaaten angewiesen. Regierungen und Parlamente, die mehr Soldaten nach Afghanistan schicken oder in der jetzigen Situation "zivile Aufbauhilfe" leisten, verschaffen den US-Kriegstreibern nur die Luft, die sie brauchen, um weitere völkerrechtswidrige Angriffskriege – zum Beispiel gegen den Iran – vorzubereiten.

Wir haben den Krieg im Irak beendet und wollen die Verantwortung für Afghanistan den Afghanen übertragen, weil wir unsere Stärke in unserem eigenen Land regenerieren müssen. Unser Wohlstand ist das Fundament unserer Macht. Damit finanzieren wir auch unser Militär. Er stärkt auch unsere Diplomatie. Wir müssen auf das Potenzial unseres Volkes setzen und in neue Industrien investieren. Unser (wiedergewonnener) Wohlstand wird uns erlauben, in diesem Jahrhundert ebenso erfolgreich zu sein, wie wir im letzten waren. Deshalb kann unser militärisches Engagement in Afghanistan nicht unbegrenzt sein – denn die Nation, deren Aufbau mich am meisten interessiert, ist unsere eigene.

Ich möchte das ganz klar sagen: Nichts wird uns mehr leicht fallen. Der Kampf gegen den gewalttätigen Extremismus wird nicht schnell zu beenden sein, denn er hat sich bereits weit über Afghanistan und Pakistan hinaus ausgebreitet. Es wird eine bleibende Herausforderung für unsere freie Gesellschaft und unseren Führungsanspruch in der Welt sein.

Anders als im 20. Jahrhundert, das von Konflikten zwischen Großmächten und klaren Trennungslinien geprägt war, stehen uns heute Konflikte in Regionen mit unklaren Macht-verhältnissen, mit gescheiterten Staaten und weit verstreuten Feinden bevor.

Das hat zur Folge, dass Amerika seine Stärke auch dadurch beweisen muss, dass es Kriege beendet und Konflikte vermeidet – und nicht nur dadurch, dass es Kriege führt. Wir werden unsere militärische Macht schnell und präzise einsetzen müssen. Wo auch immer Al-Qaida und ihre Verbündeten versuchen, einen Fuß in die Tür zu setzen – ob in Somalia im Jemen oder anderswo – muss sie mit starken Partnerschaften unter Druck gesetzt werden.

Wir können nicht mehr allein auf militärische Macht setzen. Wir müssen in unserem eigenen Land in die Sicherheit investieren, denn wir können nicht jeden gewalttätigen Extremisten im Ausland ergreifen und töten. Wir müssen unsere Geheimdienste stärken und besser koordinieren, damit wir den im Verborgenen operierenden Netzwerken (der Extremisten) immer einen Schritt voraus sind.

Obama erinnert hier sowohl an den Fuchs, dem die Trauben zu hoch hängen, als auch an den Wolf, der Kreide gefressen hat. Einerseits weiß er genau, dass sich die USA in ihrer jetzigen Situation keinen größeren Krieg mehr leisten können, andererseits will er aber immer noch – am liebsten mit Unterstützung anderer – überall dort blitzschnell zuschlagen, wo die Interessen der USA gefährdet sind. Dass er trotzdem immer noch die Fahne des US-Führungsanspruchs schwenkt, grenzt schon an Größenwahn.

Wir werden die Werkzeuge der Massenvernichtung einsammeln müssen. Deshalb ist es ein Hauptanliegen meiner Außenpolitik, verfügbare Nuklearmaterialien vor Terroristen zu sichern, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu stoppen und eine atomwaffenfreie Welt anzustreben – denn jedes Land muss begreifen, dass wahre Sicherheit nicht aus dem ständigen Streben nach immer zerstörerischen Waffen, sondern nur aus dem Verzicht darauf erwachsen kann.

Wir werden die Diplomatie einsetzen müssen, weil kein Staat die Herausforderungen einer miteinander verflochtenen Welt allein bewältigen kann. Ich habe dieses Jahr damit verbracht, unsere Bündnisse zu erneuern und neue Partnerschaften zu schmieden. Wir haben auch einen neuen Anfang in den Beziehungen zwischen Amerika und der muslimischen Welt gemacht; sie sollen auf dem beiderseitigen Interesse aufbauen, den Zyklus der Konflikte zu beenden, und dazu führen, dass diejenigen, die sich für Frieden, Wohlstand und Menschenwürde einsetzen, zukünftig diejenigen isolieren, die Unschuldige töten.

Und schließlich möchte ich auch auf die Bedeutung unsere Werte hinweisen – die Herausforderungen vor denen wir stehen, mögen sich geändert haben, die Werte, an die wir glauben, aber nicht. Deshalb müssen wir unsere Werte hochhalten, indem wir in unserem Land danach leben; darum habe ich die Folter verboten und werde das Gefängnis in der Guantánamo Bay schließen. Und wir versichern allen Männern, Frauen und Kindern der Welt, die unter der dunklen Wolke der Tyrannei leben, dass sich Amerika für ihre Menschenrechte, für das Licht der Freiheit und Gerechtigkeit, für Chancengleichheit und die Menschenwürde einsetzen wird. So sind wir. Das ist die Quelle, die moralische Quelle der Autorität Amerikas.

Es ist unerträglich, dass sich Obama, obwohl er sich hartnäckig weigert, die von seinem Vorgänger zu verantwortenden Verbrechen zu verfolgen, und sie sogar mit seinem verschärften Drohnen-Krieg gegen Pakistan fortsetzt, hier als moralische Instanz und als Retter der Welt aufspielt.

Seit den Tagen Franklin Roosevelts und den Diensten und Opfern unserer Großeltern und Urgroßeltern hat unser Staat immer wieder Lasten für die Welt getragen. Wir haben in vielen Ländern und auf mehreren Kontinenten amerikanisches Blut vergossen. Unser Staat hat viel Geld ausgegeben, um anderen zu helfen, ihre Ruinen und ihre Wirtschaft wieder aufzubauen. Wir haben mit anderen zusammen eine Architektur von Einrichtungen geschaffen – von den Vereinten Nationen über die NATO bis zur Weltbank – die sich für die allgemeine Sicherheit und das Wohlergehen der Menschheit einsetzen.

Für unsere Bemühungen ist uns nicht immer gedankt worden, und wir haben zuweilen auch Fehler gemacht. Aber seit über sechs Jahrzehnten haben die Vereinigten Staaten von Amerika mehr für die globale Sicherheit getan, als jedes andere Land; in dieser Zeit wurden trotz aller Probleme Mauern eingerissen, Märkte erschlossen und Milliarden Men-schen aus der Armut geholt; die Wissenschaft hat unvergleichliche Fortschritte gemacht und die Grenzen der menschlichen Freiheit ausgeweitet.

Anders als große Mächte der Vergangenheit streben wir nicht nach Weltherrschaft. Die Vereinigten Staaten wurden im Widerstand gegen Unterdrückung gegründet. Deshalb wollen wir andere Länder auch nicht besetzen. Wir werden anderen Staaten nicht ihre Ressourcen wegnehmen und andere Völker nicht angreifen, weil sie eine andere Religion oder eine andere ethnische Herkunft haben. Wir haben für eine bessere Zukunft für unsere Kinder und Enkel gekämpft und werden das auch weiterhin tun. Und wir glauben, dass sie ebenfalls besser leben werden, wenn auch die Kinder und Enkel anderer Völker in Freiheit und mit Chancen für die Zukunft leben können. [Beifall].

Als Land sind wir nicht mehr so jung – und vielleicht auch nicht mehr so schuldlos – wie wir es gewesen sind, als Roosevelt Präsident war. Aber wir haben den noblen Kampf um die Freiheit geerbt. Deshalb müssen wir jetzt unsere ganze Kraft und moralische Überzeugung bündeln, um den Herausforderungen eines neuen Zeitalters gewachsen zu sein.

Letztlich erwachsen unsere Sicherheit und unser Führungsanspruch nicht ausschließlich aus der Stärke unserer Waffen. Wir verdanken sie unserem Volk – den Arbeitern und Geschäftsleuten, die unsere Wirtschaft wieder aufbauen werden, den Unternehmern und Wissenschaftlern, die neuen Industrien den Weg bahnen werden, den Lehrern, die unsere Kinder erziehen, dem Dienst derer, die in den Gemeinden unseres Landes arbeiten, den Diplomaten und den Freiwilligen des Friedenskorps, die im Ausland Hoffnung verbreiten und den Männern und Frauen in Uniform, die in der ununterbrochenen Reihe derer stehen, die sich dafür geopfert haben, dass eine vom Volk für das Volk gewählte Regierung auf dieser Erde Wirklichkeit wurde. [Beifall].

Unsere vielen sehr unterschiedlichen Bürger werden sich nicht über jedes Problem einig sein – warum sollten sie auch. Aber ich weiß auch, dass wir als Staat unseren Führungs-anspruch nicht aufrechterhalten und die folgenschweren Herausforderungen unserer Zeit nicht bewältigen können, wenn wir uns auseinander dividieren lassen – durch die Gehässigkeit, den Zynismus und die Parteilichkeit, die in letzter Zeit die Diskussion in unseren Land vergiftet haben.

Es ist leicht zu vergessen, was uns einigte, als dieser Krieg begann – die frische Erinnerung an einen entsetzlichen Angriff und die Entschlossenheit, unser Vaterland und die Werte, die wir schätzen, zu verteidigen. Ich weigere mich, die Auffassung zu akzeptieren, dass wir diese Einigkeit nicht wieder nicht erreichen könnten. [Beifall]. Ich glaube mit jeder Faser meines Wesens, dass wir – als Amerikaner – uns immer noch auf ein gemeinsames Ziel einigen können. Denn unsere Werte sind nicht nur auf Pergament geschriebene Worte – sie sind ein Bekenntnis, das uns zur Einigkeit aufruft und das uns als Staat und als Volk durch die schwersten Stürme begleitet hat.

Amerika, wir erleben eine Zeit schwerer Prüfungen. Und die Botschaft, die wir aus der Mitte dieser Stürme senden, muss klar sein: Unsere Sache ist gerecht, und unsere Entschlossenheit wankt nicht. Wir schreiten vorwärts im Vertrauen darauf, dass Recht Macht verleiht, und in der Überzeugung, dass wir Amerika sicherer und die Welt konfliktfreier ma-chen und eine Zukunft ermöglichen, die nicht von den tiefsten Ängsten, sondern von den größten Hoffnungen geprägt ist. [Beifall].

Ich danke Ihnen. Gott segne Sie. Gott segne die Vereinigten Staaten von Amerika. [Beifall]. Ich danke Ihnen sehr. Ich danke Ihnen. [Beifall]

Politiker pflegen immer dann die größten Lügen aufzutischen und die übelsten patriotischen Phrasen zu dreschen, wenn sie eine Politik verkaufen wollen, die von der großen Mehrheit der Bürger ihres Landes durchschaut und abgelehnt wird. Ältere Deutsche dürften sich an Nazi-Demagogen erinnern, die ähnliche Suaden verbreitet haben. Nach Fertigstellung unserer Übersetzung hat das Weiße Haus übrigens eine eigene deutsche Fassung der Obama-Rede veröffentlicht, die unter http://www.whitehouse.gov/sites/default/files/091201-obama-afghanistan-speech-german.pdf aufzurufen ist. Sie könnte als Hilfe für den neuen deutschen Außenminister gedacht sein, damit er besser versteht, dass Obama auch von der Bundesrepublik Deutschland mehr Soldaten für Afghanistan erwartet.


Der englische Originaltext der Obamarede erschien in der New York Times am 2. Dezember 2009 unter dem Titel „Obama’s Address on the War in Afghanistan “.

Übersetzung: Wolfgang Jung – Luftpost Kaiserslautern

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Anmerkungen

1) s. dazu http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_09/LP19509_110909.pdf
2) s. http://www.bundesverwaltungsgericht.de/enid/Kuenstler/Dieter_Deiseroth_jm.html
3) s. http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=2105270&em_loc=1231
4) s. http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_08/LP26208_271208.pdf
5) s. dazu auch http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_09/LP24109_031109.pdf
6) s. dazu http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_09/LP24209_041109.pdf und http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_09/LP24509_061109.pdf
7) s. http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_09/LP26109_241109.pdf
8) Weitere Infos dazu sind aufzurufen unter http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_07/LP11407_010607.pdf

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